Brief an Bundespräsident
Kirche sauer über Corona-Brandbrief vom Pastor
Waren / Lesedauer: 3 min

Ingmar Nehls
Ein Brief, den der Warener Pastor der St. Mariengemeinde, Marcus Wenzel, an den Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier geschickt hat, sorgt für Wirbel in Waren. Gemeindemitglieder haben sich an den Nordkurier gewandt, weil sie entsetzt sind über die Zeilen, die ihr Pastor dort zum Thema Impfen auf drei Seiten verfasst hat. Und auch der Kirchenkreis betonte auf Nachfrage, dass man kirchlicherseits die Ansicht von Marcus Wenzel nicht teile.
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„Zugleich sind wir verwundert darüber, dass ein persönlicher Brief an den höchsten Repräsentanten unseres Staates vom Verfasser in dieser Art und Weise öffentlich gemacht wurde“, hieß es vom Kirchenkreis-Sprecher Christian Meyer.
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Dies widerspreche „jeder guten Gepflogenheit“. Zumal in der öffentlichen Wahrnehmung gerade bei pointierten Meinungsäußerungen von Pastorinnen und Pastoren nicht unbedingt zwischen der Privatperson und der Amtsperson unterschieden werde, so Meyer weiter.
„Impf-Zulassung wirft Fragen auf”
In dem Brief schreibt Wenzel, dass er in großer Sorge um die demokratische Kultur und den Frieden in unserem Land sei und räumt ein, dass er ungeimpft sei. „Ich bin nicht grundsätzlich gegen Impfungen, aber ich tue mich mit der Corona-Impfung sehr schwer, denn eine Zulassung, die auf politischen Druck in so einer kurzen Frist durchgesetzt wurde, wirft doch deutlich Fragen auf“, schreibt Wenzel.
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In seinem Brief behauptet Wenzel auch, dass die Meinungsfreiheit nicht mehr gewünscht sei. Gewünscht werde nur, wer die vorgegebene Meinung teile und mitmache, was die Politik fordere.
Vertrauen in die Politik grundlegend erschüttert
Ungeimpfte wären laut Wenzel nicht Schuld an Corona. „Ich teste mich als Pastor mehrfach die Woche und weiß, dass ich – abgesehen von möglichen Falschnegativtests – dann nicht infektiös bin. Aber die vielen Geimpften, die monatelang keiner Testpflicht unterlagen, haben frei und fröhlich die Viren verteilt. Den Menschen in unserem Land aber wird suggeriert, dass die Ungeimpften Schuld an der ganzen Misere sind!”
Sein Vertrauen in die Politik und das Vertrauen vieler anderer Menschen, denen er als Pastor begegne, sei in diesen Coronajahren so grundlegend erschüttert, „dass wir all das, was uns da täglich verbal eingeimpft wird, längst nicht mehr glauben können“. Auch die Zahl der Menschen, die aufgrund des Coronavirus gestorben sind, stellt Marcus Wenzel in Frage und versucht die Zahl durch Vergleiche mit Alkohol-Toten zu relativieren.
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Mache man den Menschen nur genug Angst, könne man mit ihnen alles machen, meint der Pastor. „Man kann sogar wie im Dritten Reich den totalen Krieg durchsetzen“, schreibt Wenzel und fordert am Schluss den Bundespräsidenten auf, dass er das neue Infektionsschutzgesetz aufhalten und die Zustimmung verweigern solle.
Pröpstin ermahnt Pastor
Zeilen, die nicht gut ankommen bei der Kirchenführung. Man gehe davon aus, dass Marcus Wenzel in dem Brief seine Meinung als Privatperson geschrieben habe, was in einer Demokratie als Ausdruck von Meinungsvielfalt selbstverständlich möglich sei, heißt es. Da kirchliche Belange durch die persönliche Meinungsäußerung nicht direkt berührt sind, werde man dies auch nicht im Detail kommentieren.
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Allerdings habe sich die zuständige Pröpstin Britta Carstensen brieflich in dieser Sache an Marcus Wenzel gewandt und ihn an das Mäßigungsgebot für Pastoren erinnert und daran, dass auch Inhalt und Form privater Meinungen, die in die Öffentlichkeit gelangen, gut zu bedenken seien.