Immer auf Reisen

Mit Kind und Kater Aron erkundet eine Familie im Wohnmobil die Welt

Müritzregion / Lesedauer: 6 min

Caro und Mathias Behnisch leben seit vier Jahren im Wohnmobil — bewusst. Mit dem Bau von Tinyhäusern finanzieren sie sich ihren ortsunabhängigen Lebensstil.
Veröffentlicht:19.08.2023, 11:15

Von:
  • Elke Enders
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Das nächste Projekt wartet schon. Ein alter Bienenwagen steht verwaist auf der Wiese. Die Luken weit geöffnet, deren Scharniere quietschen im Wind. Da, wo einst fleißige Honigsammlerinnen ein– und ausflogen, hat der Zahn der Zeit genagt. Nicht mehr zu retten das alte Vehikel. Wohl aber das Fahrwerk. Es ist noch gut in Schuss. Etwas, was sich Caroline und Mathias Behnisch mit geschultem Auge und handwerklichem Können zunutze machen. Zusammen sind sie der „Holz Nomade“. Sie bauen Tinyhäuser, hauchen alten Zirkus– oder Bauwagen neues Leben ein. Dabei ist es gerade ihr eigenes Leben, das sie vor vier Jahren komplett auf den Kopf gestellt haben.

Erst ein fester Job, dann eine Auszeit

Ein Grund: Fernweh und die Neugier auf andere Kulturen. Vorher fest angestellt in ganz normalen Nine–to–Five–Jobs, folgte zunächst ein Sabbatical. Also ein Jahr, in dem sie beide ihre Arbeit ruhen ließen und begannen, die Welt zu bereisen. Davon zurückgekehrt — auch weil Corona sie zwang, hatten sie sich so sehr in die Freiheit verliebt, dass sie die alten Zwänge komplett aufgeben wollten. „Caro wäre am liebsten sofort wieder losgefahren, ich plädierte dafür, noch etwas zu sparen“, berichtet Mathias Behnisch schmunzelnd. „Doch das Wichtigste war uns, mehr Zeit für unsere Tochter zu haben“, fügt Mutter Caroline hinzu — eine Entscheidung, die die 37–jährige Marketingfachfrau, die Wirtschaftsrecht studiert hat, und der 39–jährige ausgebildete Zimmermann bis heute nicht bereut haben.

Somit wurde der „Holz Nomade“ gegründet, ein flexibles Holzbau–Unternehmen, das ihnen ein ortsunabhängiges Leben und Arbeiten ermöglicht. Das Paar will minimalistisch leben, auf kleinstem Raum, mit Dingen, die sie wirklich brauchen und die ihnen wichtig sind. Nur solchen. Alles andere — auch die 100 Quadratmeter große Wohnung in Rostock, den Pkw und die sicheren Jobs — all das haben sie aufgegeben. Jetzt leben sie selbstbestimmt und erfahren im worteigentlichen Sinne fremde Länder in ihrem geräumigen Wohnmobil — wenn sie nicht gerade Tinyhäuser bauen, um sich ihren Traum zu finanzieren.

Manchmal sind sie ganz allein auf weiter Flur. Hier in Dänemark. (Foto: ZVG/Behnisch)

Vanlife statt sesshaft sein

Dann fahren sie mit dem Wohnmobil zum Kunden. Vanlife statt sesshaft sein. Die große weite Welt vor ihrer Wohnungstür statt Vorgarten, Carport und Hofeinfahrt.
Mit dabei auch immer Tochter Wilma (6 Jahre), die inzwischen eine sogenannte Freilernerin ist. In ihrem Kinderzimmer, im hinteren Teil des Wohnmobils, sind große Blumensticker an den Schranktüren. Dort stehen viele Bücher. Lesen, Fühlen, Anwenden — das Leben kann so Vieles geben, sind Vater und Mutter überzeugt. „Räubertochter“, wie sie sie liebevoll nennen, hat gemeinsam mit ihren Eltern Länder wie Frankreich, Marokko, Italien, Schweden, Mexiko, die USA, Spanien oder Portugal kennengelernt. Gern macht die Familie dabei auf Bauernhöfen Station — ihrer Tochter zuliebe, die dort viel über naturnahes Leben erfahren kann. Aber auch, weil es dort immer was zu tun gibt — für Logis und Stellplatz.
Inzwischen haben Caro und Mathias Behnisch Deutschland als Lebensmittelpunkt Ade gesagt. Sie sehen sich als Aussteiger, fühlen sich hier zu eingeengt in ihren Bedürfnissen. Einen Reisegefährten gibt es übrigens noch. Kater Aaron ist vor einigen Monaten zu ihnen ins Wohnmobil geklettert. Seitdem ist er ein treuer Begleiter — sehr zur Freude von Wilma.

Das nächste Ziel? Wird gemeinsam diskutiert

Weitere mögliche Reiseziele heißen Bali (Indonesien), Thailand, Schottland, die Mongolei oder irgendwann vielleicht sogar Sibirien. Noch wissen sie nicht, wohin es sie als nächstes verschlägt. „Wir haben ein Angebot, auf Bali Tinyhäuser zu bauen. Ich könnte mir gut vorstellen, dort einige Zeit zu leben“, zeigt sich Mathias offen. Und er teilt diese Meinung mit seiner Frau, aber auch die Tochter werde bei der Entscheidungsfindung immer mit einbezogen. Überhaupt wird ihr viel gemeinsame Zeit gewidmet. Ein Lebensmodell, das bei Verwandtschaft und im Freundeskreis nicht nur auf Verständnis trifft. Der Freundeskreis sei kleiner geworden. „Dafür sind neue Freunde hinzugekommen“, erzählt Caroline Behnisch von Reisebekanntschaften, zu denen sie Kontakt halten. Doch in die Heimat zieht es sie dennoch immer zurück, schon weil Oma und Opa hier wohnen.  So sind sie gegenwärtig auf Familienurlaub an der Müritz.

Toilettenwagen umgebaut — das war der Anfang

Hier war es übrigens auch, wo sie ihr erstes, zunächst noch für sich gedachtes Tiny House gebaut haben. Ein gewaltiger Toilettenwagen, der von einem Zirkus stammte, bot die Basis für das moderne, neue Holzhaus auf Rädern. Doch selbst dieses vermeintliche Mobilheim, das mit schwerer Technik hätte umgerückt werden können, erwies sich für das Paar als zu „statisch“. Somit wurde der zwölf Meter lange Wagen schon im Rohbau verkauft. Was sie in ihrem Entschluss bestärkte, dass sich mit der Geschäftsidee des „Holz Nomaden“ weitere Tiny House–Projekte für Interessenten verwirklichen lassen.
Gesagt, getan, inzwischen haben sie solche Minihäuser an der Müritz, bei Berlin, in Bayern oder jüngst an der Nordsee errichtet. Die Idee treibt weitere Früchte. Gerade entwickelt das kreative Duo einen Workshop, der online an den Start gehen soll. Ein Selbstbau–Kurs, mit dem jeder, der ein bisschen handwerkliches Geschick mitbringt, sein eigenes Tinyhaus unter fachkundiger Beratung bauen kann. Freiräume schaffen für eigene Bedürfnisse — eine Lebenseinstellung, die Caro und Mathias gern weitergeben wollen.

Spannendes Tagebuch erzählt von Erlebnissen

Auf ihren Social–Media–Kanälen, wie Youtube, Instagram, LinkedIn sowie der Website unter www.holznomade.de finden sich neben ihren realisierten Tinyhäusern handwerkliche Kniffe und Tricks, die sie einer stetig wachsenden Follower–Zahl präsentieren. Ein spannendes Reisetagebuch erzählt von Begegnungen mit Krokodilen, Wasserschildkröten oder Bisons ebenso wie von holprigen Gebirgswegen, heißen Vulkanquellen oder dem Zwangsstopp in der afrikanischen Wüste. Bei letzterer Aktion hatten sie sich festgefahren — was leider immer mal wieder passiere.
Apropos festgefahren: Der Bienenwagen, ihr neustes Bau–Projekt, musste erst aus einem Gemüsegarten geborgen werden, wo er seit Jahr und Tag leicht eingewachsen stand. Bald wird auch er ein liebevoll gestaltetes Tiny House auf Rädern sein, erstmalig übrigens nach den Grundsätzen von Feng Shui, der chinesischen Harmonielehre, gestaltet. Wer mehr über das Thema Feng Shui erfahren möchte, kann sich für das kostenlose Webinar auf ihrem Kanal am 3. September, 11 Uhr, anmelden.

Wege ins persönliche Wohlbefinden

Eine Freundin aus Hamburg lebt schon auf Bali. Sie wohnt und arbeitet mit Feng Shui und zeigt Wege ins persönliche Wohlbefinden auf. Einfach eine Mail an: [email protected] schreiben oder auf die Website www.holznomade.de gehen. Der Selbstbau–Workshop für Tinyhäuser startet dann ebenfalls im Spätsommer. Nähere Infos dazu auf der Website.
Und dann, wenn in Deutschland längst der Winter Einzug hält, werden Caro, Mathias und „Räubertochter“ wieder auf Tour mit ihrem Wohnmobil irgendwo im Warmen sein.