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Sanierung

Orgel-Pfeifen von der Müritz überwintern in Sachsen

Waren / Lesedauer: 4 min

Die Arbeiten an der Lütkemüller Orgel in der Warener Georgenkirche ruhen bis Ostern erst einmal. Aber viele Holzteile der Orgel hat die Firma Kristian Wegscheider mitgenommen.
Veröffentlicht:18.11.2023, 05:15

Von:
  • Hans-Joachim Kohl
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„Wir müssen die Windladen prüfen, die sind ja das Herzstück der Orgel, da, wo die Pfeifen darauf stehen. Da ist es wichtig, dass dort keine Risse sind“, sagt der Leiter der Werkstatt, Kristian Wegscheider. In Dresden liegen derzeit Teile des Warener Orgel und Wegscheider erklärt, was alles gemacht werden muss. „Dann sind die Pfeifen auszuformen. Es sind einige Pfeifen verbogen, einige sind auch am Labium ein bisschen verrückt. Man kann die auch noch hören, aber sie klingen nicht mehr so gut. In der Mechanik klappert manches. Einige Drähte sind gerissen, die müssen wir erneuern“, sagt der Fachmann.

Orgel wurde schon mehrfach restauriert

In den zurückliegenden 70 Jahren wurde die Orgel von 1856 mehrfach verändert und verlor viel von ihrem romantischen Charakter. „Das ist ja auch das Ziel der Restaurierung“, erklärt Friedrich Drese, der Orgelsachverständige des Kirchenkreises Mecklenburg, „dass man die Warener Orgel wieder in den Urzustand zurückführt, mit allen ihren romantischen Klangfarben“.
„Das wird wieder zurückgebaut“, ergänzt Kristian Wegscheider, „sodass wir uns dem Ursprung von 1856, so weit wie möglich wieder nähern. Es ist der Versuch, dem Friedrich Hermann Lütkemüller noch mal zuzugucken, wie er das damals gemacht hat. Wenn man so ein Projekt macht ‐ mit Restaurierung, dann muss man seine eigenen Vorstellungen, so weit es geht, zurückdrängen. Das ist der Reichtum der Ursprünglichkeit. Aber es ist ja eine Bereicherung für die heutige Zeit, solche Dinge zu erhalten für die nächste Generation. Sie soll ja die große kulturelle Leistung aus der Mitte des 19. Jahrhunderts noch spüren können“. Ein großer Teil der Mechanik und viele Pfeifen werden über den Winter in der Werkstatt in Dresden bearbeitet.

Beläge fürs Cis- und B-Pedal stark abgespielt

Dort liegen seit September viele Orgelteile in der Werkstatt. Den Spieltisch für die Hände und die Pedalklaviatur für die Füße kann man schnell in der Werkstatt erkennen. Bei den anderen Teilen wird es für einen Laien schwierig. Orgelbauerin Elisabeth Eick erklärt die Funktionen der einzelnen, ausgebauten Teile. „Das hier ist der Rahmen für die Pedalklaviatur. Er wurde gerade überarbeitet. Alles, was mit den Füßen abgespielt und abgeschabt war, wurde ausgebessert und mit einem neuen Belag versehen. So kann man wieder lange Freude beim Spielen haben“.
Besonders das Cis und das B werden mit den Pedalen oft gespielt. Deshalb waren die entsprechenden Beläge auch stärker abgespielt als die anderer Töne. „Eiche ist zwar ein robustes und sehr hartes Material“, sagt Elisabeth Eick, „aber es nutzt sich eben mit der Zeit auch ab. Die Oberseiten der Pedaltasten wurden gerade abgeschnitten, damit man einen neuen Belag darauf machen konnte. Dann wurde es plan gehobelt, damit es wieder bündig ist. Die Rundung vorne wurde den verbliebenen Tasten angeglichen. Hinten kam an die Seiten der einzelnen Tasten neues Leder drauf und dann kann das Pedal wieder in den originalen Rahmen eingesetzt werden“.

Zum Weihnachtsfest 2024 könnte die Orgel in der St. Georgenkirche vielleicht schon wieder erklingen.  (Foto: Hans-Joachim Kohl)

Die Orgelbauer haben noch viel Arbeit

Auch der Filz am Rahmen wurde erneuert, damit beim Spielen nicht Holz auf Holz schlägt. Das Klappern würde eine Konzertatmosphäre oder einen Gottesdienst ziemlich stören. Unter den Teilen in der Werkstatt Wegscheider ist auch die Pfeifenhalterung. „Das ist ein schräges Brett“, erklärt sie, „mit Aussparungen, das hinter den Pfeifen in einem nicht-rechten Winkel angebracht ist. Die Pfeifen stehen in den Aussparungen, damit die nicht nach rechts oder links wackeln oder kippen können. Die stehen da sicher drin und man kann spielen, ohne die Befürchtung zu haben, dass eine Pfeife umkippt und andere Pfeifen beschädigt“. Auf der Windlade und entsprechend im Brett der Pfeifenhalterung, dem sogenannten Bänkchen, werden die Pfeifen `diatonisch` angeordnet. „Man beginnt auf der einen Seite mit der größten Pfeife, die zweitgrößte Pfeife kommt auf die andere Seite und die drittgrößte auf die erste Seite. Damit die Ansicht eine möglichst gleichmäßige ist“.

Auch die Registerschleifen wurden in der Orgel in St. Georgen ausgebaut, nach Dresden gefahren und werden dort geprüft und repariert. „Die Registerschleifen werden bewegt, wenn man am Spieltisch den Registerzug zieht. Sie liegen auf der Windlade auf den vorgefertigten Bahnen. Wenn man an dem Register zieht, so wird die Schleife bewegt und gibt die Möglichkeit frei, dass der Wind zum Ton gelangt“.

Viel Arbeit liegt noch vor den Orgelbauern der Firma Kristian Wegscheider in Dresden. 340 000 Euro werden die Reparatur und die Wiederherstellung der romantischen Klänge kosten. Geplant ist, dass sie zum Weihnachtsfest 2024 wieder in der Georgenkirche Waren erklingen soll.