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Geplante Fischfabrik

▶ Peta-Protest im Fischkostüm – Diskussionen um Lachsfarm

Malchow / Lesedauer: 4 min

Viel Geld fließt nach Malchow, wenn die geplante Fischfarm kommt. Am Freitag organisierten Tierrechtler von Peta einen Protest, bei dem auch der Anlagen-Planer vor Ort war.
Veröffentlicht:12.11.2021, 16:05

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Im hautengen grauen Fisch-Catsuit legte sich Britta Nolte als „Fischfilet” am Freitagvormittag auf ein Plakat auf dem Boden vor die Rathaustüren. Dass die Stadt Malchow mit der geplanten Fischfarm zur Aufzucht und zur Schlachtung von Atlantischem Lachs keinen guten Fang macht, darauf wollten die Peta-Aktivisten Nolte und Jens Vogt von der Tierrechtsorganisation aufmerksam machen. Angesichts einer Klimakrise sei solch eine Aquakultur an Land völlig deplatziert, meinte Vogt und kam mit seinen Argumenten bei Befürwortern nicht weit.

Stadtvertreter informieren bei Protestaktion über Vorteile der Anlage

Zwar begaben sich Freitagvormittag zum Zeitpunkt der Aktion nur weniger als ein Dutzend Zaungäste zum Ort des Geschehens, allerdings ließen es sich Vertreter der Malchower FDP nicht nehmen, Umstehende dort über Vorteile der Lachsfarm zu informieren. Sie waren vor Ort die einzigen Parteivertreter aus den Reihen des Stadtparlamentes.

Vorteile wie das Schaffen von etwa 52 Arbeitsplätzen, dem potenziellen Zuzug von Angestellten mit ihren Familien nach Malchow und natürlich von Gewerbesteuereinnahmen. FDP-Stadtvertreter Hans-Peter Weiß benannte daneben auch weitere Vorteile: „Wir können das städtische Wasserversorgungssystem unter Beteiligung des Investors ausbauen und eine Anbindung ans Hochspannungsnetz mit Reserven für weitere Investitionen ermöglichen”, so Weiß.

Halle mit 23 Becken zur Lachsaufzucht

Im Sommer kam das Thema im Malchower Stadtparlament auf. Der Brandenburger Investor Patrick von Hertzberg stellte die Pläne vor.

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Nach diesen sollen in einer rund 35.000 Qudratmeter großen Halle medikamentfrei Lachse aufgezogen und geschlachtet werden. Die Tiere sollen in insgesamt 23 Becken mit einer Tiefe von fünf Metern und einer Breite von 18 Metern untergebracht werden, erklärte der Investor den Stadtpolitikern, die dem Vorhaben bereits in einem ersten Schritt mehrheitlich grünes Licht für weitere Planungen und Gutachten gab.

Für Peta-Aktivist ist Fischfarm "ökologische Katastrophe”

Peta-Aktivist Jens Vogt bezeichnete die Planung einer neuen Anlage als eine "ökologische Katastrophe”. Peta-Anhänger möchten die Fischfarm und damit auch potenzielles Tierleid verhindern. Zudem würde die Klimakrise durch entstehende Treibhausgase bei der Produktion, das Zufüttern mit Fisch- und Sojamehl nach seiner Ansicht nur noch befeuert.

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Fischfarm-Planer Frank Wiegandt sagte, dass umstrittenes Fischmehl allerdings lediglich neun Prozent des Gesamtfutters ausmachen würde. Zusätzlich gibt es inzwischen auch Alternativen für Fischmehl. Der Rückgriff auf Insektenproteine ist eine davon.

Investor lässt Gutachten erstellen

Bisher hat der Investor Patrick von Hertzberg zwar noch kein Grundstück in Malchow erworben; allerdings werden die Vorplanungen für eine mögliche Ansiedlung vorangetrieben. Anlagen-Planer Frank Wiegandt war beim Protest zugegen und stand interessierten Malchowern zur potenziellen Fischfabrik Rede und Antwort.

Derzeit würde ein hydrologisches Gutachten erarbeitet, so Wiegandt. Darin soll geklärt werden, ob und inwieweit das Malchower Klärwerk mit den Abwässern aus der Anlage umgehen könnte oder ob das Klärwerk dafür erweitert werden müsse. Täglich würden durch den Betrieb der Anlage ca. 650 Kubikmeter Abwasser anfallen. Die Verunreinigung und der Umgang mit diesem Wasser ist nach Planer-Ansicht „nicht problematischer als es Haushalts-Abwässer sind”.

Hoffnung auf eine Baugenehmigung im nächsten Jahr

Der Investor warb im Vorfeld beim Malchower Stadtparlament für die Anlage. Diese greift auf ein Kreislaufsystem und die Arbeit mit Mikroorganismen zurück. Damit entfielen etwa Medikament-Einträge.

„Mit der Stadt stecken wir gerade die Zeitschiene ab”, so Wiegandt weiter. Schon im nächsten Jahr hoffe der Investor auf eine Baugenehmigung. Bevor der erste Fisch in einer potenziellen Halle aber möglicherweise gezüchtet werden könnte, dauere es sicher bis 2025, schätzte Wiegandt ein.

15 000 Tonnen Lachs jährlich überdimensioniert?

Die geplante Lachsfarm könnte in Malchow in drei Ausbaustufen umgesetzt werden: Werden anfangs noch rund 5000 Tonnen Lachs jährlich produziert, soll die Produktion im zweiten Schritt verdoppelt und im dritten verdreifacht werden.

Zaungast Steffen Schreiber sieht durchaus die Vorteile einer Fischfarm an Land anstatt in den – ebenfalls umstrittenen – Seegehegen. Gerade angesichts steigender Bevölkerungszahlen und höherem Fischverbrauchs. „Trotzdem finde ich die letztendliche Größe überdimensioniert”, so Schreiber auf Nachfrage. Einer Anlage mit 5000 Tonnen Lachsfleisch jährlich stehe er jedoch positiver gegenüber.

Einwohnerversammlung am 29. November

Die Stadt selbst ließ sich bei der Aktion direkt vor der Rathaustür nicht sehen. Von Stadtchef René Putzar (parteilos) hieß es auf Nachfrage allerdings, dass „ich es begrüße, dass es in unserer Demokratie Meinungsvielfalt gibt; die Peta-Aktion ist ein lebendiges Beispiel dafür”.

Der Investor wollte die Anlage ursprünglich in Eberswalde-Finow umsetzen. Dort zog er seinen Bauantrag jedoch zurück. Malchow war also erst „zweite Wahl”. Nach Ansicht der Verwaltung lasse der Investor allerdings keinen Zweifel an der Ernsthaftigkeit seiner Absichten. Auf einer Einwohnerversammlung am 29. November werde er deswegen Rede und Antwort stehen.