Leserbrief
Rolle von Schulkindern in Corona-Pandemie noch nicht gesichert
Waren / Lesedauer: 3 min

Nordkurier
Der Chefarzt der Neubrandenburger Kinderklinik hält die verschärften Corona-Maßnahmen an Schulen im Kreis Mecklenburgische Seenplatte für unnötig. „Die Entscheidung des Landkreises, nun auch Kinder jenseits des Grundschulalters Masken im Unterricht tragen zu lassen und eine defacto Teilschulschließung der weiterführenden Schulen mit einem Wechselmodell sind in keiner Weise nachvollziehbar”, schrieb Chefarzt Dr. Sven Armbrust in einem Gastbeitrag, den der Nordkurier am Mittwoch (3. Dezember) veröffentlicht hatte. Es wäre falsch, zu suggerieren, dass die Schulden schuld an den aktuell hohen Corona-Zahlen wären, so Armbrust, der sich auf aktuelle Studien und Stellungnahmen von Ärzteverbänden berief.
+++ Hier können Sie den kompletten Gastbeitrag lesen. +++
Die Aussagen von Chefarzt Armbrust haben den Kinderarzt Dr. Thomas Müller aus Waren dazu bewogen, eigene kritische Anmerkungen zu diesem Thema aufzuschreiben. Lesen Sie hier einen Leserbrief des Arztes:
Es scheint momentan weitestgehend unklar zu sein, welche Rolle Schulkinder bei der Verbreitung des Coronavirus spielen. Es gibt weltweit unter den führenden Forschern auf diesem Gebiet divergierende Meinungen. Aber auf keinen Fall gibt es unter ihnen die als gesichert betrachtete Meinung, dass Schulkinder keine größere Rolle spielen würden.
Wenn Landes- und Bundespolitiker in der jetzigen Situation, in der zwar die Infektionszahlen nicht mehr exponentiell anwachsen, aber eben auch nicht deutlich absinken – andererseits aber die Todesfälle zunehmen und die Intensivmediziner die Situation (personalbedingt) als grenzwertig beschreiben, auch bestimmte Maßnahmen in den Schulen anordnen, so tun sie das weder leichtfertig noch sozusagen aus einem Bauchgefühl heraus. Sie richten sich dabei nach den dringenden Appellen von Virologen und Epidemiologen, die derzeit nichts anderes tun, als sich mit dieser Thematik zu beschäftigen. Natürlich können auch die etwas falsch einschätzen (einfach, weil man eben Vieles noch nicht wissenschaftlich zweifelsfrei klären konnte). Aber wenn überhaupt jemand in Sachen der Coronapandemie raten kann, dann wohl sie.
Es wichtig, seinen Verstand zu gebrauchen
Natürlich kann jedermann seine persönliche Meinung über diese Dinge haben und diese auch öffentlich äußern; und Zeitungen dürfen und sollen sie natürlich auch zitieren. Dennoch sollte bedacht werden, dass weder ein vielbeschäftigter (und zu Recht beliebter) Chefarzt noch ein kritischer Leser wie ich über diese Dinge besser Bescheid wissen wird, oder über bessere wissenschaftliche Informationen verfügt als die oben erwähnten Experten. Es ist richtig und wichtig, seinen eigenen Verstand zu gebrauchen. Aber gerade auch wir Ärzte sollten immer akzeptieren und im Hinterkopf haben, dass die meisten ärztlichen Kollegen auf ihrem Spezialgebiet ein besseres und aktuelleres Wissen haben als andere auf ihrem beziehungsweise wir auf unserem.
Wenn es um die intensivmedizinische Behandlung eines kranken Kindes ginge, würde ich immer der Expertise von Chefarzt Dr. Armbrust vertrauen und nicht der Meinung von Prof. Karl Lauterbach. Hier allerdings haben wir es mit dem umgekehrten Fall zu tun. Insofern solle man die persönliche Meinung von Herrn Dr. Armbrust nicht überbewerten.
Dr. Thomas Müller, Kinderarzt, Waren