Polizeistatistik

So gefährlich ist Radfahren in Waren wirklich

Waren / Lesedauer: 4 min

Aus Angst vor Unfällen steigen viele Warener nicht mehr aufs Rad. Wie gefährlich ist das Heilbad? Darüber wird schon lange diskutiert. Jetzt gibt es auch Zahlen. 
Veröffentlicht:13.09.2023, 06:09

Von:
  • Ingmar Nehls
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Holger Jantz wirkte ratlos. Die von der Polizei gelieferten Zahlen zu den Fahrradunfällen in Waren lassen keine Unfallschwerpunkte erkennen. Es knallte viel im Heilbad, aber auch an den verschiedensten Orten. Wo genau, das stellte der Mann von der Warener Verkehrsbehörde jetzt im Umweltausschuss vor. Dort kam das Thema Fahrradunfälle immer wieder zur Sprache. Nun wurden Zahlen präsentiert.

Demnach wurden im Jahr 2021 42 Unfälle, davon 35 mit Personenschaden und 9 mit schwerem Personenschaden erfasst. 2022 erfasste die Polizei 57 Unfälle, davon 48 mit Personenschaden und 13 mit schwerem Personenschaden. Die Unfallkosten lagen 2022 bei 2695 Euro.

Doch wie aussagekräftig sind diese Daten? Das hinterfragten einige Ausschussmitglieder, denn längst nicht jeder Unfall wird auch bei der Polizei gemeldet, wie Holger Jantz bestätigte. „Manche melden sich später bei uns, dass sie irgendwo gegen ein Schild gefahren sind“, nannte er ein Beispiel. Die Dunkelziffer dürfte also wesentlich höher sein, auch wenn Jantz auch schon die 57 Unfälle im vergangenen Jahr beachtlich hoch findet.

Denn es ist ein Spitzenwert, wie ein Rückblick zeigt: So gab es im Jahr 2013 gerade mal 31 registrierte Fahrradunfälle in der Stadt, 2017 schon 37 und 2020 bereits 42 Unfälle. Nicht extra ausgewiesen sind bei den Zahlen Unfälle, bei denen E–Bikes beteiligt waren.

Ein genauerer Blick in das Unfalljahr 2022 zeigt, dass drei Unfälle unter Einfluss von Alkohol und ein Unfall unter Einfluss von Drogen passierten. Die häufigste Ursache war das Nichtbeachten der vorfahrtsregelnden Verkehrszeichen. Auch wenn die Zahlen nur leicht auseinander liegen, ist zu sehen, dass sich die meisten Unfälle in den Monaten April (11 Prozent), Juni (11 Prozent), Juli (11 Prozent), September (16 Prozent) und Oktober (11 Prozent) ereigneten. Am häufigsten knallte es am Montag, gefolgt vom Mittwoch. Klar zu sehen ist, dass der Nachmittag am gefährlichsten ist, weil um 15 und 16 Uhr fast jeder dritte Unfall geschah.

Wie gut die Einheimischen selbst ihre Fahrradstadt bewerten, zeigte der Fahrradklimatest des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC). Zum zehnten Mal waren bundesweit Bürger aufgerufen, die Radverkehrssituation in ihrer Stadt zu bewerten. Dabei ging es in 27 Fragen um die Themen Radverkehrs– und Fahrradklima, Stellenwert des Radverkehrs, Sicherheit und Komfort beim Radfahren sowie um die Infrastruktur des Radverkehrsnetzes. Der Test ist eine der größten Befragungen zum Radfahrklima weltweit.

Neuer Uferweg scheiterte an Bürger-Veto

„62 Teilnehmer haben unsere Stadt bewertet. Wir haben mit einer 3,41 abgeschnitten. Dies ist nur eine kleine Verbesserung gegenüber 2020, wo wir eine 3,52 bekommen hatten“, informierte Warens Bürgermeister Norbert Möller (SPD) im Frühjahr. Im Ranking der Städte mit einer Einwohneranzahl von 20.000 bis 50.000 ist Waren von Platz 53 von 415 teilnehmenden Kommunen auf Platz 26 von 447 vorgerutscht. Allerdings hatte Waren vor Jahren noch wesentlich bessere Ergebnisse einfahren können. So schnitt das Heilbad 2016 mit einer 3,21 und im Jahr 2012 mit der Note 2,8 ab. „Insbesondere das Sicherheitsgefühl beim Radfahrer wurde als schlecht bewertet“, räumte Möller ein.

Diesen Punkt hatte zuletzt auch der Grünen–Stadtvertreter Hannes Thies im Umweltausschuss aufgegriffen und eine Diskussion über Veränderungen gefordert. „Viele Warener steigen nicht aufs Rad, weil sie sich subjektiv nicht sicher fühlen. Die Touristen kommen mit den Fahrrad-Bedingungen klar und machen ihre Entscheidung, ob sie Waren erneut besuchen, nicht davon abhängig. Viel eher müssen wir an die einheimischen Radler denken. Das ist auch nicht ein Hirngespinst von mir, sondern in vielen Konzepten zu finden“, sagte Thies und verwies auf das Warener Klimaschutzkonzept, den Lärmaktionsplan, das Freiraumkonzept, das Touristische Parkraumkonzept und die Hafenkonzeption. Laut Norbert Möller führe auch die Zunahme von Lastenrädern zu neuen Herausforderungen bei der Planung von Radwegen und den Stellplatzanlagen für Räder.

Eine Maßnahme, die mehr Sicherheit für Fußgänger und Radfahrer bringen sollte, war der geplante durchgängige Uferwanderweg vom Stadthafen zur Kuhtränke. So wollte man die Verkehrssituation in der Straße Am Seeufer beruhigen. Denn Zählungen der Verwaltung zeigen, dass sich die Menge der Radfahrer im Bereich der Kuhtränke in den vergangenen fünf Jahren verdoppelt hat. Doch das Projekt wurde aufgrund von Druck durch die Anwohner, die ihren privaten Gratiszugang zur Müritz nicht aufgeben wollten, politisch begraben. Zu den Anwohnern gehört auch der ehemalige Warener Ordnungsamtsleiter.