Dorf-Kirche-Klingt
Sommer bringt Orgeln der Seenplatte zum Klingen
Wanzka / Lesedauer: 5 min

Susanne Schulz
Ein Lieblingsinstrument zu küren unter den rund 150 Orgeln in der Seenplatte, käme Christiane Drese nicht in den Sinn. So unterschiedlich die Instrumente auch sind, ist es für die Warener Kantorin jedes Mal ein Gewinn, sich damit vertraut zu machen: Das liebste ist ihr immer das, das sie als nächstes spielen wird – und somit gerade die Sauer-Orgel in der Klosterkirche Wanzka nahe Neustrelitz, wo am Sonntag die vom Nordkurier gemeinsam mit dem Kirchenkreis Mecklenburg und dem Landkreis Seenplatte initiierte Reihe „DorfKircheKlingt” eröffnet wird.
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Verborgene Schätze ans Licht sowie Musik und Begegnung aufs Land zu bringen, ist das gemeinsame Anliegen der Veranstalter. Mit Konzerten bei freiem Eintritt, von denen bereits zwei in der Uecker-Randow-Region stattfanden und begeisterte Resonanz fanden, für die musikalische Qualität ebenso wie für die so lange vermissten Gemeinschaftserlebnisse.
Als „wunderbaren Lichtblick nach dem Corona-Winter” empfindet auch Christiane Drese den Orgel-Sommer, der in vielen Kirchgemeinden der Region ideenreich gestaltet wird und durch „DorfKircheKlingt” noch ein Sahnehäubchen bekommt. Eines, das den Blick gezielt auf Orte richtet, die sonst nicht so im Fokus stehen: Die weiteren Konzerte der Premierensaison werden in Kastorf (zwischen Neubrandenburg und Stavenhagen) und Wredenhagen (südlich von Röbel) stattfinden.
Aufmerksamkeit für die „unsichtbaren” Schätze
„Es ist total schön, dass der Fokus auf diese ,unsichtbaren' Schätze gelegt wird. Und je mehr Partner sich dazu verbünden, desto besser”, kommentiert Christiane Drese das ungewöhnliche Zusammenwirken des Evangelisch-Lutherischen Kirchenkreises mit der Kreisverwaltung und der Nordkurier Füreinander gGmbH, die sich als Tochtergesellschaft des Nordkurier-Leserhilfswerks besonders um die Förderung von Kultur, Wissenschaft, Bildung und Sport kümmert. Vor Ort wiederum kümmern sich die Kirchgemeinden um die Organisation.
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Für sie ist der Sommer neben der Advents- und der österlichen Passionszeit eine weitere musikalische Hochsaison. Regelmäßig führt die Musik dabei auch Menschen in die Gotteshäuser, die nicht religiös sind. „Aber egal ob im Konzertsaal oder in der Kirche, tragen wir alle dieselben Fragen in uns: was uns ausmacht und worin wir den Sinn des Lebens finden”, stellt die Kantorin fest.
Ihr Interesse an Kirchenmusik wuchs in der Kindheit, als sie Klavier spielen lernte und sich wünschte, auch mal in der Dorfkirche ihres Oberlausitzer Heimatortes Strawalde die Orgel spielen zu können. Dass sie – Tochter einer Lehrerin und eines Bauingenieurs – zu DDR-Schulzeiten den Berufswunsch Kantorin nannte, sei schon „ein bisschen Aufmüpfigkeit” gewesen. Studiert hat sie dann in Dresden, Halle und Stuttgart, kam 2002 nach Mecklenburg; ihr Mann Friedrich Drese ist Orgelsachverständiger und Leiter des Mecklenburgischen Orgelmuseums in Malchow. Heute wie damals liebt die Kantorin ihrem Beruf die „perfekte Verbindung”, an der Orgel ihr eigenes musikalisches Reich zu gestalten und zugleich in der Gemeinde, in den Chören mit vielen Menschen zusammen zu wirken: „Das macht immer wieder Spaß und ist immer wieder inspirierend.”
Wanzka in einer Reihe mit Berlin, Leipzig, St. Petersburg
Traurig stimmt hingegen, dass die Fülle kirchenmusikalischer Schauplätze mit personellen Grenzen kollidiert: Einem Überblick der Propstei Neustrelitz zufolge (deren Einzugsgebiet sich über die Kirchenregionen Müritz, Neubrandenburg, Stargard, Stavenhagen und Strelitz erstreckt) gibt es in deren 248 Kirchen rund 150 spielbare Orgeln, im Ergebnis zahlreicher Fusionen indessen nur noch rund 30 Kirchgemeinden und kaum mehr als zehn Kantoren, die sich hauptamtlich um die Kirchenmusik kümmern. So wie ihre Kollegen Brita Möller im Raum Neubrandenburg/Stavenhagen und Lukas Storch im Strelitzer Land ist Christiane Drese als Kreiskantorin für die westliche Müritzregion zuständig.
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„Eine Orgel braucht es, dass sie bewegt wird”, weiß sie, „es ist fast nicht zu verantworten, wenn so ein Kulturgut brachliegt.” Daher haben Kirchenmusiker der Region gemeinsam mit dem Orgelmuseum in diesem Jahr – in dem die Orgel von den Landesmusikräten zum Instrument des Jahres gekürt wurde – die Reihe „Orgeltörn” ins Leben gerufen, bei der an zehn Wochenenden jeweils drei Orgeln besucht und natürlich gespielt werden.
Deren Klangfülle hängt übrigens oft nicht von der Größe, sondern eher vom Charakter des Instruments ab, verrät die Expertin. So auch in Wanzka, bei dem Instrument des aus Friedland stammenden Orgelbauers Wilhelm Sauer (1831-1916), dessen größere Schöpfungen etwa im Berliner Dom, in der Leipziger Thomaskirche und im Konservatorium St. Petersburg erklingen. Die 1907 erbaute, in den 90er Jahren restaurierte Orgel in Wanzka „schafft es mit einem Manual, dass man glaubt, sie habe drei”, schwärmt Christiane Drese. Für ihr Konzert am Sonntag wählte sie unter dem Motto „Neige deines Herzens Ohr” Werke von Zsolt Gárdonyi, Sigfrid Karg-Elert, Edvard Grieg, Max Reger und Felix Mendelssohn Bartholdy.
Folgende Termine sind geplant
Bitte beachten Sie, dass die Plätze coronabedingt limitiert sind. Hier geht es zur Anmeldung. Rückfragen sind auch telefonisch möglich unter der kostenfreien Rufnummer: 0800 - 4575 033
Konzerte der Reihe „DorfKircheKlingt“ sind im Kirchenkreis Mecklenburg zu erleben
- am 8. August in der Klosterkirche Wanzka mit Christiane Drese aus Waren
- am 12. September in der Dorfkirche Kastorf mit der Kreismusikschule
- am 10. Oktober in der Dorfkirche Wredenhagen mit Chris Heinke aus Burg Stargard
Zudem kommt die Reihe in den vorpommerschen Raum:
- am 15. August in die Dorfkirche Löcknitz
Alle Konzerte beginnen um 16 Uhr. Der Eintritt ist frei.