Urteil gegen Warener
Unterhalt an die Tochter zahlen – oder ab ins Gefängnis!
Waren / Lesedauer: 3 min

Susann Salzmann
Zur Urteilsverkündung fehlte der Angeklagte unentschuldigt. Genau so, wie fünf Tage zuvor bei einem Prozesstermin. Doch statt die Verhandlung erneut zu verschieben, verurteilte Richterin Alexandra Sprigode-Schwencke den Mann. Und zwar nicht nur zur Zahlung einer Geldstrafe, sondern zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe, ausgesetzt zur Bewährung unter der Voraussetzung, dass er den vom Strafgericht berechneten Kindesunterhalt in Höhe von 340 Euro an die Tochter zahlt. Für zwölf Monate, rückwirkend ab Januar 2019, muss er die Summe monatlich überweisen – ausnahmsweise nicht an die Staatskasse, sondern an die Tochter.
Getrennt von der Mutter wollte der Verurteilte so wenig Unterhalt wie möglich für seine beiden Kinder zahlen. Eigentlich stehen ihnen insgesamt 712 Euro zu. Bis zum Mindestgehalt – dem Einkommen also, dass der Vater selbst zum Bestreiten seines Lebens behalten darf – zahlte er bis Dezember 2017 jahrelang rund 670 Euro pro Monat.
In der letzten Zeit geschah das allerdings nicht mehr freiwillig. Das Geld wurde bei seinem damaligen Arbeitgeber sofort gepfändet. Und genau diese Stelle habe er grundlos gekündigt, ging die Staatsanwaltschaft auf den Ursprung des Verfahrens ein.
Mutter wirft dem Vater Kalkül vor
Seit Dezember 2017 zahlte der Mann also gar nicht mehr. Seine Begründung: Die Summe könne er mit seinem neuen, aber schlechter bezahlten Job nicht mehr aufbringen. Die betroffene Kindesmutter einer 17-jährigen Tochter vermutete Betrug und zeigte den leiblichen Vater an.
Die Hoffnung, dass sich der Vater um seine Tochter kümmert, hatte die Mutter ohnehin längst aufgegeben. Damit der Warener mehr von seinem Nettoeinkommen hat und dementsprechend weniger Unterhalt zahlen musste, soll er seinen gut bezahlten Job als Lkw-Fahrer aufgegeben und sich einen niedriger dotierten gesucht haben. Die Mutter wirft dem Vater Kalkül vor.
Im Gerichtsjargon spricht Richterin Alexandra Sprigode-Schwencke davon, dass sich der Mann „schuldhaft leistungsunfähig“ gemacht hat. Denn mit dem niedrigeren Nettoeinkommen wird auch der Unterhalt neu berechnet. Nach dieser jüngsten Berechnung hätte er für die jugendliche Tochter 70 Euro pro Monat zahlen müssen. „Er gab sich noch großzügig und wollte sogar 100 Euro bezahlen“, sagte die Mutter vor dem Warener Amtsgericht.
Aufgrund des Verdachts der absichtlichen Unterhaltsprellung und bewussten Manipulation durch eine schlechter bezahlte Arbeit erhob die Staatsanwaltschaft Anklage. Das Verfahren landete aufgrund des Betrugsvorwurfes vor dem Strafgericht.
Es fehlen noch weitere 10.000 Euro Unterhalt
Sollte künftig eine Überweisung ausbleiben, droht dem Warener Angestellten ein Gefängnisaufenthalt. Vor dem Strafgericht hätte das Ganze nicht landen müssen, schüttelte der Staatsanwalt nach der Urteilsverkündung in Abwesenheit des Angeklagten den Kopf. Denn das Urteil, gegen das der Mann noch Widerspruch einlegen kann, taucht künftig auch im Bundeszentralregister (BZR) auf. Und dort eingetragene Strafen begünstigen die Aussichten auf einen Job nicht gerade.
Die 340 Euro im Monat muss der Verurteilte von seinem nun geringeren Nettoeinkommen von rund 1200 Euro bestreiten. Nach Abzug blieben dem Mann dann weniger als das Mindesteinkommen von 1080 Euro bei Erwerbstätigen. Richterin Sprigode-Schweincke begründete das so: Beim Strafverfahren orientiere sich das Gericht nicht am gesetzlichen Mindestbehalt. „Wir legen das Einkommen zugrunde, das er aufgrund seiner Qualifikation verdienen könnte oder aber maximal verdient hat“, begründete die Richterin das Urteil. Dass neben dem Unterhalt für ein Jahr auch noch weitere rund 10.000 Euro an fehlenden Unterhaltsleistungen ausstehen, darum kümmerte sich das Amtsgericht Waren dieses Mal nicht. Das sei Sache des Familiengerichtes.