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Weihnachtswunder

Wie ein Armee-Depot wieder zu einer Kirche wurde

Rechlin / Lesedauer: 3 min

Der Weihnachts-Gottesdienst in der Rechliner Kirche steht unter einem besonderen Stern. Denn vor drei Jahrzehnten war das Haus noch eine Lagerhalle.
Veröffentlicht:23.12.2022, 17:44

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Vor 30 Jahren feierten Christen in der Kirche Rechlin-Nord zum ersten Mal wieder einen Weihnachtsgottesdienst. Der damalige Bundeswehrkommandant, Oberstleutnant Olaf Bauer, hatte sich dafür eingesetzt. Er wohnte gegenüber der Kirche und musste täglich das Gotteshaus in dem heruntergekommenen Zustand sehen. Bauer war zuständig für das Depot, das die Bundeswehr von der NVA übernommen hatte. Es war nach dem Zweiten Weltkrieg in der Kirche Rechlin-Nord eingerichtet worden und wurde auch als Sporthalle genutzt.

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Gesche Bauer, die aus Großbarkau bei Kiel stammte, und ihr Mann Olaf hatten sich also damals um den Weihnachtsgottesdienst in der Kirche Rechlin Nord bemüht. Er wurde von Pastor Axel Bünning aus dem nahen Röbel und seiner Frau Gudrun, sowie Kindern und Jugendlichen gestaltet. Er war gut besucht, stimmungsvoll und befeuerte das Ehepaar Bauer und später viele Rechliner in der Kirche wieder einen Platz für Gottesdienste zu schaffen.

„Ich habe durch die Militärgeistlichen der Bundeswehr erlebt, wie aufbauend und stärkend es sein kann, wenn man das Christentum miterlebt und das mit sich trägt. Ich konnte das nicht verstehen, dass in der Kirche Militärgerät lagerte und dass dieser graue Bau mit zugemauerten Fenstern und einem Stahltoreingang für Gabelstapler, die da rein und rausfuhren, so bleiben sollte“, erzählt Olaf Bauer.

Verein sorgte für Glocken, Orgel und Gestühl

Ab Herbst 1990 organisierte Olaf Bauer auch mit seiner Depottruppe die Wiederherstellung der alten Gestalt der Kirche. Es kam ein neues, großes Tor in den Eingang und die alten Fensteröffnungen wurden wieder hergestellt. So konnte dort 1992 der erste Weihnachtsgottesdienst nach 46 Jahren stattfinden.

1993 gründete sich der Förderverein „Kirche Rechlin-Nord“. Ohne Unterstützung der damaligen Landeskirche Mecklenburgs wurde die Kirche hergerichtet. Der Verein beschaffte Glocken, eine Ahlborn-Orgel, Gestühl und Altarmöbel. Drei Jahre lang wurde hin und her überlegt, ob es Sinn machen würde, als Kirchengemeinde diese Kirche wieder zu nutzen. Dann übergab die Bundeswehr offiziell die Kirche an die evangelisch-lutherische Landeskirche Mecklenburg. Olaf Bauer erhielt für seinen Einsatz für die Kirche Rechlin das Bundesverdienstkreuz.

Pastorin sieht Restaurierung positiv

1996 kam der erste Pastor, Armin Schmersow, nach Rechlin. Ein Glücksfall, denn das kirchliche Leben in der Gemeinde wuchs. Nun ist Verena Häggberg die aktuelle Pastorin. Rückblickend sieht sie die Restaurierung und Wiederbelebung der Kirche Rechlin-Nord positiv, „weil das damals ein großes Aufbruchszeichen und ein inhaltliches Signal war, dass man sagt, man will dieses Gebäude christlich nutzen und in die Gesellschaft christlich ausstrahlen.

„Rein praktisch muss ich natürlich sagen, ist es eine zusätzliche Verantwortung, die wir haben, aber die kann ich sehr gut mit dem Förderverein teilen. Ich freue mich, dass wir da unterstützt werden, denn wir als Gemeinde könnten uns faktisch dieses große Gebäude eigentlich gar nicht leisten“. Wie vor 30 Jahren wird in der Kirche Rechlin–Nord am Ostufer der Müritz ein großer Weihnachtsgottesdienst gefeiert.