Fusion–Festival

Wie ein uraltes Telefon auf der Fusion zu einem Schatz verhilft

Lärz / Lesedauer: 4 min

Eine Liebeserklärung an die Heimat und viele aufregende Aktionen — auch das gehört zur Fusion, wie Reporterin Elke Enders festgestellt hat.
Veröffentlicht:02.07.2023, 16:55

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„Na, hat Euch die Fusion bis jetzt gefallen?“ „Ja–a-a–a“, schallt es zurück. Der DJ an der „Rootsbase“, einer Bühne versteckt im kleinen Wäldchen weit oberhalb der Alten Landebahn, hüpft sogleich wie aufgezogen vorm Bedienpult auf dem kleinen hölzernen Podest. Neben ihm hat gerade eine Frau mit Hochsteckfrisur zum Groove Konzertflöte gespielt. Eine seltsame Kombi, die — übertragen auf die beiden wabenförmigen Leinwände — dem Flair dieser etwas zurückgezogenen Location zu noch mehr Einzigartigkeit verhilft. Hier kann man eintauchen und sich berieseln lassen, wenn einem am vierten Tag der Fusion dann doch mal alles ringsum „ein bisschen um die Ohren fliegt“ und der Körper nach Entspannung und leichter Unterhaltung lechzt. Am Lagerfeuer gleich neben dem Eingang chillt ein Dutzend junger Menschen, auch sie wissen die ruhige Atmosphäre abseits der lauten Dancefloors zu schätzen.

Sämtliche Bühnen im Gange

Doch noch ist nicht aller Fusionstage Abend… Es ist Sonnabendnacht, erklärter Höhepunkt des fünftägigen Spektakels. Sämtliche Bühnen sind im Gange. Licht–Gewitter, wohin das Auge schaut. Leichte Überschneidungen bei der Lautstärke sind trotz intelligenter Lärm–Eindämm–Systeme nicht ganz zu vermeiden. Aber es fühlt sich über die Jahre schon viel besser an…  Und trotzdem, all das Laute lasse ich heute links liegen oder auch rechts und eigentlich überall um mich herum. Die festen Wetterstiefel, die ich nach dem Regen ausgewählt habe, sind auf der Suche nach den sanften Seiten der 24. Fusion. Die dichten Wolken vom Tag haben sich verzogen, ein leichter Niesel benetzt die Haare. Meine Hand tastet die Kapuze. Viele haben ihr Regencape über den Festival–Fummel drübergezogen, statt Glitzer viele blasse Plastikfolien, die durch die Menge wandeln. Die Nachtstunden fühlen sich aber wieder sommerlich an. Restfeuchte bleibt, aber daran stört sich niemand mehr.

Wohltuende Harmonien

Der  DJ am Trancefloor spielt sphärische Musik, es ist wohltuend, die fließenden Harmonien zu inhalieren, die leuchtenden Festival–Schirme schweben wie losgelöst von Raum und Zeit über den Köpfen. Man könnte verweilen, doch die Regenstiefel wollen noch mehr sehen.

An einem alten Telefon mit Wählscheibe, das gleich hinter der Seebühne fest installiert ist, lerne ich Sebastian und Jenny kennen. Sie kommen aus Jena und haben mit den Dancefloors in dieser Nacht nichts am Hut. Stattdessen wählen sie eine geheimnisvoll anmutende Nummer, die auf dem zugehörigen Plakat gleich neben dem altbackenen Apparat abgedruckt ist. Schon zwei Tage seien sie damit befasst, den versprochenen Schatz zu finden. Immer wieder müssten sie auf dem Gelände Anrufe tätigen, alles auf Englisch, um neue Hinweise zu bekommen. Auch fänden sie Zettel und versteckte Signale. Was genau ihnen das Suchen am Ende bringe? „Das wissen wir nicht, aber wir wollen den Schatz finden“, sagt Sebastian. Und genau das mache soviel Spaß.

Mit Glasflasche zur Bar — neues Pfandsystem wirkt

Ein Stückchen weiter sucht ein Mann augenscheinlich auch etwas — und er wird fündig. Er greift zum Boden und hebt eine Glasflasche auf. Dann verschwindet er in Richtung Bar. Hintergrund ist das neue Pfandsystem auf dem Gelände. Wer eine Flasche bringt, spart das Pfand beim Kauf eines Getränkes. Wer keine Flasche bringt, zahlt einen Soli–Taler von 50 Cent. Und das Geld fließt, ob man will oder nicht, nach dem Genuss in den Pfandraising–Spendentopf, der vom Kulturkosmos–Verein teilweise noch aufgestockt wird — nämlich, wenn auch mitgebrachte Fremdflaschen in den vorgesehenen Plastikbehältern landen.  So konnte im  vergangenen Jahr eine Spendensumme von erstaunlichen 125.000 Euro generiert werden — Geld, das  u. a. in humanitäre Projekte fließt, beispielsweise in die Entkriminalisierung von Migration, wie es im Programmheft heißt.

„Das ist so krass ...“

Eine klare, helle Stimme klingt von der Neuland–Bühne herüber. Darauf, ganz in rotes Licht getaucht: Saskia und Stefan.  Zusammen sind sie „Asia Imbiss“, eine Band, die ihre Indie–Gitarren–Dream–Lofi–Pop–Musik, Gesang, der mit einfacher Begleitung dargeboten wird, gern mit anderen teilt. „Das ist so krass, dass wir hier spielen können, die Fusion ist das Festival hier bei uns für die Region, und ich bin aus Neustrelitz“, überrascht die sympathische Sängerin zwischen zwei Songs mit einer Liebeserklärung an ihre Heimat und die Fusion …