Manege frei – aber wann?
Zirkusfamilie bangt um ihre Zukunft
Müritzregion / Lesedauer: 4 min

Miriam Brümmer
„Wir haben ein tolles Programm, und so lange wir reisen durften, ging es uns recht gut”, sagt Dompteur und Zirkusdirektor Jonny Orthmann und denkt an die Zeit vor Corona, als der Zirkus „Orandi“ jedes Jahr von März bis November im Land unterwegs war – bisher noch unter dem Namen Zirkus Barlay. Die restliche Zeit des Jahres verbringt der Zirkusdirektor mit seinen vier Kindern, der Schwiegertochter und dem Schwiegersohn und deren Familien seit 1996 im Winterlager in der Seenplatte-Gemeinde Kieve.
Spielorte können keine Zusagen für Tournee geben
Insgesamt leben 15 Personen dort zusammen. Hinzu kommen 19 Tiere, darunter Kamele, Pferde, Esel, Lamas und viele andere Arten, die versorgt werden müssen. Doch wie das weiterhin gelingen soll, weiß der Direktor nicht. Schon im vergangenen Jahr konnte der Familienzirkus nicht auf Tour gehen und auch für dieses Jahr gibt es bereits die ersten Absagen. Begonnen hätte ihre diesjährige Tournee in den nächsten Tagen in Perleberg. Aber die Stadt hat unter den aktuellen Bedingungen vorerst abgesagt. Von dort aus sollte es durch die Bundesländer Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern gehen. Auch an der Ostsee und auf der Insel Rügen will Zirkus „Orandi“ gastieren. Doch die Verantwortlichen in den Spielorten können keine verlässlichen Zusagen machen. Dadurch sei keine sichere Planung möglich, sagt Orthmann. Dabei gebe es längst ein Hygienekonzept für die Vorstellungen und die Umsetzung würde von den Gesundheitsämtern kontrolliert werden.
„Sie sind unsere Lieblinge”
Zirkusse werden grundsätzlich sehr engmaschig kontrolliert. Das sei auch richtig und kein Problem, denn den Tieren soll es gut gehen, betont Jonny Orthmann. „Das sind ja meine Artisten“, sagt er stolz und ist bereit, jede nötige Maßnahme wie beispielsweise die Hufpflege oder Wurmkuren durchzuführen. Doch kostet all das zusätzliches Geld und das fehle aktuell an allen Ecken. Sich von den tierischen Darstellern zu trennen, ist für ihn unvorstellbar, denn er hängt mit seinem Herzen an jedem einzelnen und wüsste gar nicht, welches Tier er verkaufen sollte. „Sie sind unsere Lieblinge, wie unsere Kinder. Sie gehören dazu“, bestätigt Orthmanns Lebensgefährtin Mandy Kuntzsch, die das Zirkusleben aktiv mitgestaltet und unter anderem die Pferde trainiert. „Wenn ich morgens in den Stall gehe, werde ich mit einem Wiehern begrüßt”, da gehe ihr das Herz auf. In den letzten Monaten wurde das Training der Vierbeiner zwar etwas zurückgefahren, doch inzwischen laufen die Vorbereitungen wieder.
Wovon soll das Futter für die Tiere bezahlt werden?
Hilfe bekommt die Zirkusfamilie nach eigenen Angaben aktuell keine. Im März des vergangenen Jahres hätte es eine einmalige Förderung gegeben, wovon Versicherungen und etwas Futter für die Tiere bezahlt werden konnten. „Aber das reicht ja nicht hinten und nicht vorne. Wir wissen nicht, wie wir unsere Rechnungen weiter begleichen sollen. Es ist richtig schwierig geworden“, macht der Zirkusdirektor deutlich. Inzwischen bekommt er mit seiner Familie Hartz IV, für die Tiere bekommt er keine weitere Unterstützung. Dankbar ist Orthmann für Hilfe aus dem Nachbarort Wredenhagen. Dort dürfen einige Tiere noch bis März auf der Koppel stehen. „Das rettet unseren Zirkus für eine Weile, weil die Tiere ernährt werden können.“
Seit acht Generationen
Wie lange der Zirkus „Orandi“ die Situation durchstehen kann, ist ungewiss. Etwas anderes zu machen, kann sich die Zirkusfamilie nicht vorstellen, die bereits in der achten Generation das Zirkusleben kennt und liebt. „Wir sind das letzte Glied in der Kette“, sagt Orthmann und gibt zu, dass ihn wie viele andere in der Kunst- und Kulturbranche Zukunftsängste plagen. Daher freuen sich die Artisten über jede Geste, die hilft, das Überleben des Zirkusses zu sichern, seien es Futterspenden oder finanzielle Unterstützung.
Wer dies tun möchte, erreicht den Zirkusdirektor unter der Telefonnummer 015736912065. Die Bankverbindung für ein Spendenkonto lautet: IBAN: DE54 1505 0100 1134 0228 12 bei der Müritz-Sparkasse. Kontoinhaber ist Jonny Orthmann.