Doch kein Rocker-Krieg?
„Boss“ von Neubrandenburg erklärt Gründe für Drohvideo
Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

Jörg Franze
Aggressiv, laut und martialisch – so kommt der selbst ernannte neue „Boss“ von Neubrandenburg in seinem im Internet verbreiteten Drohvideo rüber. Als Präsident des Notorious M.C. Nomads Germany beanspruchte er darin die Stadt für sich und seinen Club bzw. seine „Familie“. Doch der bärtige Mann mit dem bösen Blick aus dem Video kann auch leiser. Zumindest geht er deutlich höflicher und mit einem ausführlichen Statement auf den vom Nordkurier unternommenen Versuch der Kontaktaufnahme und die Frage nach seinen Beweggründen ein.
„Ich trete in meinem Video ... sehr aggressiv auf, bin temperamentvoll und meine Wortwahl ist sehr gewagt“, gibt der Mann, der sich im Internet „Alphonse Capone“ nennt, zu. Doch das habe seinen Grund in einer von ihm und seiner Familie in Neubrandenburg erlebten allgemeinen Ausländerfeindlichkeit, wie er behauptet. „Ich rede im Namen von all denen, die hier tagtäglich niedergemacht werden, im Namen von denen, die sich nicht trauen, etwas zu sagen und in dem Namen von denen, die einfach Angst haben“, schreibt er. In Neubrandenburg sei es zu lange leise gewesen.
+++Hier finden Sie des Erklärung des Notorious-Präsidenten zum Drohvideo im vollen Wortlaut.+++
„Hier leben nicht nur meine Frau und ich, sondern hunderte andere Bartträger mit südländischer Herkunft, Frauen mit Kopftüchern, Kinder mit schwarzen Haaren und und und... Ich rede im Namen von all diesen Menschen, die aufgrund ihrer Herkunft niedergemacht werden. Ich bin die Stimme von all diesen Personen!“ Er würde sich genauso für Menschen anderer Herkunft oder für Tiere einsetzen, fügt „Alphonse Capone“ hinzu, „für jeden, der ungerecht behandelt wird!“
Familie hat traurige Erlebnisse gehabt
Seine Aggressivität im Video habe mit eigenen Erlebnissen in Neubrandenburg zu tun, führt er weiter aus und berichtet von negativen Erfahrungen, die er, seine Frau und weitere Familienmitglieder in Neubrandenburg hatten. „Wir sind beide hier geboren, meine Frau ist deutsche Staatsbürgerin seit Geburt, selbst ihre Eltern sind in Deutschland geboren. Wir alle sprechen fließend Deutsch, dennoch kann ich meine Frau nicht alleine einkaufen schicken.“ Sie trage ein Kopftuch und sei schon mehrfach deswegen verbal attackiert worden. „Es fliegt Müll vom Balkon, an der Kasse heißt es: ,Raus aus unserem Land‘, ein andermal wird man fast auf dem Parkplatz angefahren.“
Besonders die Familie seiner Frau, die aus Bayern stammt, habe traurige Erlebnisse gehabt, behauptet er weiter. Ihnen seien an der Kasse Worte wie „Eselficker und Isis-Anhänger“ an den Kopf geschmissen worden. Dabei gehöre ein Vollbart längst auch in Deutschland zur Mode und sei kein Zeichen der politischen Einstellung. Eigentlich sei Neubrandenburg eine schöne Stadt, „dies war auch der Grund, warum wir hierher kamen.“
Erlebnisse mit Bandidos-Anhängern
Das Ziel sei gewesen, hier zur Ruhe zu kommen, da in Berlin, wo die Familie zuvor lebte, alles viel stressiger zugehe. Doch immer wieder schlage ihm und seiner Familie Feindseligkeit entgegen, meist mit Blicken oder manchmal sogar mit Worten. Menschen, die sich so verhalten würden, seien für ihn „Nazis“, gibt sich der Mann aus dem Droh-Video kompromisslos.
Besonders mit Bandidos-Anhängern habe er negative Erlebnisse gehabt, sagt „Alphonse Capone“ weiter. Das Bild von ihm und einigen Leuten vor dem Neubrandenburger Clubhaus der Bandidos habe deshalb seinen Grund. Ergänzende Fragen zu seinen Behauptungen hat er bisher aber noch nicht beantwortet, schließt aber sein Statement mit einer relativ „friedvollen“ Bemerkung: „Neubrandenburg ist schön und soll für alle schön bleiben.“