Extrem-Frühchen

„Feige Reaktion” – Krankenkassen kneifen vor den Bürgern

Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

Ein Landespolitiker wollte die Kassen im Klinikum zur Rede stellen. Doch die weichen einem Dialog mit den Bürgern zum Behandlungsverbot der Extrem-Frühchen aus.
Veröffentlicht:21.11.2022, 14:12
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Von:
  • Author ImageTim Prahle
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Die Landesverbände der Krankenkassen werden nicht an einem Bürgergespräch zu den Neubrandenburger Extrem-Frühchen teilnehmen. Eine entsprechende Einladung des Neubrandenburger Landespolitikers Torsten Koplin (Linke) schlugen die Landesverbände der Krankenkassen und Ersatzkassen geschlossen aus, wie dieser dem Nordkurier bestätigte.

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Es sei „ein schmallippige Schreiben” gewesen, sagt der angefressener Landtagsabgeordnete, der zudem von einer „feigen Reaktion” sprach. Am heutigen Montagabend soll im Klinikum ein Bürgergespräch zum Behandlungsverbot sogenannter Extrem-Frühchen stattfinden. Koplin hätte die Kassen – die zuletzt eine Ausnahmegenehmigung für Neubrandenburg abgelehnt hatten – gerne selbst dabei gehabt. Seiner Meinung nach hätten sie selbst den Betroffenen erklären können, wie sie zu ihrer Entscheidung gelangten.

Kassen reagierten ausweichend

Das Neubrandenburger Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum (DBK) erfüllte zuletzt nicht die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) erhöhten Mindestmengen, die zu mehr Qualität bei der Behandlung von Frühchen mit einem Gewicht von unter 1250 Gramm führen sollen. Daher wurde zum 1. Januar 2023 ein Behandlungsverbot ausgesprochen. Künftig werden sich die betroffenen Mütter – dieses Jahr wären es nach aktuellem Stand zehn Menschen gewesen – an die Kliniken in Greifswald oder Berlin richten müssen.

Die Kassen selbst reagierten auf Nordkurier-Anfrage zum Termin ausweichend, wollten nicht einmal sagen, ob sie beim Bürgergespräch dabei sind oder nicht. Man stehe aber grundsätzlich im konstruktiven Dialog mit dem Klinikum und sei mit den Gegebenheiten in Neubrandenburg detailliert vertraut, hieß es in der Antwort an den Nordkurier. Erst am Montag vergangener Woche sei man mit Vertretern des Klinikums zusammengekommen, um sich persönlich mit Sozialministerin Stefanie Drese (SPD) über die „Zukunftsperspektiven des DBK auszutauschen”, teilten die Landesverbände weiter schriftlich mit.

„Kassen schaffen schon Tatsachen”

Damit wollen sich die Kassen offenbar gegen den Eindruck wehren, über das Klinikum sei „am Grünen Tisch” beraten und entschieden worden, wie unter anderem auch Torsten Koplin formulierte. Die Landesverbände der Kassen richten ihren Blick nun lieber auf die Regierungskommission zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung im Land, bei dem es um mehr Planungssicherheit für die Kinderklinik des DBK geht. Torsten Koplin arbeitet in dieser Kommission ebenfalls mit, fühlt sich davon aber kaum getröstet. „Dort reden wir über die Zukunft der Krankenhäuser, aber die Kassen schaffen parallel schon Tatsachen”, schimpft er.

Das Bürgergespräch diesen Montag werde dennoch stattfinden. Um 17 Uhr gehe es im Speisesaal des Klinikums los, das DBK selbst rät, ein wenig Zeit für den Schnelltest einzuplanen und die gesetzlich vorgeschriebene FFP-2-Maske nicht zu vergessen. Da die Kassen „kneifen”, wie Torsten Koplin es nennt, werde über weitere Möglichkeiten beraten, wie man für den Erhalt des Perinatalzentrums-Level-1 in Neubrandenburg kämpfen kann.