Wirtschaft

Altentreptow hofft auf „grünes Gewerbegebiet”

Altentreptow / Lesedauer: 4 min

Bei Altentreptow soll ein neuer Standort für Unternehmen entstehen, die weitestgehend autark versorgt werden können. Doch bis zur Umsetzung ist es ein weiter Weg.
Veröffentlicht:27.12.2022, 15:27

Von:
  • Author ImageTobias Holtz
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Die Wirtschaft in der Region stärken und gleichzeitig die Energiewende aktiv mitgestalten – es ist ein ambitioniertes Ziel, dass sich die Stadt mit den geplanten „grünen Gewerbegebieten“ vorgenommen hat. Zwar bietet das Treptower Land schon allein wegen seiner vielen Windräder beste Voraussetzungen dafür, einen Industriestandort zu etablieren, bei dem die Wasser- und Stromversorgung der ansässigen Unternehmen ausschließlich aus erneuerbaren Energiequellen erfolgen kann.

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Aber um an das begehrte Gütesiegel vom Energieministerium des Landes zu kommen, sind die Firmen dazu angehalten auch selbst alternative Energiequellen zu erschließen, beispielsweise in Form von Wasserstoff. Ressourcen werden also effizient genutzt, was wiederum dem Klimaschutz zuträglich ist. Sind diese Anforderungen erfüllt, winkt im besten Fall ein Güte-Label vom Energieministerium in Schwerin, eine Art Marketinginstrument, mit dem eine Kommune für sich werben kann.

Erste Interessenten

Wie Altentreptows Bürgermeistermeisterin Claudia Ellgoth auf Anfrage betont, gebe es für das 75 Hektar umfassende Areal an der L 273 in Richtung Grapzow sogar schon einige Anfragen von potenziellen Interessenten, die mit dem Gedanken spielen, sich dort in Zukunft niederzulassen. Aber inwieweit die Konzepte der Investoren zu der Initiative passen und die gewünschten Anforderungen erfüllen, sei noch nicht abschließend geklärt.

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„Wir müssen jetzt erst mal sehen, welche Lösungswege es überhaupt gibt“, meint Ellgoth. Dazu sollen Anfang 2023 weitere Gespräche mit der Staatssekretärin im Ministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Tourismus und Arbeit, Ines Jesse, und Energieminister Reinhard Meyer stattfinden, der für Auszeichnung grüner Gewerbegebiete zuständig ist. Wer sich hinter den möglichen Interessenten verbirgt, wollte die Rathauschefin aber nicht verraten.

Wasserstoff-Raffinerie in Planung

Nach Nordkurier-Informationen beabsichtigt die FairWind Deutschland GmbH neben weiteren Windrädern auch eine Wasserstoff-Raffinerie in unmittelbarer Nähe zum grünen Gewerbegebiet zu errichten, mit der die überschüssige Windenergie in grünen Kraftstoff umgewandelt und an einer sich anschließenden Tankstelle gezapft werden kann.

Doch im Gegensatz zur „Windmühlenstadt“ Woldegk, wo ein ähnliches Vorhaben bereits grünes Licht von der Stadtvertretung bekommen hat, wurde in der Tollensestadt hierzu noch kein politischer Beschluss auf den Weg gebracht. Dabei hatte der Geschäftsführer des Greifswalder Unternehmens, Max von Maltzahn, unlängst im Gespräch mit dem Nordkurier versichert, dass die Verwaltungsspitze im Rathaus seinem Vorschlag aufgeschlossen gegenüberstünde.

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Ob dieses Bauprojekt demnächst von Verwaltung und Stadtpolitik aufgegriffen wird, bleibt abzuwarten. Der Kirchengemeinderat ist da schon einen Schritt weiter und hat für die eigenen Ausbauflächen einen Vertrag mit dem Windpark-Investor geschlossen. „Darin ist festgeschrieben, dass auch die Menschen in der Region einen Vorteil davon haben werden“, erklärt Pastor Michael Giebel im aktuellen Kirchenboten.

Gewinn soll auch bei Anwohnern ankommen

Heißt im Klartext: Sollte es zum Bau weiterer Anlagen kommen, wird es einen besonderen Stromtarif geben. Dieser soll allen Anwohnern angeboten werden, die in einem Umkreis von 3500 Metern um die geplanten Windräder herum wohnen. Der Tarif wird mindestens 30 Prozent günstiger sein, als Haushalte sonst im bundesdeutschen Durchschnitt zahlen. Den Rest der Energiekosten würden die als immissionsarm geltende Windräder von Fair-Wind tragen.

Verpflichtend vorgesehen sei nach dem unternehmenseigenen „Beteiligungs- und Wertschöpfungsmodell“ zudem ein gesonderter Windfördertopf, in den über die gesamte Laufzeit jedes Jahr mindestens 2000 Euro je Megawatt eingestellt werden, wobei ein Windrad allein bereits auf 6 bis 7 Megawatt Leistung komme. Das Geld solle in Form von Spenden oder als Sponsoring an gemeinnützige Vereine, den Sport oder die Kultur in die Region fließen. Zudem wird die Versteuerung vor Ort vertraglich zugesichert. „Der Kirchengemeinderat sieht im Bau der Anlagen nicht nur einen Beitrag zur Energiewende, sondern auch die konkrete Chance, dass etwas vom Gewinn direkt bei den Einwohnern in Altentreptow und Umgebung ankommt“, hebt Giebel hervor.

Hoffen auf die neue Fördermittelrichtlinie

Doch bevor sich auf dem favorisierten Gewerbegebietsstandort der Stadt überhaupt neue Unternehmen ansiedeln können, müssen in einem ersten Schritt die erforderlichen Bebauungspläne aufgestellt werden. Der dazugehörige Aufstellungsbeschluss wurde von der Stadtvertretung bereits im September dieses Jahres gefasst.

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Da für so ein B-Plan-Verfahren schnell mal eine sechsstellige Summe fällig wird, möchte die Stadt gerne auf eine von der Landesregierung angekündigte Förderrichtlinie zurückgreifen, die explizit für die Umsetzung von klimaneutralen Gewerbegebieten in Anspruch genommen werden kann. Sobald diese in Kraft getreten ist, sollen die Fördermittel beantragt und notwendige Eigenanteile in den Haushalt für 2023 eingestellt werden, versichert die Bürgermeisterin.