StartseiteRegionalNeubrandenburgAuto-Diebstahl – Polizistensohn macht seinem Vater Schande

Vor Gericht

Auto-Diebstahl – Polizistensohn macht seinem Vater Schande

Neubrandenburg / Lesedauer: 4 min

Im Herbst 2020 verunsicherten Diebesbanden viele Autobesitzer im Osten von MV. Nun stand ein 26-Jähriger in diesem Zusammenhang vor Gericht und wurde verurteilt.
Veröffentlicht:21.11.2023, 15:25

Von:
  • Winfried Wagner
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Mehr als drei Jahre nach einer Diebstahlserie von hochwertigen Autos in Neubrandenburg hat das Amtsgericht der Vier-Tore-Stadt einen der Täter zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Der 26-jährige Mann  gestand in dem Prozess am Dienstag, dass er an zwei Taten im September 2020 im Stadtteil Broda beteiligt war. Dabei war die Bande vor allem auf der Suche nach Fahrzeugen einer bayerischen Automarke, die mit dem sogenannten Keyless-Go-System ausgestattet waren, also schlüsselloser Schließ- und Starttechnik.

Insgesamt musste sich der 26-jährige Warschauer, der seit Ende 2022 per Haftbefehl gesucht und im Sommer 2023 in Kroatien gefasst worden war, wegen vier versuchter und vollendeter Bandendiebstähle verantworten.

Zuvor hatten sich die Prozessparteien verständigt

Dem Urteil wegen bandenmäßigen Diebstahls in zwei Fällen – 22 Monate Freiheitsstrafe, die für drei Jahre auf Bewährung ausgesetzt wurde – ging eine Verständigung aller Beteiligten voraus. Außerdem bekommt der Verurteilte, der inzwischen mit Lebensgefährtin im brandenburgischen Rathenow wohnt, einen Bewährungshelfer, muss den Schaden von rund 80.000 Euro ausgleichen und 120 Stunden gemeinnütziger Arbeit ableisten.

„Mein Mandant gesteht, an zwei der vier Taten beteiligt gewesen zu sein“, sagte Verteidiger Janusch Nagel im Namen des Angeklagten. Im ersten Fall blieb es in der Nacht des 25. September 2020 beim Versuch, weil die Funkwellen sich mit der mitgebrachten Technik nicht ausreichend verstärken ließen.

Dann fuhr das Trio ein paar Straßen weiter, wo ein rund 80.000 Euro teures Auto einer Unternehmerin stand. Dort klappte das Öffnen und Starten durch einen Komplizen. Im Nu fuhren die drei Männer los und übergaben den Wagen an der Ostsee einem anderen Hehler, wie der Verteidiger beschrieb.

Verurteilter war für Auswahl der Wagen zuständig

In derselben Nacht gab es zwei weitere Diebstahlversuche in Neubrandenburg, aber bei anderen Automarken. Hier versuchten die Täter, über Terrassentüren in die Häuser einzubrechen und die Autoschlüssel zu stehlen. Das klappte in einem Fall auch, wo gleich noch die Handtasche mitgenommen wurde und ebenfalls ein Schaden von fast 80.000 Euro entstand. Hier seien aber andere am Werk gewesen, sagte der Verteidiger. Dem folgte Richterin Tanja Krüske auch.

Der jetzt verurteilte 26-Jährige war für die Auswahl der Fahrzeuge zuständig und fuhr das Pilotfahrzeug, mit dem gestohlene Autos bei der Fahrt nach Polen abgesichert wurden. Dafür bekam er 2000 Euro pro Auto, der inzwischen 23 Jahre alte Fahrer des gestohlenen Wagens 500 Euro.

Die Polizei kam der Bande auf die Schliche, weil der 23-Jährige später in Brandenburg mit einem weiteren gestohlenen Auto gefasst wurde. Er wurde ebenfalls bereits verurteilt, wegen seines Alters zu einer Jugendstrafe auf Bewährung. Nach einem dritten Beteiligten, der „Stefan“ heißen soll, wird noch gesucht.

Im Urlaub mit der Freundin verhaftet worden

„Mein Mandant war damals in einer schwierigen Lebensphase“, sagte der Verteidiger. Vor drei Jahren hätte der Angeklagte sein Wirtschaftsstudium in Polen abgebrochen. Er nahm Drogen wie Kokain und half einem Bekannten, der mit sogenanntem Kryptogeld viel Gewinn machte. Um selbst Geld zu haben, habe er sich damals dieser Bande angeschlossen.

Inzwischen soll der 26-Jährige aber eine Lebensgefährtin haben, die einen positiven Einfluss auf ihn habe. So habe er 2021 einen Drogenentzug absolviert. Nun sei er für seine Partnerin, die mehrere Schönheitssalons in Polen und Deutschland betreibt und mit Kosmetik beliefert, tätig.

Mit dieser Frau sei er im Sommer 2023 auch in Kroatien im Urlaub gewesen, als der Haftbefehl vollstreckt wurde. Inzwischen saß der 26-Jährige schon fünf Monate in U-Haft und zeigte sich stark beeindruckt. Vor allem in Kroatien seien die Haftbedingungen sehr schwierig gewesen. Weil er gestand, hielt sich Richterin Krüske am Ende auch an die vereinbarte Strafhöhe von maximal zwei Jahren Freiheitsstrafe.

Karriere des Vaters offenbar zu Ende

Es gehe um organisierte Kriminalität, und die Diebstahlserie habe damals hat für viel Unruhe in der Region gesorgt, sagte sie. Doch der 26-Jährige sei nicht vorbestraft und habe eine zweite Chance verdient. Das Urteil entsprach genau den Forderungen, die Staatsanwältin und Verteidiger vorgetragen hatten. Am Ende hob Krüske auch den Haftbefehl für den Verurteilten auf. So wurde der junge Mann aus Polen seine Fußfesseln los und konnte zu seiner Partnerin nach Rathenow reisen.

Er wolle auch nie wieder in so eine Situation kommen, sagt der Mann am Ende. Das sei er seinem Vater schuldig. Dieser sei ein hochrangiger Polizist in Polen gewesen. Durch die kriminellen Taten seines Sohnes soll die Karriere des Vaters sehr abrupt zu Ende gegangen sein. Erst sei der Vater nicht mehr befördert und inzwischen schon in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden, erzählte der Verteidiger.