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Beliebter Laden in Altentreptow schließt nach 32 Jahren

Altentreptow / Lesedauer: 4 min

Schweren Herzens wird Marita Flemming ihren Geschenkeladen im Herbst schließen. Damit verschwindet ein weiterer Anlaufpunkt aus der Altentreptower Innenstadt.
Veröffentlicht:31.08.2022, 09:16

Von:
  • Tobias Holtz
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Der 12.  November ist für Marita Flemming in zweifacher Hinsicht ein besonderes Datum: An diesem Tag hatte sie 1990, unmittelbar nach der Wende, den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt und sich mit ihrem eigenen Geschäft in der Unterbaustraße 39 einen persönlichen Traum erfüllt. Dort, wo ihre Schwiegereltern noch bis in die 80er Jahre Fahrräder inklusive Zubehör verkauften, richtete sich die gelernte Erzieherin ein wahres Geschenke-Paradies ein.

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„Damals machte hier ein Geschäft nach dem anderen auf“, erinnert sie sich. Andreas Wolf vom ehemaligen Elektro-Geschäft gegenüber habe ihr zugeraten und auch den Kontakt zum ersten Großhändler für Geschenkartikel hergestellt, eine Genossenschaft in Bielefeld, von der sie viele Jahre ihre Waren bezog. Dort ist sie aber kurze Zeit später wieder ausgetreten, um bei der Auswahl freier zu sein. Ob bei Messen, von Vertretern oder im Internet – Flemming entwickelte beim Einkauf rasch ein gutes Gespür dafür, was ihren Kunden gefällt.

Für viele weit mehr als nur ein Geschäft

Und die kamen von Anfang an längst nicht nur aus Altentreptow, sondern nehmen bis heute gerne weite Anfahrtswege in Kauf, um bei ihr nach passenden Präsenten und Dekoartikeln zu stöbern – eine echte Institution in der Tollensestadt und für die Stammkundschaft weitaus mehr als irgendein Geschäft. Denn Marita Flemming hat für jeden, der zu ihr kommt, stets ein offenes Ohr. So mancher schaut nur vorbei, um mit ihr ein Pläuschchen zu halten oder sich an dem liebevoll geschmückten Schaufenster zu erfreuen. „Wenn ich dann von den Leuten zu hören kriege, dass es ihnen nach einem Rundgang durch meinen Laden wieder besser geht, macht mich das selber natürlich ebenfalls glücklich“, schwärmt Flemming über den guten Draht zu ihrer Kundschaft.

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Doch die aktuelle Marktsituation macht auch vor einer erfahrenen Geschäftsfrau nicht halt. So sind die Einkaufspreise enorm gestiegen, mitunter sogar um das Dreifache im Vergleich zu den Vorjahren. Hinzu kommen die extrem langen Lieferzeiten. „Vor vier Wochen wurden Waren geliefert, die wir eigentlich schon im Januar 2021 bestellt hatten. Und ich möchte gar nicht daran denken, welche finanziellen Auswirkungen die Energiekrise noch für uns alle haben wird. Unter diesen Umständen kann es einfach nicht weitergehen“, macht Flemming den Ernst der Lage deutlich.

Wer noch Gutscheine hat, sollte sich beeilen

Schweren Herzens habe sie sich deshalb dazu entschieden, die Türen ihres Geschenkeladens nach genau 32 Jahren für immer zu schließen. Auf die Frage, was sie am meisten vermissen wird, muss die gebürtige Friedländerin nicht lange überlegen: „Die Zeit mit meinen Kunden, von denen mir viele über all die Jahre die Treue gehalten haben, war das schönste Geschenk für mich. Dafür kann ich gar nicht oft genug Danke sagen. Es sind daraus echte Freundschaften entstanden, die ich nicht mehr missen möchte“, erzählt Flemming sichtlich gerührt.

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Wer noch einen Geschenkgutschein bei sich zu Hause hat, sollte den schnellstmöglich einlösen, auch wenn der Laden noch offiziell zehn Wochen geöffnet hat, rät die Inhaberin. „Wenn der Warenbestand verkauft ist, kommt nichts Neues mehr rein. Jetzt ist also der beste Zeitpunkt, um sich noch ein Schnäppchen zu sichern“, stellt Flemming klar.

Zu Hause sitzen kommt nicht infrage

Konkrete Pläne, wie es nach der Schließung mit den leer stehenden Räumlichkeiten weitergehen soll, hat die Rentnerin in spe noch nicht. „Ich könnte mir schon vorstellen, hier in Zukunft ein anderes Projekt zu realisieren, weil ich kein Mensch bin, der im Alter nur zu Hause sitzen will. Dann fällt mir irgendwann die Decke auf dem Kopf“, meint Flemming. Erst mal stehe aber ihre Familie im Vordergrund, die sie seit der ersten Stunde auch in schwierigen Phasen immer unterstützt habe. „Ob das nun meine Tochter ist, die mich regelmäßig auf Messen begleitet hat, oder meine Schwester Iris, die hier seit 30 Jahren mithilft. Ohne diese Rückendeckung hätte ich das alles nie geschafft“, betont die Geschäftsfrau.