Ehrentag
Bier aus der Seenplatte — da tut sich was
Seenplatte / Lesedauer: 3 min

Robin Peters
An diesem Sonntag haben Biertrinker und Braumeister wieder einmal den Tag des deutschen Bieres zelebriert. Nur muss man Selbstgebraues hierzulande meist erst einmal lange suchen. Während regionales Bier anderswo geradezu boomt, steht für den Besuch in einer lokalen Brauerei im Nordosten zumeist eine weite Fahrt an.
Dünne Besiedlung, dünne Brauereilandschaft
„Das ist so“, räumt Ricardo Reschke aus dem Brauhaus Müritz in Waren aus eigener Erfahrung ein. Tatsächlich sei die Brauereidichte in Mecklenburg recht dünn. Das liegt aus seiner Sicht aber in erster Linie an der ebenso dünnen Besiedlung. Stelle man das Land der Stadt Hamburg mit mehr Einwohnern gegenüber, stehe MV mit seinen zwei Dutzend Brauereien gar nicht mehr so schlecht da.
Dass der Bierkonsum zuletzt abnahm, hängt nach Reschkes Einschätzung auch mit den Einschränkungen durch die Corona–Pandemie zusammen. Die gläserne Brauerei in Waren könne sich dagegen derzeit über steigende Nachfrage freuen. Der Diplom–Biersommelier bietet unter anderem regelmäßig Tastings an. Und dort lernt fast jeder dazu. Die wenigsten Menschen würden wissen, dass es rund 150 verschiedene Bierstile gibt. Aufgeschlossen gegenüber neuen Sorten sind nach seiner Erfahrung übrigens eher Frauen. Männer würden lieber an Gewohnheiten festhalten.
Pils führt auf der Beliebsheitsskala
Beim Ausschank sei immer noch das Pils am beliebtesten. Es gebe im Brauhaus Müritz aber weitaus mehr zu genießen, zum Beispiel Bockbier, Lager oder Helles. Helles sei übrigens eine der wenigen Sorten, die überregional nicht rückläufig sind. Reschke erkennt darin eine Art Gegenbewegung von guten, traditionellen Bieren zum zuletzt stark beworbenen Craft Beer, das die große Mehrheit nicht über den ganzen Abend trinken kann.

Im Craft Beer Shop mit Bar des Hotels Fleesensee in Göhren–Lebbin wird unterdessen dunkles Bier aus dem Zapfhahn immer beliebter. Obwohl das klassische Pils auch dort noch am meisten getrunken wird. „Extrem gestiegen“ sei grundsätzlich die Nachfrage nach alkoholfreien Getränken. Könnte der allgemeine Fitnesstrend in der Gesellschaft also zur jüngsten Bierflaute beigetragen haben? In Göhren–Lebbin hegt man zumindest einen solchen Verdacht: „Warum es so wenig kleine Brauereien in der Region gibt, können wir ehrlicher Weise auch nicht zu hundert Prozent beantworten. Bier ist seit Jahren ein rückläufiges Getränk und vielleicht nicht modern und hip genug“, so Philipp Pietz aus dem Marketing des Hotels Fleesensee.
Oder steht ein Comeback des Gerstensaftes im Nordosten bevor? Denn es braut sich vielerorts etwas zusammen — zum Beispiel im Süden des Landkreises. Denn die jüngst gegründete Genossenschaft brenn:werk will auf dem Gelände der Alten Brennerei in Wesenberg unter anderem eine klimaneutrale Bio–Brauerei mit Biergarten errichten. Noch wartet man allerdings auf die Baugenehmigung.
Campus–Bräu wurde zum Überraschungserfolg
Und auch in der Kreisstadt rückt regionales Bier wieder stärker in den Fokus. Im Wirtshaus Wallensteinkeller kann man das hausgemachte Wallenstein–Bräu probieren. Und das Campus Bräu der Hochschule Neubrandenburg wird inzwischen ganz professionell über Chefs Culinar in Neubrandenburg vertrieben. Nach Auskunft des Großhändlers wird das Bier aus der Hochschule bereits gut angenommen. Genaue Lieferzahlen möchte man aus Datenschutzgründen aber nicht preisgeben.
Die Idee, ein hochschuleigenes Bier zu brauen, entstand im Fachbereich Agrarwirtschaft und Lebensmittelwissenschaften. Studierende sollten in Seminaren unter anderem Arbeiten entlang der Lebensmittelkette kennenlernen. Durch den Ausschank zu besonderen Anlässen entwickelte sich das helle Lager–Bier zum Überraschungserfolg.