Biker stirbt nach Unfall in Neubrandenburg – Autofahrerin verurteilt
Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

An der Schuld besteht kein Zweifel. Weder die Staatsanwaltschaft noch die Nebenklägerin – die Ehefrau des Opfers – und selbst die Verteidigung der Angeklagten bestreiten das. Erst recht nicht die 49-Jährige auf der Anklagebank. Auch die gibt frank und frei zu, schuld am Tod eines Mannes zu sein.
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Vor dem Amtsgericht in Neubrandenburg ist am Dienstag die juristische Aufarbeitung eines schrecklichen Unfalls in der Oststadt beendet worden. Am 30. Juni des vergangenen Jahres kam in der Allendestraße an der Einmündung zur Semmelweißstraße ein Motorradfahrer zu Tode, weil eine Autofahrerin kurz nach 6 Uhr in der Frühe dessen Vorfahrt missachtet hatte. Trotz sehr schneller medizinischer Hilfe – bis zum Klinikum sind es nur wenige Hundert Meter – erlag der Mann seinen schweren Verletzungen wenig später im Krankenhaus. Nur zwei Tage vor seinem 59. Geburtstag. Beide, die Autofahrerin und der Mann auf dem Motorrad waren auf dem Weg zur Arbeit. „Ich habe ihn nicht gesehen“, so die Angeklagte. Zwar will sie nach links geschaut haben und noch eine Radfahrerin vorbei gelassen haben. Sie sei dann aber langsam angefahren – ohne erneut nach links zu sehen. Dann habe es auch schon gekracht.
„Das war ein klassisches Augenblicksversagen“
Die Vorsitzende Richterin Tanja Krüske sprach die Angeklagte der fahrlässigen Tötung schuldig und verurteilte sie zu einer Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen zu je 90 Euro – 8100 Euro insgesamt. „Das war ein klassisches Augenblicksversagen“, hieß es. Das Urteil entsprach der Forderung der Staatsanwaltschaft, der Vertreter der Nebenklage plädierte für 100 Tagessätze und zusätzlich vier Monate Fahrverbot. Davon sah die Richterin jedoch ab. Die Angeklagte sei keine notorische Pflichtverletzerin und besitze keinen Eintrag im Flensburger Verkehrszentralregister. „Sie haben eine Sekunde nicht aufgepasst, mit schrecklichen Konsequenzen für alle“, so Richterin Krüske. Für die Familie des Opfers und die Autofahrerin.
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Auch diese muss immer noch psychiatrisch behandelt werden und befindet sich nach langer Krankschreibung in der Wiedereingliederung. Immer wieder versichert die 49-Jähriger an die Ehefrau des Opfers gewandt, wie furchtbar leid ihr das tue. „Ich kann es leider nicht wieder rückgängig machen, so sehr ich mir das auch wünsche“, sagt sie.
Ehefrau des Opfers schläft schlecht und muss Medikamente nehmen
Für die Ehefrau des Motorradfahrers ist alles immer noch „grauenvoll“ und „furchtbar“. Für sie, ihre Söhne und die ganze Familie sei die Situation noch immer, auch fast sieben Monate nach dem Unfall, „unfassbar“. Sie habe viel Gewicht verloren, schlafe schlecht, müsse Medikamente einnehmen und sehe sich angesichts vieler auszufüllender Formulare, dem „ganzen Papierkram“ fast überfordert. Zumal, wie die Richterin nach einem Gespräch mit den Verfahrensbeteiligten hinter geschlossenen Türen erfuhr, die Angelegenheiten um die Schadensregulierungen durch die Versicherung auch nicht optimal laufen soll.
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Der kleine Saal des Amtsgerichts, in dem die Verhandlung am Dienstagnachmittag stattfand, war bis auf den letzten Platz besetzt. Die Zuhörer waren bis auf wenige Ausnahmen Angehörige und Freunde des verunglückten Motorradfahrers.