Justiz
Brandstiftung in Neubrandenburg – Prozess dauert länger
Neubrandenburg / Lesedauer: 4 min

Winfried Wagner
Wegen eines Kellerbrandes in einem Mehrfamilienhaus in Neubrandenburg Oststadt steht seit Donnerstag ein Mieter aus dem betroffenen Wohnblock vor Gericht. Dem 32-Jährigen werden Brandstiftung und ein Diebstahl von Sex-Spielzeug und Schmuck bei einer Bekannten im Umfeld vorgeworfen. Zu Beginn der Verhandlung am Amtsgericht bestritt der Mann, den Brand am 9. Juli 2022 mit einem Schaden von 146.000 Euro gelegt zu haben. Dabei räumte er aber zugleich einen Diebstahl ein, bei dem es um erotisches Liebesspielzeug einer anderen Frau ging.
"Ich war im Keller"
„Ja, ich war an jenem Abend im Keller“, sagte der Angeklagte. Das konnte er auch gar nicht abstreiten. Weil es in dem Wohngebiet schon mehrfach Brandstiftungen gegeben hatte, hatte das Landeskriminalamt im Treppenhaus eine Kamera installiert, die jeden filmte, der in dem Aufgang in den Keller ging.
Die Aufnahmen wurden im Gerichtssaal abgespielt. Sie zeigen den Angeklagten im ärmellosen Shirt, wie er gegen 22.32 Uhr in den Keller geht, nach wenigen Minuten wieder herauskommt und in seine Wohnung in das fünfte Geschoss geht. Dort lebte er mit Frau und mehreren Kindern.
Kurze Zeit später zog Rauch durchs Haus, sodass Anwohner die Feuerwehr riefen. Auf den Aufnahmen ist zu sehen, wie ein Feuerwehrmann die Tür zu den Kellerräumen um 22.59 Uhr öffnet und gleich wieder schließt, weil dichter Qualm herausdringt. „Zum Glück kamen die Feuerwehrleute so schnell“, sagte Brandgutachter Olaf Lawrenz. Das hätte sonst böse enden können.
Zum Glück keine Verletzten
Die Flammen breiteten sich aus, erfassten die Deckenverkleidungen in der Kellerbox, zerstörten unter anderem Versorgungsleitungen, konnten sich aber durch die dichten Feuerschutztüren und geschlossenen Fenster noch nicht weit ausbreiten, bis der Alarm ausgelöst wurde. So war zwar das Treppenhaus verraucht, aber die Mieter konnten in den Wohnungen bleiben, auch der Angeklagte mit seiner verängstigten Frau und den drei Kindern. Das Feuer wurde gelöscht, verletzt wurde niemand.
Durch die Kameraaufnahmen kamen die Ermittler schnell auf den 32-Jährigen. Hinzu kam, dass er einige Monate zuvor in einem anderen Gebäude in der Oststadt gewohnt hatte, in dem es vorher ebenfalls gebrannt hatte. Zudem war er fast immer da und machte Aufnahmen, wenn die Feuerwehr löschte. Er teilte auch mehrfach Bilder von den Feuern in der Oststadt und unterhielt sich mit Bekannten in sozialen Internetkanälen auffällig gut informiert darüber, wie ein Polizist als Zeuge erklärte. Außerdem hatte der 32-Jährige auch dem „Nordkurier“ einige Informationen gegeben und diesen Artikel dann gern herumgezeigt.
Brandserie endete nach Festnahme
Die Erklärung des angeklagten Pflegers: Er sei zwar zu der Zeit in dem Keller gewesen, habe aber nach der Arbeit und dem Spaziergang mit dem Hund „nur nach dem Rechten geschaut“ und sei wieder gegangen. Sein Verteidiger hält einen anderen Bekannten, der in einem anderen Treppenaufgang wohnte, ebenfalls für verdächtig. Allerdings endete die Brandserie nach der Festnahme des 32-Jährigen im Juli 2022 auffällig schnell.
Dem Angeklagten wird zudem vorgeworfen, ebenfalls im Juli 2022 Schmuck, Dessous und Sexspielzeug bei einer Bekannten in der Nachbarschaft entwendet zu haben. Den Diebstahl eines „Dildos“ und der Reizwäsche räumte er auch ein, den Schmuck habe er nicht gestohlen. Der Gesamtschaden soll 4800 Euro betragen, vor allem wegen des Schmucks.
Der Mann hatte die Schlüssel zu der Wohnung der Bekannten, weil die Frau wegziehen wollte und Nachmieter suchte. Diese hatte der Angeklagte durch ihre Wohnung geführt. Dabei habe er das „Erwachsenenspielzeug“ gesehen. „Wir wollten mal was Neues ausprobieren“, sagte er zu dem Klau. Seiner Frau habe er davon erst nichts erzählt. Als die Nachbarin aber mal bei ihnen zu Besuch war, habe sie den „Dildo“ wiedererkannt. Danach gab es viel Ärger. Die Frau des Angeklagten erklärte vor Gericht, dass sie die Dessous weggeworfen habe und der anderen Frau das Geld für ein neues Sexspielzeug gegeben habe. Die Freundschaft ist aber vorbei.
Richterin vertagt Verhandlung
Für die Aufklärung des Brandes spielt der Diebstahl wohl keine Rolle. Richterin Tanja Krüske vertagte die Verhandlung schließlich auf Anfang Dezember. Man erwäge, dass man vielleicht auch noch einen Ortstermin braucht. Und der Hausmeister des Vermieters soll ebenfalls noch gehört werden.
Klar wurde aber, dass der Brandkeller an jenem Abend vom Nachbarhaus aus gar nicht erreichbar war. Im Keller hatte es schon zwei Wochen vorher gebrannt. Deshalb hatte die Kellertür des Nachbaraufgangs ein neues Schloss bekommen, zu dem diese Mieter noch keine Schlüssel gehabt haben sollen. Und der Zugang von der anderen Hausseite, in der der Angeklagte wohnt, war durch die LKA-Kamera überwacht – die nur einen Verdächtigen aufnahm.