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Neues Bundesprojekt

Bürger sollen Zukunft des Tollensewinkels mitgestalten

Altentreptow / Lesedauer: 5 min

Nicht Erfolg versprechend oder eine Cahnce, den Amtsbereich langfristig voranzubringen? Das neue „TOLL–Projekt“ trifft im Treptower Tollensewinkel auf ein geteiltes Echo.
Veröffentlicht:19.03.2023, 19:43

Von:
  • Tobias Holtz
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Ist das „TOLL–Projekt“ wirklich so toll, wie es sich anhört? Welchen Mehrwert haben die Bürger davon? Und kommt das in Aussicht gestellte Geld auch wirklich in den Gemeinden an? Fragen über Fragen, mit denen Dr. Judith Logall in den vergangenen Wochen regelmäßig konfrontiert wurde. „Es zeigt aber, dass die Menschen daran interessiert sind, den Amtsbereich aktiv mitzugestalten. Denn nur, wenn wir ihre Sorgen und Wünsche kennen, können wir gemeinsam neue Wege beschreiten“, wandte sich die Projektmanagerin an die 50 Gäste, die zur ersten Informationsveranstaltung in die Aula der roten Schule gekommen waren.

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Landleben optimieren, Lebensqualität steigern, Wirtschaft stärken — drei wesentliche Ziele, die gemeinsam mit den acht Verbundpartnern erreicht werden sollen. Doch wie soll das in der Praxis funktionieren, wenn die Gemeinden ständig mit bürokratischen Hürden zu kämpfen haben und die benötigte Infrastruktur in vielen Bereichen schlichtweg nicht vorhanden ist? Zumindest spiegelte sich dieser Eindruck aus der Bevölkerung in der Fragerunde wieder. „Wir wissen, dass die Bedingungen momentan nicht überall optimal sind. Aber es gibt auch Synergieeffekte, die wir nutzen können, um langfristig Verbesserungen zu erreichen“, meinte Altentreptows Bürgermeisterin Claudia Ellgoth.

Gründung eigener Stadtwerke wird geprüft

Wichtigste Aufgabe innerhalb des geförderten Projektes sei es, ein kommunales Teilhabekonzept zu entwickeln. Denn obwohl das Amt zwischen zwei riesigen Windeignungsgebieten liegt, können weder die Stadt noch die Gemeinden bislang davon profitieren. „Das hat zu jeder Menge Unmut bei den Bürgern geführt, hier wollen wir jetzt gegensteuern“, versicherte Logall. Wie genau so eine Bürgerbeteiligung aussehen könnte, blieb allerdings unbeantwortet. Ein vergünstigter Stromtarif für Anwohner, die in einem bestimmten Radius um die Windräder herum leben, ist für die Rathauschefin keine Option. „Ich teile deswegen doch nicht die Stadt oder ganze Straßenzüge auf. Für alle Bürger sollten einheitliche Preise gelten“, findet Ellgoth.

Deshalb werde aktuell über das Fraunhofer–Institut geprüft, ob es Sinn hätte, eigene Stadtwerke für die Versorgung des Amtes zu gründen. Inwieweit das rechtlich machbar ist und sich aus betriebswirtschaftlicher Sicht rechnet, sei noch nicht abschließend geklärt. „Ich kann nicht versprechen, ob es klappt. Aber es muss etwas beim Bürger ankommen, und zwar so schnell wie möglich“, betonte die Bürgermeisterin.

Bisher beteiligen sich nur zwei ortsansässige Firmen

So mancher im Publikum konnte allerdings nicht so recht nachvollziehen, warum sich mit der Firma Komesker Anlagenbau und dem Energieversorger E.DIS nur zwei ortsansässige Unternehmen an dem Projekt beteiligen. Eigentlich müssten doch gerade die Betriebe aus dem Amtsbereich als wirtschaftlicher Motor verstärkt mit in die nachhaltige Entwicklung der Region einbezogen werden. „Die wollen wir natürlich nicht ausschließen“, versicherte Logall. Sie könnten sich in den noch zu bildenden Arbeitsgruppen gezielt mit unternehmensspezifischen Aspekten auseinandersetzen. Auch mit der Industrie– und Handelskammer sei die Stadt bereits im Gespräch. „Weitere Unterstützer sind also gerne gesehen“, so die Projektmanagerin.

Die jetzigen Verbundpartner seien größtenteils von sich aus an die Verwaltung herangetreten und hätten ihre Mitarbeit angeboten. „Der finanzielle Eigenanteil, den das Amt beim Fördergeber nachweisen musste, um einen Antrag stellen zu können, wurde unter den Partnern aufgeteilt“, erklärte Michelle Dietrich von der E.DIS, die als Co–Moderatorin durch die Veranstaltung führte. Nach Nordkurier–Informationen handelt es sich um insgesamt 24.000 Euro — eine überschaubarere Summe, wenn man bedenkt, wie viel Geld gerade die Windpark–Konzerne in den vergangenen Jahren im Treptower Land verdient haben.

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Unklar ist derweil auch die Ausgestaltung des außerschulischen Lernstandortes, der im Amtsbereich etabliert werden soll. In diesem „TOLL–Raum“ geht es unter anderem darum, den Azubi– und Fachkräftemangel in Zusammenarbeit mit den Schulen sowie regionalen Akteuren aus Wirtschaft und Wissenschaft durch verschiedenste Angebote entgegenzuwirken. Inwiefern sich diese Idee mit Leben füllen lässt, bleibt abzuwarten.

Konkretes soll erst in Arbeitsgruppen entstehen

Ein wenig greifbarer ist da ein Vorschlag, der darauf abzielt, einen oder mehrere Regionalläden und „Regiomaten“ im Amtsbereich einzurichten, in denen Produkte, die in der Nachbarschaft hergestellt werden, zu jeder Zeit erhältlich sind. „Es geht uns darum, ein Bewusstsein für regionale Wertschöpfungsketten zu schaffen“, verdeutlichte Logall. Voraussetzung für all die genannten Punkte sei es aber, sich in einem ersten Schritt untereinander mehr zu vernetzen und neue Kontakte zu knüpfen, eventuell sogar über eine eigene digitale Plattform.

Wer sich von dem Abend schon konkrete Ergebnisse erhofft hatte, wird enttäuscht nach Hause gegangen sein. Das wäre drei Monate nach dem offiziellen Projektstart aber auch illusorisch gewesen. Erst innerhalb der neuen Veranstaltungsreihe „Nachgefragt“ sollen vier übergreifende Kernthemen festgelegt werden, mit denen sich alle Beteiligten dann in Workshops vertiefend beschäftigen. Der erste Termin dazu findet am 13. Juni von 17 bis 19 Uhr statt. Ein Treffpunkt wurde noch nicht festgelegt.