Stasigefängnis

CDU, Linke und AfD werfen Neubrandenburgs Bürgermeister Ideenklau vor

Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

Auf einer Podiumsdiskussion soll es demnächst um das schwierige Stasi-Erbe in Neubrandenburg gehen. Drei Fraktionen stellen infrage, ob der Oberbürgermeister Witt daran teilnehmen darf.
Veröffentlicht:16.11.2021, 13:36

Von:
  • Tim Prahle
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Wegen seiner Teilnahme an einer Diskussion zur Stasi-Vergangenheit sieht sich der Neubrandenburger Oberbürgermeister Silvio Witt (parteilos) derzeit der Kritik mehrere Fraktionen der Stadtvertretung ausgesetzt. Mehrere Ratsfrauen und -herren von CDU, Linke und AfD gingen Witt im Hauptausschuss harsch an und warfen ihm vor, sich das Thema zu eigen machen.

Schwieriger Umgang mit früherem Stasi-Gefängnis

Am 24. November ist Silvio Witt einer der Podiumsgäste in der Kirchgemeinde St. Michael, wenn zum Thema „Wie wollen wir an DDR und Stasi in Neubrandenburg erinnern“ diskutiert wird. Das missfällt offenbar einigen Parteien. Obwohl der Anstoß zum Thema aus der Stadtvertretung gekommen sei, mache es die Stadt jetzt „plötzlich zu ihrem eigenen Thema“, läutete AfD-Stadtvertreter Robert Schnell den Reigen der Kritik bei der Sitzung ein.

Der Umgang mit der einstigen Stasi-Untersuchungshaftanstalt beschäftigt die Stadtvertreter schon seit Monaten. Einige wollen den Komplex abreißen und neue Wohnungen bauen, andere präferieren die Umwandlung in eine Gedenkstätte. Die Stadt selbst wartet derzeit noch darauf, dass das Land Mecklenburg-Vorpommern überhaupt einen Kaufpreis nennt. „Sie baten uns, die Anträge zurückzunehmen, um die Verhandlungsposition der Stadt nicht zu schwächen“, griff Schnell den OB weiter an. „Nun erwecken Sie den Anschein, dass die Fraktionen keine eigenen Ideen haben.“

Oberbürgermeister Witt zunehmend genervt

Auch CDU-Fraktionsvorsitzende Diana Kuhk sowie Caterina Muth (Linke) kritisierten das Vorgehen. Man müsse diese Enttäuschung schon verstehen können, da die Stadtfraktionen dieses Thema erst aufgebracht und dann aus „nachvollziehbaren fiskalischen Gründen“ nicht mehr darüber geredet haben, sagte Muth.

Ein zunehmend genervt wirkender Oberbürgermeister wollte diese Kritik nicht auf sich sitzen lassen. Die Diskussion, an der er sich auf Anfrage beteilige, sei von der regionalen Arbeitsstelle für Bildung, Integration und Demokratie (RAA) und der Hochschule Neubrandenburg initiiert worden. „Die sind auf die Stadt zugekommen und haben angefragt, ob ich an der Podiumsdiskussion teilnehme“, betonte er.

Hat Witt das Recht auf eine eigene Meinung?

CDU-Frau Diana Kuhk wollte es dem Rathauschef jedoch nicht so einfach machen: Jetzt sei der OB in einer Diskussion zu einem Thema, über das die Stadtvertretung noch nie öffentlich diskutieren konnte – trotz guter Ideen. „Welche Meinung wird der OB denn auf der Podiumsdiskussion vertreten, wenn er die der Stadtvertretung gar nicht kennt?“, fragte Kuhk. „Ich darf, kann und muss meine eigene Meinung sagen dürfen“, gab Witt. Er nehme im Jahr etwa an 30 Podiumsdiskussionen teil und werde seine Äußerungen sicher nicht vorher mit den Stadtvertretern abstimmen, betonte er in der immer abstruser wirkenden Debatte.

Zumal es bei der Veranstaltung am 24. November nicht um eine Nachnutzung des Geländes geht, sondern eher um Geschehnisse zwischen 1987 und 1989, als das Gebäude offiziell eine Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums für Staatssicherheit war. Daher werde kein Widerspruch zu einer Beschlusssituation in Bezug auf die Nachnutzung des Geländes gesehen, wie aus dem Rathaus im Nachgang zu vernehmen war.

Die Debatte in der Hauptausschusssitzung endete dann auch eher unversöhnlich und vor allem ergebnislos. Während sich AfD, CDU und Linke am Oberbürgermeister und der Verwaltung abarbeiteten, blieb SPD und Grünen eher die Rolle des augenrollenden Zuschauers.