Hunde-Erziehung
Damit Welpen bei jedem Spaziergang etwas Neues lernen
Friedland / Lesedauer: 6 min

Lisa Gutzat
Ein kurzes Kommando von Frauchen, und schon erhebt sich Charlie aus der Sitzposition und wagt einen Sprung über die flache Backsteinmauer. Für den Welpen ist das eine Herausforderung. Doch davon lässt sich der Königspudel nicht unterkriegen. Seine Besitzerin schickt ihren treuen Begleiter ein Stück nach hinten, weg von der flachen Mauer. „Charlie komm“, ruft sie, und schon landet der Vierbeiner auf der anderen Seite des Hindernisses. Er ist der einzige der vier Welpen, der solch einen wagemutigen Sprung hinlegt.
Nicht nur für die aufgeregten Welpen gibt es wieder etwas Neues zu entdecken und zu lernen, auch auf die Halter kommt eine neue Herausforderung zu. Zum ersten Mal geht es mit dem Welpenkurs von „Steffis Hundeschule“ hinaus in eine fremde Umgebung, rein in die Stadt. Flanierende Menschen, hupende Autos, andere Hunde, ungewohnte Objekte – Aufregung pur für die Hundekinder.
Mit seinem tiefschwarzen, lockigen Fell hebt sich Charlie von den anderen ab, schreitet eben wie ein König voran. Mops Paul ist der Kleinste in der Runde. Mit seinem kleinen fülligen Körper und dem karamellfarbenen Kurzhaarfell tippelt er auf seinen kurzen Beinchen zwischen den anderen Riesenbabys. Mit seinen murmelartig herausragenden, braunen Augen, die für diese Rasse typisch sind, fällt jeder seiner Blicke auf. Direkt hinter Paul reiht sich Riesenschnauzer Oskar ein – kaum zu bändigen. Vom Hoch-und-Runter-Springen kann er gar nicht genug bekommen, erreicht im „Flug“ nahezu die Größe seiner Besitzerin. Und mitten im Gewusel läuft noch Husky Kurt mit seinem Herrchen Uwe Millermann. Mit seinem gräulich-weißen Fell kommt Kurt dem Erscheinungsbild eines Wolfes recht nah. Blickt er auf, sieht man in zwei farblich unterschiedliche Augen. Das linke kristallblau, das rechte schneeweiß.
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Königspudel will immer vorne sein
„Die Hunde sollen lernen, auch an fremden Orten und unter Ablenkung auf ihre Besitzer zu achten und zu hören“, lautet die Devise von Hundetrainerin Steffi Winter. Gesagt, getan. Allen voran Königspudel Charlie. Wenn er mal nicht vorne mitlaufen kann, gibt er das durch ein lautes Quieken direkt bekannt. „Er mag es gar nicht, hinten zu laufen, will immer vorne sein“, sagt seine Besitzerin und schmunzelt.
Paul, der Mops, macht keinen Akt aus einer Mülleimer-Übung, obwohl er kleiner als der Behälter ist – im Gegensatz zu manchem Mitschüler. Einmal mit einem Leckerli in der Hand auf den Rand gezeigt, und zack liegen seine kleinen hell-braunen Pfoten drauf – so war es auch vorgegeben. Paul ist der erste Hund an der Seite von Kursteilnehmerin Stefanie Schmidt: „Weil es mein erster ist, stand für mich von Anfang an fest, mich an eine Hundeschule zu wenden.“
Bis 2019 war Stefanie Winter Diensthundeführerin und Ausbildungswart bei der Polizei, hat mit drei Hunden erfolgreich an Landesmeisterschaften und Bundessiegerprüfungen in verschiedenen Hundesportarten teilgenommen, war mit ihrer Deutschen Schäferhündin Raisers Katana 2021 sogar für die RSV-Weltmeisterschaft qualifiziert. Danach trainierte sie die Hunde eines Züchters, bis sie ihre eigene mobile Hundeschule mit Sitz in Beseritz bei Friedland gründete. „Ich habe mir mein Wissen durch Bücher, DVDs, bei Aus- und Fortbildungen der Diensthundeschule und im Training mit anderen Hundesportlern angeeignet. Und natürlich bilde ich mich nach wie vor weiter“, sagt sie.
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Hundeschule ist auch Menschenschule
Derweil spazieren ihre Schüler durch die Straßen Friedlands. In der ruhigen Kleinstadt, wo sonst nur die Einheimischen ihren Spaziergang genießen, Familien ihren Wochenendeinkauf nach Hause tragen und außer dem durch die Gassen pfeifenden Wind kaum jemand zu sehen ist, wandert eine bunte Gruppe aus Zwei- und Vierbeinern zumeist brav durch eine für sie fremde Umgebung und verarbeitet die neuen Eindrücke.
Zwischendurch gibt‘s einige Tipps von Trainerin Steffi. „Wichtig ist, dem Hund gegenüber cool und souverän zu bleiben“, rät die 33-Jährige, während sie Übungen erklärt, die man beim alltäglichen Gassi-Gehen umsetzen kann. „Es bringt nichts, etwas vom Hund zu verlangen, wenn er aufgeregt und gestresst ist. Ruhe und Einfühlungsvermögen sind da gefragt“, fährt sie fort und hilft nicht nur den Welpen bei den Übungen, sondern zeigt auch Herrchen und Frauchen, wie schwierige Situationen erfolgreich gelöst werden können. Die Hundeschule ist für Steffi Winter gleichzeitig auch Menschenschule, wie sie immer wieder betont.
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Ein stolzer Wolf auf dem Stein
Für Husky Kurt ist der Slalomparcours durch ein paar Steinbrocken ein Klacks. Aufmerksam läuft er neben Besitzer Uwe Millermann her, während sie sich gemeinsam um die aneinandergereihten Steine schlängeln. Doch dabei soll es nicht bleiben, weshalb Kurt eine Extraaufgabe bekommt. Er soll auf einen der Steine springen. Wieder greift Uwe Millermann zu einer kleinen Belohnung, hält sie Kurt vor die neugierig schnüffelnde Nase und bewegt das Leckerli in der Futterhand langsam weg vom Hund. Und siehe da, es dauert nicht lange, und der Husky steht wie ein stolzer Wolf auf dem Stein. „Ich habe einen Blick dafür entwickelt, geeignete Objekte oder Orte zu entdecken, die ich für das Hundetraining einsetzen kann“, sagt Steffi Winter.
Zauberworte einer erfolgreichen Erziehung
Nach dem Kurs legt sie mit ihrer Schäferhündin Katana noch selbst eine Übungseinheit auf dem Parkplatz ein, von dem aus sie ihre Kursteilnehmer verabschiedet hat. „Hiiier! Fuß!“, ruft sie der sechs Jahre alten Hündin zu, und kaum eine Sekunde später sitzt die auch schon ganz nah an der linken Seite von Steffi Winter und schaut erwartungsvoll hoch. Los geht‘s. Katana passt sich dem wechselnden Tempo ihrer Hundeführerin mühelos ohne Leine an, bis sie das leise Hörzeichen „Sitz“ vernimmt. Noch nicht mal ganz ausgesprochen, setzt sich Katana auf den Boden, während Steffi Winter einfach weitergeht.
Bis das auch bei Charly, Oskar, Paul und Kurt klappt, wird es allerdings noch etwas dauern. Vorausgesetzt, es wird weiter fleißig trainiert. Und zwar mit „liebevoller Konsequenz“ wie Steffi Winter sagt. „Denn das sind die Zauberworte für eine erfolgreiche Hundeerziehung.“
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