Saisonpremiere
Das passiert bei totaler Abwesenheit der Frauen
Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

Susanne Schulz
Auf fünf Frauen voller Verve folgen fünf Männer voller Melancholie, auf einen turbulenten Mädels- ein hintergründiger Männerabend: Quasi als Gegenentwurf zum turbulenten Freilicht–Spielzeitstart mit „Stolz und Vorurteil* (* oder so)“ kommen an der Theater und Orchestergesellschaft tog nun in der ersten Schauspielhaus–Premiere der Saison die „Nachtschwärmer“ zu Wort, die in einem Pub über ihr Leben philosophieren.
Der Wirt gilt als sein bester Kunde
Nicht von ungefähr erinnert das Sujet an Edward Hoppers berühmtes Gemälde „Nighthawks“ mit drei verloren wirkenden Gästen an einem Bartresen. Tatsächlich durfte das ursprünglich unter dem Titel „Christmas“ veröffentlichte Stück in Absprache mit dem britischen Autor Simon Stephens eigens für die tog umbenannt werden: Schließlich lasse es sich „in der Kneipe das ganze Jahr über gut philosophieren“.
Wenngleich natürlich in der besinnlichen Zeit zum Jahresende die Einsamen noch einsamer, noch mehr auf sich zurückgeworfen sind, weiß Schauspieler Florian Rast. Er spielt den Wirt Michael Macgraw, dessen Kneipe schlecht und dessen Familienleben noch schlechter läuft; er gilt als sein bester Kunde.
Wie er sind auch seine letzten beiden Stammgäste „so 'n bisschen aus der Zeit gefallen“, stellt Rast fest. „Hängengeblieben“ in einer Zeit, an die sie verklärte Erinnerungen binden, säßen die Männer auf einem sinkenden Schiff; als Opfer von Veränderungen, mit denen sie nicht mithalten konnten. Das Leben des frustrierten Endzwanzigers Billy besteht aus Fußball–Leidenschaft und Gelegenheitsjobs; der verwitwete Frisör Giuseppe ringt mit der Option, nach Italien heimzukehren. Und plötzlich bringt — abgesehen von wechselnden Gelegenheitsgästen — die provokante Art des Neuzugangs Charly ordentlich Bewegung in die Schicksalsgemeinschaft.
Einer geschieden, der nächste trauernd, der dritte bei Mama zu Hause
Denn die ist alles andere als eine „testosterongeschwängerte Männergruppe“, verrät Florian Rast. Jeder habe seine eigene Geschichte zu erzählen. Die totale Abwesenheit von Frauen werde ebenfalls besprochen, aus unterschiedlichen Perspektiven: Michael, der seinen Sohn nicht sehen darf, hat da natürlich eine andere als Seppo, voller Liebe für seine verstorbene Frau, oder Billy, der immer noch bei seiner Mutter haust.

„Nachtschwärmer (Christmas)“ hat am 22. September um 19.30 Uhr Premiere im Schauspielhaus Neubrandenburg. Weitere Vorstellungen gibt es am 30. September sowie 21. und 29. Oktober; Kartentelefon 0395 5699832.
Eine Komödie im Stil des britischen Bühnen– und Filmerfolgs „Ganz oder gar nicht“ sei „Nachtschwärmer (Christmas)“ nicht; Humor und komische Momente indessen hat das Stück allemal: „Auch ernsthaftes kann leicht daherkommen, ohne wiederum platt zu werden“, lässt der Schauspieler durchblicken.
Für den 39–Jährigen beginnt mit dieser Inszenierung die zweite Spielzeit an der tog, wo er unter anderem bereits in der Komödie „Mama muss weg“, dem Shakespeare–Klassiker „Der Sturm“ und der Performance „Krieg der Bilder“ zu sehen war. Nach zehn Jahren freiberuflicher Arbeit fühlt er sich in solchem Ensemble wohl. Vor wenigen Monaten Vater geworden genießt er es zudem, „solch ein kleines Wesen um mich zu haben“, und erlebt fasziniert das Wunder, wenig Schlaf zu bekommen und sich trotzdem topfit zu fühlen.
Premiere feiert das Stück „Nachtschwärmer“ am Freitag, 22. September, um 19.30 Uhr im Schauspielhaus Neubrandenburg. Weitere Infos finden Sie hier.