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Deshalb haben Neubrandenburger Tierschützer gerade so viel zu tun

Neubrandenburg / Lesedauer: 6 min

So schlimm wie in diesem Jahr war es noch nie, sagt der Vorsitzende des Tierschutzvereins, und meint die vielen jungen Katzen, die er jeden Tag in der Stadt aufsammelt.
Veröffentlicht:22.08.2023, 19:37

Von:
  • Kai Wilhelm
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Vor einigen Tagen musste Kurt Kadow, Vorsitzender des Tierschutzvereins Neubrandenburg, wieder Hals über Kopf los. Mitten in Neubrandenburger war eine tote Katze auf dem Gehweg gefunden worden. Auf der Suche nach dem Besitzer meldete sich eine Anwohnerin über soziale Netzwerke beim Verein: Die Katze gehöre einem Nachbarn, der auch mehrere Kitten habe.

Daraufhin sah Kadow Eile geboten. Die Mutterkatze sei vermutlich vom Balkon der im dritten Stock befindlichen Wohnung gesprungen, so Kadow. Sollten die Kätzchen diese Stelle finden, würden sie versuchen, ihrer Mutter zu folgen.

„Wir kämpfen um jedes Gramm Körpergewicht“

Er alarmierte Polizei und Feuerwehr, die die Wohnung öffneten und auf dem Balkon fünf Kitten fanden, die nicht älter als drei Wochen, also noch auf die Milch der Mutter angewiesen waren. Mittlerweile befinden sich die fünf Kleinen im Schutz des Vereins. „Wir kämpfen um jedes Gramm Körpergewicht“, sagt Kadow.

In diesen Tagen klingelt sein Telefon noch häufiger als sonst. Vor allem seien es junge Katzen, die er und seine ehrenamtlichen Mitarbeiter im Raum Neubrandenburg aufsammeln und im Katzenhaus des Tierschutzvereins unterbringen würden. Dies sei im Sommer regelmäßig der Fall, von Jahr zu Jahr würden es mehr.

Denn viele Katzenhalter, deren Mutterkatzen im Mai Kitten warfen, stellten nun fest, dass kleine Katzen Geld kosteten. Daraufhin würden die Kätzchen im Internet angeboten werden. Doch große Verkaufsplattformen wie Ebay setzen da Grenzen, weiß der Tierschützer. Sollten die Verkäufer nicht lizenziert sein, werde die entsprechende Anzeige gelöscht. Auch der Tierschutzverein Neubrandenburg nutze Ebay bei der Vermittlung von Katzen, jedoch nicht, ohne etwaige Interessenten vorher zu überprüfen.

Einen erheblichen Teil ihrer Arbeit widmen Kadow und seine größtenteils ehrenamtlichen Mitstreiter der Suche nach entlaufenen Katzen. Sobald ein Katzenbesitzer um Hilfe bittet, würden erst einmal die zahlreichen Futterstellen in ganz Neubrandenburg geprüft. „So konnten wir auch durch die Unterstützung der Neubrandenburger Bürger schon Katzen noch zwei Jahre nach einer Vermisstenmeldung wieder zu ihren Besitzern bringen“, berichtet Kadow. Auch dem Tierschutzverein seien schon Tiere entlaufen, zum Beispiel ein Kater, der sich allerdings nach einer Woche wieder selbstständig einfand. Die Tiere wüssten, wo es ihnen gut ginge, wo sie Schutz und Futter fänden, sagt Kadow.


Besonders zeit– und kostenintensiv seien die Fahrten zum Tierarzt nach Neustrelitz. Dort, sagt Kadow, sei er in der vergangenen Woche an vier von fünf Tagen mit mehreren Katzen hingefahren. Insgesamt benötigt der Tierschutzverein, der sich ausschließlich über Spenden finanziert, nach eigenen Angaben jährlich etwa 25. 000 Euro, davon seien der Viertel allein Tierarztkosten. Zwar erhalte der Verein einen Nachlass beim Tierarzt, jedoch stellten die Kosten für die Behandlung der Tiere, besonders nach einer kürzlichen Erhöhung der Pauschalpreise, eine finanzielle und logistische Herausforderung dar. Geldspenden seien deswegen die beste Möglichkeit, den Verein und seine Arbeit zu unterstützen. Aber auch Sachspenden wie Kratzbäume oder Streu seien durchaus hilfreich.

Rücksichtslosigkeit mancher ist schockierend

Nicht nur Katzen, sondern auch Vögel, Hunde und andere Tiere wurden durch den Verein nach eigenen Angaben schon gerettet. Vor kurzem las Kadow ein Nest auf, das durch starken Wind vom Baum geweht wurde. In ihm fanden sich drei Mehlschwalbenküken. Diese erhielten Obhut bei einem Ornithologen in Rente. Kadow kann in solchen Fällen auf Kontakte zu vielen Unterstützern des Vereins bauen. Sollten Vögel nicht sofort weitergegeben werden können, bietet der Tierschutzverein eine Vogelvoliere. Für einen Bussard, der gegen eine Scheibe geflogen war, kam jedoch kürzlich jede Hilfe zu spät.

Schockierend ist für die Tierschützer immer wieder die Rücksichtslosigkeit mancher Menschen. So sei man zum Beispiel vor kurzem zu einem Parkplatz in Neubrandenburg gerufen worden. Anwohner hatten aus dem Motorraum eines Autos die Schreie einer Katze vernommen. Diese konnte man lebend bergen, jedoch im schlechten Zustand.

Katzen–Interessenten sollten wissen, was sie tun

Nach jeder Rettung einer Katze versucht der Verein, die Tiere an geeignete Besitzer zu vermitteln. Dafür stellen zwei ehrenamtliche Mitarbeiterinnen Bilder der Tiere ins Netz oder rufen Interessierte an. Wer eine Katze erwerben möchte, kann den Verein nach einer Terminvereinbarung in der Bergstraße 27 besuchen, um sich die Katzen direkt im Verein anzuschauen.

Jedoch sollten sich Interessenten auf Bitten des Tierschutzvereins gut überlegen, ob man sich eine Katze zulegen möchte. „Eine Katze kann bis zu 20 Jahre alt werden. Gerade wenn Kinder sich eine Katze gewünscht haben und dann in der Jugend das Interesse am Tier verlieren, sollte die Katze nicht darunter leiden müssen, indem man sie wieder abgibt“, mahnt Kurz Kadow.

Hans-Jürgen Schwanke überreicht eine Spende an Kurt Kadow vor dem "Miezhaus" des Tierschutzvereins. (Foto: Kai Wilhelm)

Kitten würden nur zu zweit abgegeben, so gehe man sicher, dass die Tiere nicht unter Langeweile leiden und einen Gefährten hätten. Für jede Katze, die vermittelt wird, erhebt der Verein eine Vermittlungsgebühr von 100 Euro, um so die angefallenen Futter– und Tierarztkosten zu decken. „Eine nicht–kastrierte Katze kostet ungefähr 150 Euro, ein Kater etwa 100. Die Abgabegebühr dient auch als Indikator für die Eignung als Tierhalter. Wer sich die Gebühr finanziell nicht leisten kann oder will, könnte auch die möglicherweise anfallenden Tierarztkosten nur schwer stemmen.“, erklärt Kadow.

Einige Bewohner sind schwer zu vermitteln

Leider seien nicht alle älteren Katzen so leicht zu vermitteln, wie es die Kitten sind, erklärt Kadow. Besonders Katzen mit einer schweren Vorgeschichte, die ein körperliches oder in Ausnahmefällen auch geistiges Leid mit sich trügen, seien oft nicht zu vermitteln. So zeigt Kadow eine schwarze Katze, deren Augen operativ entfernt wurden, nachdem diese so entzündet waren, dass der Tierarzt keine andere Möglichkeit sah.

In mehreren voneinander getrennten Bereichen des „Miez–Hauses“, das der Tierschutzverein betreibt, finden zurzeit um die 30 Katzen eine, sofern sie keine geeigneten Besitzer finden, letzte Bleibe. Damit stößt der Tierschutzverein an seine gesetzlich erlaubten Kapazitäten. Denn mehr als dreißig Tiere darf der Verein nicht beherbergen. „Zum Glück zählen Kitten nicht dazu, sonst hätten wir bereits jetzt ein Problem.“, berichtet Kadow.