„Ravensburg“
Die größte Lüge des Neubrandenburger Stadtjubiläums
Neubrandenburg / Lesedauer: 2 min

Simon Voigt
Als Herbord von Raven im Jahr 1248 in den Norden kam, musste er ja irgendwo unterkommen. Lange vermutete man, dass der erste Sitz des Stadtgründers von Neubrandenburg eine Burg war, die heute an der Stadtgrenze im Osten in Richtung Ihlenfeld liegt. Also nannte man diese Burg „Ravensburg“ und der Name hält sich bis heute.
Aber er stimmt nicht, wie schon längst bekannt. Bei der Anlage handelt es sich um einen slawischen Burgwall, wie archäologische Untersuchungen belegt haben. Laut der unteren Denkmalschutzbehörde der Stadt wurde dieser vermutlich im 7. Jahrhundert errichtet – also rund 500 Jahre vor Herbord. Im 9. Jahrhundert wurde die Burg zerstört und nicht wieder aufgebaut. Bis dahin war die Anlage ständig bewohnt und vermutlich das Zentrum eines 200 Quadratkilometer großen Burgbezirkes mit 30 Dorfstellen.
Lieber lästern statt loben
All diese Bedeutung geht natürlich unter, wenn die Anlage einen falschen Namen trägt. Das Problem ist, dass die Slawen abgesehen von solchen Wällen in der Region vor allem Scherben hinterlassen haben. Schriftliche Quellen gibt es meist nur über sie, aber nicht von ihnen. Notiert von den späteren Christen, als sie das Land zwischen Oder und Elbe besiedelten. Und da kann man sich nicht darauf verlassen, dass sie immer nett über ihre Vorgänger schrieben. Immerhin haben sie sich schon, wie in diesem Fall, ihre Hinterlassenschaften im Kolonialstil angeeignet.
Im 775. Jahr der Stadtgründung sollten sich die Menschen also auf einen neuen Namen für die sogenannte Ravensburg besinnen. Wie wäre es einfach mit Slawenburg? Der richtige Name dieser Anlage ist nicht überliefert, der neue Name wäre wenigstens ein Stück näher an der Wahrheit. Oder vielleicht gleich Slawinnenburg? Schließlich ist nicht viel darüber bekannt, wie die Gemeinschaft dort funktioniert hat. Nach Jahrhunderten der Ignoranz ist die Zeit für ganz neue Wege gekommen.