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Nachruf

Dienstältester Stadtvertreter von Burg Stargard gestorben

Burg Stargard / Lesedauer: 4 min

Dieter Lips kam als Offizier der Bundeswehr nach der Deutschen Einheit in die Seenplatte – und blieb. Wie jetzt bekannt wurde, starb der engagierte Kommunalpolitiker Ende 2022.
Veröffentlicht:21.01.2023, 08:47

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„West-Offizier mit Herz für den Osten“. Diese Überschrift trug ein Beitrag des Nordkurier über den Burg Stargarder Dieter Lips, der im Februar 2020 erschien. Die damalige Titelzeile könnte für seinen Nachruf auch gelten: Denn Dieter Lips, der ehemalige „West-Offizier“, hat den Osten und insbesondere die Seenplatte in sein Herz geschlossen. Erst jetzt wurde bekannt, dass der dienstälteste Stadtvertreter von Burg Stargard nach langer schwerer Krankheit am 25.  Dezember gestorben ist.

Ein streitbarer Geist, der oft nachhakte

Seit 1999 war Dieter Lips Stadtvertreter. Nicht nur die 23 Jahre im ehrenamtlichen kommunalpolitischen Dienst beeindrucken, sondern insbesondere auch die Art und Weise, wie er seine Wahlfunktion ausübte. Lips war ein streitbarer Geist, hakte oft nach und ließ die Dinge ungern auf sich beruhen. „Hier ist jetzt unsere Heimat. Ich möchte, dass Burg Stargard weiterkommt“, beschrieb er vor knapp drei Jahren seine Motivation.

Dieter Lips wurde 1944 in Schlesien, heute Polen, geboren. Er war noch ein Baby im Kinderwagen, als die Familie nach Saarstädt bei Hannover floh. Nach einer Lehre als Groß- und Außenhandelskaufmann folgte 1964 der Dienst bei der Bundeswehr. Der Truppe blieb er treu, zog als Offizier mit seiner Frau Heidrun sowie der Tochter und dem Sohn von Standort zu Standort. Er war das ständige Umziehen gewohnt, vielleicht zögerte er auch deshalb im Sommer 1990 nicht, in den Osten zu gehen. Verbindungen in die DDR gab es auch schon vor der Wende. Seine „halbe Sippe“ wohnte in Sachsen, wie er sagte. Seine Frau Heidrun war in Werdau aufgewachsen und 1960 nach dem Abitur in den Westen übergesiedelt.

In Burg Stargard erstmals zuhause gefühlt

Am 8.  Oktober 1990 trat Dieter Lips seinen Dienst beim Nachrichtenregiment  5 in Neubrandenburg an. „Ich bin zehn Mal durch die Stadt gefahren, ehe ich die Einheit gefunden habe“, erinnerte er sich. Die Auflösung der Nationalen Volksarmee (NVA) war insbesondere für die Offiziere und Zeitsoldaten aus der DDR oft mit vielen schmerzhaften Gefühlen belastet. Lips sah das Thema eher nüchtern. Für eigene Emotionen sei damals keine Zeit gewesen. Er habe Offizieren und Unteroffizieren klargemacht, dass sie keine Übernahmechancen hätten, wenn sie mit der Staatssicherheit verstrickt gewesen seien.

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Ursprünglich sollte er nur einige Monate im Osten bleiben. Doch dann wurde sein Einsatz in Neubrandenburg immer wieder verlängert. 1994 beantragte er die vorzeitige Pensionierung, schied aus der Bundeswehr aus. „Als Soldat hatte ich nie eine Heimat. Deshalb stand die Frage, wo wir uns nun ansiedeln?“, schilderte er im Porträt von vor drei Jahren die damalige Situation. Mit seiner Frau fuhr er im Rahmen einer Silberhochzeits-Reise all seine Bundeswehr-Standorte ab. „Wir fühlten uns überall nicht zuhause.“ Außer in Burg Stargard, wo sich die Familie ein Häuschen gebaut hatte.

Krankheit konnte politisches Engagement bis zuletzt nicht bremsen

Mit dem Ruhestand hatte er endlich wieder Zeit für seine Hobbys: das Wandern und die Ornithologie. Ein neues „Hobby“ kam hinzu, die Kommunalpolitik. Seit 1999 war der Christdemokrat Mitglied der Stadtvertretung Burg Stargard. Doch 2007 überwarf er sich mit seiner Fraktion. Lips zeigte sich unerbittlich, was die Stasi-Mitarbeit eines führenden Mitarbeiters des Amtes betraf. Er trat aus der Fraktion aus und musste auch die CDU verlassen – nach 37 Jahren Mitgliedschaft. Lips machte aber weiter, erst als Einzelbewerber und später als Mitglied einer Wählergruppe.

Die nannte sich nicht umsonst „Wählergruppe Stargard 2030“. So lange wollte Dieter Lips eigentlich noch mitwirken an den politischen Diskussionen in der Kleinstadt. Schon seit einigen Jahren war er gehandicapt, angewiesen auf einen Rollator und zusätzlichen Sauerstoff. Wenn es aber um Ausschuss- oder Stadtvertretersitzungen ging, ließ er sich bis zuletzt nicht aufhalten, sagt Heidrun Lips. „Er hat trotzdem weitergemacht“, hebt auch Ulf Gohrs (CDU), hervor, der Lips seit 2014 aus der gemeinsamen Arbeit in der Stadtvertretung kennt. Auch wenn man nicht immer einer Meinung war, seien es immer „vernünftige Diskussionen“ gewesen, sagt Gohrs. „Das ging nie unter die Gürtellinie.“

Die Trauerfeier für Dieter Lips findet am 26.  Januar um 11  Uhr in der St. Johanneskirche Burg Stargard statt.