Menschen in Not
Diese Seenplatte-Tafeln haben immer mehr Zulauf
Demmin / Lesedauer: 5 min

Anke Krey
Wenn das Geld hinten und vorn nicht ausreicht, und sogar das tägliche Brot knapp ist, dann hilft die Tafel weiter. In vielen Städten sorgen Ehrenamtler dafür, dass die Teller nicht leer bleiben. Die Tafel in Demmin beispielsweise besteht seit 2002, und sie betreut Ausgabestellen auch in Jarmen, Tutow, Loitz, Schönfeld und Beggerow. Gut 750 Familien erhalten dort regelmäßig Lebensmittel, sagt Manuela Zeidler. Dazu kommen noch 60 bis 70 Familien, die aus der Ukraine geflohen sind, so die stellvertretende Leiterin der Tafel: „Wir weisen keinen ab, der in Not ist.“
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In Altentreptow werden 55 Haushalte durch die Tafel versorgt – zwei Drittel davon seit Jahren regelmäßig, schätzt Thoralf Gehrke, Geschäftsführer des Volkssolidarität Kreisverbandes AL.DE.MA. e.V. „Durch den Ukraine-Krieg sind es mehr geworden.“ Die Tafel in Altentreptow ist eine Einrichtung der Volkssolidarität, in Demmin hingegen fungiert das Kreisdiakonische Werk Greifswald e.V. als Träger.
Preissteigerungen spüren die Tafeln doppelt
Die Inflation sowie die steigenden Energiepreise spüren die Tafeln gleich doppelt: „Zu uns kommen mehr Leute, die Nachfrage hat sehr zugenommen“, sagt Manuela Zeidler. „Zum Monatsanfang geht es immer noch. Nach der zweiten Woche werden die Schlangen dann länger. Und in der Weihnachtszeit wird es wahrscheinlich noch schlimmer.“
Auch die Demminer Tafel selbst hat nun erheblich höhere Kosten, denn die Kühlzellen brauchen Strom, und Fahrzeuge müssen betankt werden. Und die Supermärkte haben ihr Angebot angepasst; oft können sie nicht mehr so viele Lebensmittel abgeben. „Aber es geht immer noch“, meint Zeidler, „andere Tafeln können nicht mehr jede Woche öffnen.“
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Die Tafel in Altentreptow öffnet ihre Ausgabe in der Schulstraße donnerstags von 12 bis 14.15 Uhr. „Die Räumlichkeiten haben wir von der Stadt gemietet“, erläutert Thoralf Gehrke. „Sie eignen sich für die Tafel sehr gut.“ Die Stadt unterstützt die Arbeit der Tafel zudem finanziell, ebenso wie die Volkssolidarität. Dort gibt auch der Landesverband Geld, sagt Gehrke: „Wir tragen soziale Verantwortung.“
Helfer holen die Waren mit einem Transporter ab
Lebensmittel erhält die Tafel überwiegend aus Altentreptow, berichtet der Geschäftsführer – von Discountern, der Torney Landfleischerei Pripsleben, dem Käsewerk, aber auch von Speditionen, deren Kunden Sendungen mit beschädigter Verpackung oftmals zurückweisen. Zwei ehrenamtliche Helfer holen die Waren mit dem Transporter ab. Die Tafel-Kunden wiederum zahlen dafür dann jeweils 1,50 Euro – „ein kleiner Obolus“, meint Gehrke, „aber wichtig. Denn was nichts kostet, das ist nichts wert.“
Die Demminer Tafel holt Lebensmittel bei vielen Märkten in der Umgebung ab, so Zeidler. Bäcker geben Backwaren, und von Tafelgärten sowie der LEG Rosenow bekommt die Tafel Äpfel, Möhren und Zwiebeln. Unterstützung gibt es zudem von anderen Tafeln, beispielsweise in Hamburg und Berlin, Waren und Neubrandenburg. Die Ehrenamtler fahren viele Kilometer, damit genügend zu verteilen ist.
Drei Transporter mit Kühlung hat die Demminer Tafel – aber derzeit ist einer leider kaputt: „Motorschaden“, seufzt Manuela Zeidler. „Die Reparatur wird mehrere tausend Euro kosten. Das tut uns richtig weh, denn wir brauchen das Auto.“ Mit Engagement allein sind solche Probleme nicht zu lösen. Deshalb freut sich die Tafel über Spenden von Unternehmen aus der Region, wie Eon Edis oder die Sparkasse, so Zeidler: „Von der Stadt wünsche ich mir mehr Unterstützung.“
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Wer das Angebot der Tafeln nutzen möchte, der muss zunächst nachweisen, dass er wirklich bedürftig ist. Nachdem die Mitarbeiter dies geprüft haben, notieren sie auch, wieviel Erwachsene und wieviel Kinder zum Haushalt gehören. Die Demminer Tafel kassiert bei der Ausgabe zwei Euro pro Beutel. Das ist nicht viel, aber es hilft mit, den Dienst der Tafel für die Allgemeinheit zu finanzieren.
Getragen wird die Arbeit der Tafeln vor allem von den vielen Ehrenamtlichen, wie Simone Burr. Sie bekommt selbst Hartz IV, und hilft schon seit 2016 bei leichten Arbeiten: „Obst sortieren, Brot einräumen, Süßigkeitenbeutel packen“, erzählt sie. „Ich finde es gut, zu helfen. Und es macht mir auch Spaß. Ich muss nicht den ganzen Tag zu Hause sitzen.“
Ehrenamtler starten morgens um 8 Uhr
„Kraftfahrer, Beifahrer, Lebensmittel sortieren“, beschreibt Heike Backhaus-Wienke ihre wichtigsten Aufgaben: „Jede helfende Hand zählt!“ Die Ehrenamtler starten morgens um 8 Uhr, wenn sie Märkte anfahren und Lebensmittel abholen. „Doch es ist bedeutend weniger geworden, was die Märkte abgeben“, hat sie beobachtet. „Und es wird auch alles teurer. Den Leuten fehlt das Geld.“
Mit dem Thema Tafel habe sie sich nie beschäftigt, berichtet Backhaus-Wienke. „Ich bin eigentlich Schausteller, aber dann war ich plötzlich Hartz IV durch Corona.“ Mittlerweile läuft das Geschäft wieder, doch bei der Tafel hilft sie immer noch, wenn es die Zeit erlaubt. Denn viel persönlicher Einsatz ist notwendig, um Menschen in Not zu helfen, stellt sie fest. „Leider sieht man hier nur graue Köpfe; die Jugend macht sich rar – das finde ich traurig. Es wäre schön, wenn mehr Leute mit zupacken“, unterstreicht Heike Backhaus-Wienke. „Wenn man will, ist überall ein Weg.“