Dieses Paar zeigt, dass Tanzen jung hält und glücklich macht
Neubrandenburg / Lesedauer: 4 min

Susanne Schulz
Nächsten Monat werden Schneiders noch einmal dorthin reisen, wo alles angefangen hat: Im sächsischen Pirna haben sich die Torgauerin Frieda und der aus Ostpreußen stammende Manfred vor mehr als 65 Jahren kennengelernt. Und zwar beim Tanzen, erzählen die beiden mit leuchtenden Augen von einer Leidenschaft, die sie noch heute verbindet.
Jeden Mittwoch kommen sie ins Tanzhaus Neubrandenburg, zum Kurs von Tanzpädagogin Karin Schmidt, der gerade zum ersten Mal „seit Corona“ wieder in voller Besetzung stattfinden konnte. Und endlich konnte Friedel Schneider als Älteste im Bunde da in großer Runde anstoßen auf ihren 90. Geburtstag, der schon ein halbes Jahr zurück liegt.
Herausforderung für Körper und Geist
Aber diese Zahl kann sich sowieso niemand vorstellen, der der agilen Frau begegnet. Sollte es noch eines Beweises bedürfen, wie jung und lebendig das Tanzen hält: Hier sind die Schneiders!
Zwar plagen den 87-jährigen Manfred einige Knieprobleme. Den Garten hat das Ehepaar daher im Herbst schweren Herzens aufgegeben. In ihren Sportgruppen beim SCN jedoch bleiben die beiden aktiv, und beim Tanzen erst recht. Sie schwören auf die Wirkung für den Körper wie für den Geist – schließlich fordern die Choreografien auch das Gedächtnis heraus.
Die Wiederholung macht’s!
„Wir haben ja -zig Tänze“, macht Frieda Schneider deutlich. Einen Trick, sich die Schrittfolgen zu merken, habe sie nicht: Die Wiederholung macht’s! Und das gelingt ihr sogar besser als manchen Jüngeren, stellt Kursleiterin Karin Schmidt fest und holt die 90-Jährige gleich mal nach vorn, um die flotten Kombinationen zum Italo-Schlager „Mamma Maria“ vorzutanzen.
Überhaupt versteht die Tanzpädagogin, ihre bis zu 30-köpfige Schar in Schwung zu bringen mit einer Musikauswahl von Pop bis Bossa Nova, von Walzer bis Country. Getanzt wird mal als Formation vorm großen Ballettspiegel, mal im Kreis, mal in Vierer-, Sechser-, Achtergruppen oder auch als Paar.
Erinnerungen an Seniorentanztees
Letzteres tun Schneiders natürlich am liebsten miteinander. Schließlich sind sie ein eingespieltes Duo seit damals in Pirna, wo sie zur Kindergärtnerin ausgebildet wurde und er die Offiziersschule der Kasernierten Volkspolizei besuchte. „Da waren zum Tanzen ja Mädchen gefragt, wir angehenden Kindergärtnerinnen ebenso wie die ,Karbolmäuse‘, also Krankenschwestern“, erinnert sich Friedel Schneider lebhaft an Zeiten, als es jede Woche „Schwof“ gab.
Heute sind derlei Gelegenheiten rar geworden, bedauern die Eheleute, die sehnsüchtig auch an die bis vor einigen Jahren in Neubrandenburg zelebrierten Seniorentanztees zurück denken. Oder an die Schiffsreise, während der sie die angebotenen Kurse besuchten. Tanzstunden aber brauchten sie nie, um sich mit Tango, Jive oder Cha-Cha-Cha vertraut zu machen.
Manfred ist der einzige Tanz-Mann
Manfred Schneiders Armee-Beruf hatte die Familie vor Jahrzehnten in den Nordosten verschlagen; mittlerweile leben Kinder, Enkel und Urenkel in ganz Deutschland verstreut. Hier in Neubrandenburg aber sind Friedel und Manfred Schneider heimisch geworden, haben ihre Freunde, ihre Hobbys und natürlich ihre Tanz-Truppe – in der der 87-jährige Manne sich derzeit „allein unter Frauen“ behauptet. Möglicherweise bekommt er bald Verstärkung; gerade hat sich ein Ehepaar nach dem Kurs erkundigt und auch schon die ersten Schritte mitprobiert.
Mit diesem Angebot für die „reifere Jugend“ – die jüngsten Teilnehmer sind gerade 50 – bedient die Neubrandenburger Einrichtung ein Interesse, das auch andernorts immer mehr Zuspruch findet. Auch im Tanzhaus Neustrelitz, der Kulturschule Malchin oder in diversen Sportvereinen der Region geht es längst nicht nur um Trainingsgruppen mit Ziel von Auftritts- oder Wettkampferfolgen, sondern ebenso um Angebote für alle, die Freude an Bewegung und an Gemeinschaft haben. Schneiders jedenfalls werden diese Möglichkeit „genießen, so lange wir können“, verspricht Friedel, die gar nicht so recht in Worte fassen mag, was die Freude am Tanzen ausmacht: „Ich bin einfach glücklich hier.