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Abschlussprüfungen

Pflegekräfte in Vorpommern und der Seenplatte gesucht – wie steht's um die Azubis?

Neubrandenburg / Lesedauer: 5 min

Nach einer Lehrzeit unter Corona–Bedingungen steuert der erste Jahrgang der generalistischen Pflegeausbildung nun auf die Abschlussprüfungen zu. Die Bilanz fällt durchwachsen aus.
Veröffentlicht:29.03.2023, 07:07

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Aller schwierigen Dinge sind drei für die angehenden Pflegefachleute, die in den nächsten Monaten ihre Ausbildung erfolgreich zu Ende bringen und ins Berufsleben wechseln wollen. Erlebten sie doch als erster Jahrgang der generalistischen Pflege-Ausbildung, in der 2020 die vorherigen Ausbildungsgänge der Gesundheits– und Krankenpflege, Kinderkrankenpflege sowie Altenpflege zusammengeführt wurden, wie sich neue Strukturen erst einspielen müssen; absolvierten sie zudem ihre Lehrzeit weitgehend unter Corona–Bedingungen, die in den Gesundheitseinrichtungen mit erschwerten Arbeitsbedingungen und mehr Patienten bei weniger Personal besonders gravierend zu Buche schlugen. Hinzu kam auf den letzten Metern noch die Ungewissheit, durch Fehlzeiten oder zu wenig Praxisanleiterstunden könnten Prüfungszulassungen gefährdet sein. 

Nur einmal nicht ausreichend Stunden gesammelt

Täglich gehen beim Landesprüfungsamt für Heilberufe nun Anträge auf Zulassung zu den im Juni beginnenden Sommerprüfungen ein, bestätigt das Schweriner Gesundheitsministerium. Für die bereits im Februar angesetzten Prüfungen seien von 38 Anträgen 31 bewilligt worden. Bei sechs Bewerbern hätten die Schulen keine regelmäßige Teilnahme an den Ausbildungsveranstaltungen bescheinigen können; nur in einem Fall liege die Ablehnung darin begründet, dass der vorgeschriebene Anteil von Praxisanleiterstunden nicht erreicht wurde.

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Diese Zeiten unter Betreuung von Fachkräften mit einer berufspädagogischen Zusatzqualifikation müssen mindestens zehn Prozent der insgesamt rund 2500 Praxis–Stunden während der Ausbildung ausmachen und auch in jedem der verschiedenen Einsatzbereiche wie Akut–, Langzeit– und Kinderkrankenpflege nachgewiesen werden. Schon vor einigen Wochen hatte der Nordkurier über die Sorge junger Leute berichtet, dass durch die hohe personelle Belastung der Kliniken während der Pandemie nicht genügend Praxisanleiterstunden dokumentiert seien. 

Fehlzeiten und „Abbruchquote“

Ein solches Szenario indessen hat sich nicht bestätigt. Wenn Prüfungszulassungen gefährdet oder bereits verwehrt seien, liege das an zu hohen Fehlzeiten während der praktischen oder auch theoretischen Ausbildung, heißt es aus den Krankenhäusern der Region. „Fehlende Praxisanleitungszeiten als Grund gibt es nicht“, betont das Dietrich–Bonhoeffer–Klinikum Neubrandenburg. Wohl aber sei für einen Teil der Schüler abschätzbar, dass mehr als zehn Prozent Fehlzeiten der Prüfung im Wege stünden — wobei das Landesamt übrigens für Ausfallzeiten, die durch Quarantänebescheide des Gesundheitsamtes begründet sind, Härtefallregelungen ermöglicht.

„Wer nicht zugelassen wird, kann die Ausbildung verlängern, wer durchfällt, die Prüfung wiederholen“, heißt es aus dem Klinikum, „das ist viel wert.“ Auch das Müritz–Klinikum Waren verweist auf Verlängerungsoptionen und individuelle Unterstützungsmöglichkeiten. Schließlich hoffen die Krankenhäuser dringlich auf baldige neue Fachkräfte in der Pflege. Zumal ohnehin weniger junge Leute die Ausbildung beenden werden, als sie vor drei Jahren begonnen haben. Von ursprünglich 21 Azubis am Müritz–Klinikum werden voraussichtlich 17 die Prüfung ablegen. Im Dietrich–Bonhoeffer–Klinikum sind von einst 69 Auszubildenden noch 55 dabei. Im DRK–Krankenhaus Teterow hatten von acht Azubis zwei noch während der Probezeit wieder aufgehört, von den ursprünglich sechs Startern in Neustrelitz setzte eine umzugsbedingt die Ausbildung andernorts fort. In den Ameos–Kliniken in Ueckermünde und Anklam haben von ursprünglich 25 jungen Leuten neun vorzeitig aufgehört, sieben davon zum 2. Lehrjahr. „Das entspricht der allgemeinen aktuellen Abbruchquote in der Pflege“, sagt Pressesprecher Knut Pilz. 

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Wer nun den Abschluss schafft, sei als Pflegefachkraft „sehr willkommen“, kündigt Pilz an. Auch das Neubrandenburger Klinikum und das zur Mediclin–Gruppe gehörende Haus in Waren wollen ihren Absolventen eine berufliche Perspektive bieten. Die DRK–Krankenhäuser wollen voraussichtlich in Teterow vier von sechs, in Neustrelitz drei der fünf Absolventen übernehmen. 

Riesenaufwand für Dokumentationspflichten

Abgesehen von Pandemie–Erschwernissen und Abbrecherzahlen fällt die inhaltliche Bilanz des reformierten Ausbildungsganges durchwachsen aus. „Der Ausbildungsweg wurde einheitlicher und die Ausbildung bietet den künftigen Pflegefachkräften mehr Möglichkeiten in ihrer beruflichen Karriere, unter anderem auch durch die international vergleichbare Anerkennung des Abschlusses“, stellt etwa Ameos–Sprecher Knut Pilz fest. „Es ist eine sehr anspruchsvolle Ausbildung, sowohl körperlich als auch geistig“, heißt es aus dem Bonhoeffer–Klinikum Neubrandenburg. Hinzu komme der Wechsel der Lernorte in verschiedenen „Settings“, weg vom Träger der Ausbildung, etwa auch in Altenheimen oder Pflegediensten. Alles müsse exakt dokumentiert werden. „Das alles ist sehr herausfordernd, aber auch sehr lohnenswert.“

Der „immens hohe Dokumentationsaufwand“ ist auch für Beatrice Tschorn, Pflegedienstleiterin im DRK–Krankenhaus Neustrelitz, ein zentraler Kritikpunkt: „Unsere Praxisanleitenden müssen für diese Aufgaben noch einmal die gleiche Zeit aufwenden wie für die praktische Anleitung“, verdeutlicht sie. Generell sei der Stellenwert der Praxisanleiter stark gestiegen: „Sie sind die wichtigsten Akteure beim Erwerben der praktischen Kompetenzen.“

Kritik und Erfahrung für bessere Ausbildung nutzen

Erst recht bei der Herausforderung, für eine „neue“ Pflegeausbildung die Inhalte und Bedingungen neu zu strukturieren und zu entwickeln, ohne auf fundierte Erfahrungen anderer zurückgreifen zu können. Die generalistische Ausbildung sei wesentlich breiter aufgestellt als ihre Vorläufer, müsse jedoch in derselben Zeit absolviert werden. „Das bedeutet natürlich, dass vieles nur exemplarisch gelehrt wird“, stellt Beatrice Tschorn fest. Schwerpunkte verschöben sich mehr in den originären Pflegebereich, medizinische Grundlagen und Aufgaben der Behandlungspflege stünden weniger im Fokus. Das erfordere anschließend etwa noch ein Jahr spezialisierte Einarbeitung und Fortbildung, schätzt die Fachfrau ein und erwartet, „dass die kritischen Rückmeldungen und Erfahrungen der Pflegeschulen und Praxiseinrichtungen aufgegriffen und genutzt werden, die Pflegeausbildung weiter zu gestalten und zu verbessern“.