Gewaltverbrechen
▶ Entsetzen über Mord an Joel (6) – Polizei findet Messer
Neubrandenburg / Lesedauer: 5 min

Ein grausames Verbrechen verstört die Menschen im Osten Mecklenburgs: In Pragsdorf bei Neubrandenburg ist ein sechs Jahre alter Junge erstochen worden. Das ergab die rechtsmedizinische Untersuchung am Freitag, wie eine Polizeisprecherin sagte. Der Leichnam des kleinen Joel wies mehrere Verletzungen auf, die von einem - noch unbekannten - Stichwerkzeug herrührten.
Polizei findet Messer
„Die Polizei ermittelt wegen Totschlags und geht dabei mehreren Ermittlungsansätzen nach“, sagte der Sprecher der Neubrandenburger Staatsanwaltschaft, Tim Wischmann, am Nachmittag. Bislang sei noch kein Tatverdächtiger ermittelt worden.
Am Abend teilte die Staatsanwaltschaft Neubrandenburg mit, dass die Polizei um den Fundort der Leiche ein Messer entdeckt habe. Dieses werde nun kriminaltechnisch untersucht. Ob es sich um die Tatwaffe handele, sei offen, so Staatsanwalt Wischmann gegenüber der Ostsee-Zeitung.
Feuerwehrleute bargen den leblosen Körper
Der Leichnam des kleinen Joel war am Donnerstagabend in einem Gebüsch in der Nähe eines Bolzplatzes an einem See von Feuerwehrleuten mit „massiven Verletzungen am Oberkörper“ gefunden worden. Sofort eingeleitete Wiederbelebungsversuche von Medizinern und ein schneller Transport in eine Klinik blieben erfolglos. Die Ärzte konnten das Leben des Kindes nicht retten.
Joels Eltern hatten den Sechsjährigen am Donnerstag wie häufig zum Spielen ins Dorf gelassen. Das Kind wurde dann als vermisst gemeldet, weil er nicht wie vereinbart wieder nach Hause gekommen war und erste Suchaktionen erfolglos geblieben waren. Die Vermisstenmeldung war laut Polizei kurz vor 20.00 Uhr eingegangen. Beamte umliegender Reviere und Bereitschaftspolizisten hätten den Bereich in Pragsdorf sofort durchsucht, sagte eine Polizeisprecherin. Bereits gegen 21.00 Uhr wurde dann der leblose Junge von Feuerwehrleuten gefunden.
Laute Stimmen auf dem Bolzplatz – ein Hinweis auf die Tat?
In Pragsdorf an der Bundesstraße 104 leben nur 580 Menschen und laut dem Bürgermeister Ralf Opitz vergleichsweise viele Kinder. „Ich hatte mich auch an der Suche beteiligt - bis die Kameraden den schrecklichen Fund gemacht haben“, sagte der 54-Jährige. Im Gespräch mit dem Nordkurier schilderte Opitz, was am Freitag in dem Dorf vor sich ging.

Ob der Fundort auch der Tatort ist, darauf wollte sich Staatsanwalt Wischmann noch nicht festlegen. Anwohner berichteten aber, dass sie am Donnerstag laute Stimmen am Bolzplatz gehört hätten, die möglicherweise von einem Streit herrühren könnten. Am Fundort konnte die Polizei laut Wischmann viele Spuren sichern.
Hohe Anteilnahme aus ganz Deutschland
Das Gelände war noch am Freitag weiträumig mit rot-weißem Flatterband abgesperrt. Polizisten und Helfer suchten nach einer Tatwaffe und anderen Beweisstücken. In der Nähe des Sees kam dabei auch ein Metalldetektor zum Einsatz. Auch Taucher rückten an – bisher aber ohne Erfolg, hieß es. Am Nachmittag wurden Suchketten mit je 25 Beamten gebildet. Sie streiften mit langen Eisenstangen systematisch die Fläche ab, sich langsam vom See entfernend.
Im Dorf waren am Freitag überhaupt viel Bewegung. Etliche Reporter versuchten, die Einwohner zu befragen - was einige als befremdlich empfanden. Aber auch die Bewohner selbst waren unterwegs: Sie wurden von der Polizei in ein Feuerwehr- und Gemeindehaus gebeten, wo sie zu den Ereignissen befragt wurden. Wenn sich Bewohner danach begegneten, tauschten sie sich auch aus.
Gedenkveranstaltung in der Kirche geplant
„Die Anteilnahme und die Aussagebereitschaft sind sehr hoch - das muss nun erst mal aufgeschrieben und verglichen werden“, sagte eine Polizeisprecherin. Es gibt auch eine Spendenaktion für die Familie des kleinen Joel. Sollte man keinen Verdächtigen finden, würden die Ermittlungen am Wochenende fortgesetzt. Auch zum Motiv könne man noch nichts sagen.

Am Freitagabend um 18 Uhr sollte es vor allem für die Dorfbewohner in der Kirche von Pragsdorf eine Andacht geben. „Lasst uns in dieser schweren Stunde Abschied nehmen von einem Menschen, der viel zu früh gehen musste. Die Familie soll wissen, dass sie in dieser Zeit mit ihrem Schmerz nicht alleine ist“, hieß es dazu auf der Internetseite.
Joel wurde erst vor wenigen Tagen eingeschult
Joel wurde laut Bürgermeister Ralf Opitz erst im August eingeschult worden. Das Schweriner Bildungsministerium teilte mit, dass Psychologen die Mitschülerinnen und Mitschüler in der betroffenen Grundschule sowie das Lehrpersonal unterstützen sollen. Zudem sei ein Trauerort in der Schule eingerichtet worden.
„Während uns der Todesfall höchst betroffen und sprachlos zurücklässt, ist es unsere Aufgabe und Pflicht, nun die Familien und Freunde, Mitschülerinnen und Mitschüler sowie Lehrkräfte dabei zu unterstützen, mit der unfassbaren Situation umzugehen“, wurde Mecklenburg-Vorpommerns Bildungsministerin Simone Oldenburg (Linke) zitiert. „Ihnen gilt mein tief empfundenes Mitgefühl.“
Ab Montag werde an der betroffenen Schule für eine gesamte Woche auf Leistungskontrollen verzichtet. Schulpsychologinnen seien vor Ort. An Eltern sei ein Brief mit Unterstützungsangeboten verschickt worden. Betroffene sollen auf Wunsch ebenfalls psychologisch begleitet werden.
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