Ehrenamt
Feuerwehrfrau geht via Tiktok auf besondere Mission
Altentreptow, Helgoland / Lesedauer: 5 min

Tobias Holtz
Wenn Sabrina Vogt über ihren Dienst in der Freiwilligen Feuerwehr Altentreptow spricht, ist ihr die Begeisterung sofort anzumerken. Die 36-Jährige brennt im wahrsten Sinne des Wortes für dieses Ehrenamt. Sonst hätte sie die komplette Grundausbildung und die Prüfung zur Atemschutzgeräteträgerin wohl kaum freiwillig zweimal in Folge absolviert.
Schweizer Feuerwehrausbildung in Deutschland wertlos
Doch wie kam es überhaupt dazu? „Gleich nach der Lehre habe ich meinen Heimatort Barkow verlassen und bin in die Schweiz gezogen, um dort in der Gastronomie zu arbeiten. Das war rückblickend betrachtet schon ein echtes Abenteuer, als ich mit meinem 60-Liter-Rucksack einfach mal so in ein anderes Land ausgewandert bin. Aber ich habe diesen Schritt in keiner Sekunde bereut“, versichert Sabrina Vogt. Sonst hätte sie vielleicht nie ihren jetzigen Mann Sven kennengelernt.
Aber Amors Pfeil war längst nicht das Einzige, was ihr Leben verändern sollte. In der Schweiz wurde bei der Barkowerin nämlich auch die Leidenschaft für die Feuerwehr geweckt. „Ich war dort vier Jahre ehrenamtlich tätig. Es war eine schöne Zeit, an die ich mich gerne erinnere“, sagt sie.
Doch als sie sich mit ihrem Liebsten dazu entschlossen hatte, nach 13 Jahren wieder zurück nach Deutschland, genauer gesagt nach Altentreptow zu ziehen, gab es ein unvorhergesehenes Problem. Alle von ihr bislang gemeisterten Ausbildungsgrade wurden nicht mehr anerkannt, da die Schweiz kein Mitglied in der EU ist und hierzulande andere Regeln gelten. „Da ich mich aber gerne weiterhin in der Feuerwehr engagieren wollte, blieb mir nichts anderes übrig, als nochmal von vorne anzufangen. Mein ehemaliger Wehrführer aus der Schweiz hatte mich damals ermutigt, nicht einfach aufzugeben“, erzählt Sabrina Vogt, die hauptberuflich für einen Autoteile-Onlineshop arbeitet.
Tiktok-Clips brachten Anfrage aus Helgoland
Seit zwei Jahren wohnt das Paar mit seinen beiden Kindern nun schon in Barkow. Fast genauso lange gibt es den Tiktok-Kanal „feuerwehrfrau_brini“, der dort mittlerweile mehr als 75.000 Menschen gefällt. Dort lädt die Feuerwehrfrau unter anderem kurze Videoclips hoch, die sie und ihre Kameraden in Aktion zeigen. „Es sind allerdings nur Aufnahmen von Einsatzfahrten oder Ausbildungsdiensten zu sehen. Brände, Unfälle und sonstige schlimme Ereignisse würde ich nie filmen“, stellt die Mutter klar.
Auch wenn ihrem Kanal mittlerweile tausende Menschen folgen, gehe es ihr nicht darum, eine berühmte Tiktokerin zu werden. Stattdessen möchte sie gerade bei jungen Leuten das Interesse für dieses wichtige Ehrenamt wecken. Denn vielen Feuerwehren in der Region fehlt es schlichtweg an Nachwuchs. „Ich will auf diesem Wege meinen Teil dazu beitragen, dass die Einsatzbereitschaft im Ernstfall gesichert ist“, erklärt Sabrina Vogt ihre Beweggründe.
Auf ihre Videos ist im April auch der Gruppenführer der Feuerwehrwache Helgoland aufmerksam geworden. Die Kameraden auf der Nordsee-Insel suchen das ganze Jahr über regelmäßig auswärtige Helfer, die sie bei ihren Einsätzen unterstützen wollen. „Er hat mich angeschrieben und gefragt, ob ich nicht Lust hätte, mal für zwei Wochen einen freiwilligen Dienst zu übernehmen. Nach Rücksprache mit meiner Familie, habe ich dieses Angebot dankend angenommen. So eine Chance bekommt man nicht alle Tage“, sagt sie.
Feuerwehrkamerad und bester Freund reist mit
Denn normalerweise müssen sich Interessenten im Vorfeld dafür bewerben. Und die Plätze sind in der Regel heiß begehrt. Theoretisch hätte sie auch ihren Mann und die gemeinsamen Kinder mit auf die Insel nehmen können. Doch ihr neun Jahre alter Sohn und die zwölfjährige Tochter müssen in die Schule.
„Und ich bringe leider nicht alle geforderten Voraussetzungen mit. Ich hab's nicht so mit der Höhe“, meint Sven Vogt mit einem Augenzwinkern. Denn es reicht nicht aus, ausgebildeter Atemschutzgeräteträger zu sein. Wer sich für einen Dienst auf Helgoland entscheidet, muss zusätzlich einen ärztlichen Nachweis vorlegen, aus dem hervorgeht, dass derjenige körperlich geeignet ist, schweren Atemschutz (Pressluftatmer) zu tragen. Außerdem ist eine vorherige Höhentauglichkeitsprüfung erforderlich.
Auswahlkriterien, die seine Frau voll und ganz erfüllt. Alleine fahren muss sie jedoch trotzdem nicht. „Ich werde vom Kameraden Maik Kopperschmidt begleitet, der gleichzeitig mein bester Freund ist. Wir beide wissen zwar noch nicht genau, was uns auf Helgoland erwartet, freuen uns aber auf jede Herausforderung“, betont Sabrina Vogt, die neben ihrem Resturlaub extra noch fleißig Überstunden angesammelt hat, um an dem zweiwöchigen Trip teilnehmen zu können.
Los geht es am kommenden Montag in aller Frühe. Immerhin liegen zwischen Barkow und der Nordseeinsel knapp 420 Kilometer. Nach fünf Stunden Autofahrt setzen die beiden Vertreter der Altentreptower Feuerwehr mit der Fähre ab Cuxhaven nach Helgoland über. „Schifffahren ist eigentlich gar nicht so meins. Hoffentlich ist der Seegang nicht allzu heftig“, sagt die junge Mutter lachend. Sobald sie zweieinhalb Stunden später auf der Insel angekommen sind, wird der Gerätewart ihnen ihre Unterkunft zeigen. Die Verpflegung ist inklusive. Darüber hinaus erhält jeder Helfer eine Aufwandsentschädigung von 14 Euro pro Tag, übernimmt jemand eine Nachtwache kommen noch einmal 40 Euro obendrauf. „Es geht uns aber nicht ums Geld, sondern darum, neue Erfahrungen zu sammeln“, meint Sabrina Vogt.
Fans können Abenteuer täglich auf TikTok verfolgen
Gleich am ersten Tag steht in der Feuerwache eine Einweisung an. Uniform und Ausrüstung müssen die beiden Feuerwehrleute selbst mitbringen. „Die Funkmeldeempfänger bekommen wir aber von den dortigen Kameraden gestellt, damit wir bei anstehenden Einsätzen alarmiert werden können. Von mir aus können wir 50-mal am Tag oder noch öfter ausrücken, ich bin auf alles gefasst“, erklärt sie. Ein wenig Bauschmerzen bereitet ihr, dass sie 14 Tage von der Familie getrennt sein wird ‐ so lange wie noch nie zuvor. „Da wird garantiert ein bisschen Heimweh aufkommen, aber es gibt ja noch die Möglichkeit über WhatsApp einen Videoanruf zu machen“, zeigt sich Sabrina Vogt tapfer.
Ihre Erlebnisse auf Helgoland möchte sie jeden Tag auf Tiktok in einer Art Videotagebuch für ihre Follower festhalten. „Das wird bestimmt richtig spannend. Ich kann es kaum erwarten“, sagt die Barkowerin voller Vorfreude.