DDR-Kunst
Für Neubrandenburger Marx-Fresko im Rathaus fehlt Kapital
Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

Mirko Hertrich
Die Freilegung eines Freskos mit sozialistischen Motiven aus DDR-Zeiten im Neubrandenburger Rathaus wird wohl teurer als bislang angenommen. Da mit dem Beschluss, das großflächige Werk des Künstlers Wolfram Schubert mit dem Titel „Kampf und Sieg der Arbeiterklasse“ nicht dauerhaft sichtbar zu machen, auch eine Stiftung als wichtiger Finanzier abgesprungen ist, appellierte die Stadtverwaltung an die Ratsfrauen und -herren, die Entscheidung eventuell zu überdenken.

Farbe haftet an Tapete
Neubrandenburgs Abteilungsleiter Kultur, Birger Maßmann, berichtete im Kulturausschuss, dass das Fresko aus dem Jahr 1969 in einem schlechteren Zustand ist, als bisher angenommen. Schuberts Tochter Helma Groll habe bei ihrer Freilegung eines kleinen Teilstücks 2020 wohl "eine ziemlich gute Stelle erwischt“.

Ein Gutachter, der das Kunstwerk unlängst während der Rathaussanierung überprüfte, habe festgestellt, dass die Farbe an der Tapete anhaftet. Mit dieser war das zweiteilige Fresko, das unter anderem Karl Marx als Vordenker des Sozialismus und Wladimir Iljitsch Lenin als russischen Revolutionsführer zeigt, in der Nachwendezeit überklebt worden.
Der heute 96-jährige Wolfram Schubert hatte das 30 Quadratmeter große Bild zum 20-jährigen Jubiläum der DDR für die SED-Bezirksleitung und den Rat des Bezirkes Neubrandenburg geschaffen. Er war lange Vorsitzender des Bezirksverbands Bildender Künstler in Neubrandenburg und galt als einer der einflussreichsten Künstler der DDR. Nach der Friedlichen Revolution von 1989 zog das Rathaus in das weitläufige Gebäude, das seit 2019 saniert wird und zum MV–Tag vom 30. Juni bis 2. Juli in Neubrandenburg wieder an die Verwaltung übergeben werden soll.
Mehr dazu: Neubrandenburg legt im Rathaus überklebte DDR-Kunst wieder frei
Freilegungskosten stark gestiegen
In langer und kontroverser Diskussion hatte die Neubrandenburger Stadtvertretung Anfang Februar beschlossen, das denkmalgeschützte Kunstwerk nach der Restaurierung mit einer Glaswand zu versehen, sodass es nur bei eingeschaltetem Licht sichtbar ist. Für die Restaurierung wurden zunächst etwa 25.000 Euro veranschlagt. Die neue Glas–Licht–Konstruktion würde 32.000 Euro kosten.
Wie Birger Maßmann ausführte, liegen die Kosten allein für die Freilegung laut Gutachter nun bei 50.000 Euro. Die Stadt will das Projekt jetzt ausschreiben und hat zwei weitere Restauratoren angeschrieben. "Wir werden sehen, was am Ende rauskommt.“
Stiftung zieht vorerst Geldspende zurück
Die Stiftung, die einen fünfstelligen Betrag beisteuern wollte, habe ihre Absage damit begründet, dass eine Überdeckung und nur temporäre Sichtbarkeit des Wandbildes einem ihrer zentralen Grundsätze widerspricht, verlas Dominik Meyer zu Schlochtern, Fachbereichsleiter Schule, Kultur, Sport und Recht, ein Schreiben der nicht näher genannten Organisation an Oberbürgermeister Silvio Witt (parteilos). Sollte sich die Stadt für eine Freilegung und dauerhafte Sichtbarkeit entscheiden , stehe die Stiftung gerne für einen weiteren Austausch bereit.
Einen konkreten Handlungsbedarf gebe es nach dem gefassten Beschluss nicht, fügte Dominik Meyer zu Schlochtern hinzu. Die Stadtvertreter müssten sich "tief in die Augen schauen" und dann entscheiden, ob sie darüber reden wollen oder nicht. "Der Weg dorthin war ja schwierig."
Der stellvertretende Kulturausschuss-Vorsitzende Bernd Fuhrmann (Linke) warb dafür, die Entscheidung zu überdenken und abzuwägen, ob man den Betrag nutze, den die Stiftung bei einer dauerhaften Sichtbarmachung einbringen würde, um den Stadthaushalt zu entlasten.