Bürgerhaushalt
Geht nicht? So will Altentreptow ein Bürgerbudget durchboxen
Neubrandenburg/Altentreptow / Lesedauer: 5 min

Die kleinere Nachbarstadt von Neubrandenburg versucht nun das, was dort abgelehnt wurde: die Einführung eines Bürgerbudgets. Dieser Vorschlag der Stadtverwaltung geht in Altentreptow gerade durch die Ausschüsse und stößt auf relativ wenig Widerstand.
Altentreptower wollen 30.000 Euro bereitstellen
30.000 Euro sollen ab 2024 jährlich zur Verfügung stehen, um damit Projekte, die von den Altentreptowern ins Rennen geschickt werden, zu finanzieren. In Neubrandenburg wollte die SPD rund 100.000 Euro locker machen. Letztlich scheiterte das Projekt in der Vier–Tore–Stadt jedoch an der Unvereinbarkeit mit der Kommunalverfassung. So jedenfalls formulierten es die Linken, die dem Vorschlag ansonsten positiv gegenüber standen. Aus Reihen der CDU in Neubrandenburg brachte man noch an, dass es ja bereits viele Fördertöpfe und Budgets in der Stadt gäbe, die noch gar nicht richtig ausgeschöpft würden.
Zumindest der Punkt mit der Kommunalverfassung scheint aber auch in Altentreptow für Zweifel zu sorgen. Im Koalitionsvertrag der Landesregierung ist allerdings vorgesehen, die Verfassung um die Regelungen für Bürgerhaushalte künftig zu erweitern. „Da stellt sich die Frage, ob wir nicht lieber abwarten sollten, bis diese Anpassung erfolgt ist. Oder uns im Vorfeld wenigstens rückversichern, dass die Untere Kommunalaufsichtsbehörde des Landkreises darin kein Problem sieht. Sonst fliegt uns diese gute Idee wegen eventueller Rechtsmängel noch um die Ohren“, merkte Theo Hadrath von der CDU im jüngsten Finanzausschuss in Altentreptow an, ganz ähnlich wie es seine Kollegin Catherina Muth (Linke) in Neubrandenburg vorgeschlagen hatte.

Hinweis auf positives Beispiel im Land
Doch die Verwaltung in Altentreptow hat den Satzungsentwurf für den Bürgerhaushalt ganz bewusst nicht zur Vorprüfung an die Kommunalaufsicht gegeben. „Das wird generell abgelehnt. Erst muss der Beschluss der Stadtvertretung vorliegen, dann wird geprüft, ob alles rechtswirksam ist oder vonseiten der Behörde Vorbehalte bestehen“, erklärte die erste Stadträtin Silvana Knebler.
Bei einer Amtsleitertagung der Kämmerer, an der sie im März selbst teilgenommen habe, sei am Beispiel der Stadt Bützow ausdrücklich für diese Option geworben worden. „Dann muss es auch in Altentreptow möglich sein. Wir können doch nicht mit zweierlei Maß messen, in einem Land, wo dieselbe Verfassung gilt. Außerdem liegt das Satzungsrecht bei der jeweiligen Kommune“ begründete Knebler den Vorschlag der Verwaltung. Vor diesem Hintergrund wolle man einfach den Versuch wagen, mit dem Bürgerhaushalt zu arbeiten. Falls es dann wider Erwarten doch Bedenken von der Kommunalaufsicht geben sollte, könne die Satzung zu einem späteren Zeitpunkt immer noch überarbeitet werden.
Diesen Mut zum Wagnis hatte sich auch Neubrandenburgs Ratsherr Michael Stieber (SPD) von seinen Stadtvertreterkollegen erhofft, bevor sein Vorschlag abgelehnt wurde. Die Altentreptower stimmen am 6. Juni über die Einführung des Bürgergelds ab.
Bedenken wegen fester jährlicher Summe
Doch der rechtliche Rahmen war nicht der einzige Punkt, den Theo Hadrath in ALtentreptow bemängelte. So sollte die Stadt nicht jedes Jahr grundsätzlich 30.000 Euro zur Verfügung stellen. „Sonst geht der Anreiz in der Bevölkerung verloren, überhaupt noch etwas zu spenden. Stattdessen sollten wir anhand des jeweiligen Spendenstandes entscheiden, auf welche Höhe sich der gesammelte Betrag je nach Haushaltslage aufstocken lässt. Das können in einem Jahr mehr als 30.000 Euro sein, in einem anderen dann aber auch wieder weniger‟, schlug Hadrath vor.
Wie Bürgermeisterin Claudia Ellgoth (parteilos) entgegnete, seien Spenden der Altentreptower nach wie vor gerne gesehen. Auch die 13.200 Euro, die bislang für die „Treptower Träume‟ zusammengekommen sind, würden in den geplanten Bürgerhaushalt mit einfließen. Allerdings sei die maximale Summe von 30.000 Euro nicht ohne Grund festgelegt worden. „Wir müssen diese freiwilligen Aufgaben als Stadt am Ende auch ausfinanzieren können. Deshalb sind für jedes eingereichte Vorhaben auch maximal 10.000 Euro vorgesehen. Ich denke, es wäre ratsam, erst einmal abzuwarten, wie der Bürgerhaushalt überhaupt angenommen wird‟, betonte die Rathauschefin und bot Hadrath damit eine Steilvorlage, erneut nachzuhaken.
Kinder sollen mit abstimmen dürfen
Denn aus dem Satzungsentwurf geht nicht hervor, ab welchem Alter die Altentreptower für ein Projekt abstimmen dürfen. „Da sollte eine Grenze gesetzt werden, vielleicht ab zwölf Jahren oder nur für Personen, die schon wahlberechtigt sind‟, regte er an. Doch die Bürgermeisterin hatte dazu eine klare Haltung. Ihr sei es wichtig, gerade auch die Kinder nicht zu vergessen. „Wenn sie einen bestimmten Wunsch haben, sollen sie auch dafür abstimmen dürfen und nicht einfach ausgeschlossen werden‟, stellte Ellgoth klar. Das sei prinzipiell richtig, aber Kinder hätten mitunter auch „utopische Wünsche‟, die sich eben nicht realisieren lassen, gab der CDU-Fraktionsvorsitzende Thomas Kraft zu bedenken. Unabhängig davon sah er es eher als Aufgabe der Stadtvertretung an, im Sinne der Bürger solche Entscheidungen zu treffen. „Dafür wurden wir gewählt‟, meinte Kraft.
Zudem würde das Online-Voting nach Ansicht seiner Fraktion ein gewisses Risiko in sich bergen, da sich daran theoretisch auch Bürger beteiligen könnten, die nicht in der Tollensestadt zu Hause sind. „Das schließen wir von vornherein aus‟, versicherte Silvana Knebler. Wie beim Adventskalender-Gewinnspiel müssten die Teilnehmer in einem Formular ihre persönlichen Daten hinterlegen, die dann vom Bürgerbüro abgeglichen werden können. Und es soll nicht nur bei der digitalen Variante bleiben. „Wir haben da schon mehrere mögliche Ideen für das Abstimmungsverfahren im Hinterkopf‟, sagte die erste Stadträtin.
Letztendlich verzichtete die CDU darauf, einen Änderungsantrag zur Satzung zu stellen. Der Finanzausschuss sprach sich geschlossen für den geplanten Bürgerhaushalt aus. Entschieden ist damit allerdings noch nichts. Bevor die Beschlussvorlage in die Stadtvertretung geht, wird sich der Hauptausschuss am 23. Mai damit beschäftigen.