Großes Stühlerücken nach Skandal-Sitzung
Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

Bei der ersten Zusammenkunft nach der Eklatsitzung mit Mobbing-Vorwürfen in Richtung der Rathausspitze steht der Neubrandenburger Stadtvertretung am kommenden Donnerstag eine Mammut-Sitzung bevor. „Bringen Sie sich ein paar Butterbrote mit“, hatte Oberbürgermeister Silvio Witt (parteilos) anwesenden Reportern angesichts der zu erwartenden Länge der Tagesordnung mit vielen Personalentscheidungen schon mal vorsorglich geraten. Denn nach dem politischen Beben, das die Sitzung am 28. April in der Stadt ausgelöst hatte, ist kaum ein Stein auf dem anderen geblieben. Mehrere Rücktritte inklusive Stadtpräsident Dieter Stegemann (CDU) waren die Folge und die bis dato stärkste Fraktion der Christdemokraten ist im Streit zwischen Unterstützern und Gegnern von Witt in zwei Lager auseinandergebrochen.
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Nun ist die zehnköpfige Fraktion von Die Linke stärkste Kraft in der Stadtvertretung. Auf Antrag der abtrünnigen Mitglieder der CDU-Fraktion, die sich zunächst CDU/Freie Wähler nannten, wurde nun die Verteilung der Sitze in den Ausschüssen der Stadtvertretung neu berechnet und werden entsprechend jetzt mitten in der Wahlperiode „vollständig“ neu besetzt. Die Tagesordnung der Stadtvertretersitzung ist dadurch auf fast 40 Punkte angewachsen, da auch zahlreiche Posten in Aufsichts- und Beiräten neu vergeben werden.
SPD schlägt Oppermann als Stadtpräsident vor
Als Erstes nach der Abhandlung der üblichen Regularien steht die Wahl eines neuen Stadtpräsidenten oder einer neuen Stadtpräsidentin an, nachdem Dieter Stegemann das Handtuch geschmissen hatte angesichts der anhaltenden Kritik an der von ihm eingebrachten Drucksache zur Änderung der Hauptsatzung und deren Begründung durch seine Stellvertreterin Renate Klopsch (Linke). Diese hatte mehr oder minder unverblümt Rathauschef Witt Mobbing von Mitarbeitern vorgeworfen, ohne allerdings konkret Namen zu nennen.
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Als neuen Stadtpräsidenten schickt die acht Mann und Frau starke SPD-Fraktion nun Roman Oppermann ins Rennen und hat damit einen kleinen Coup gelandet, da das Vorschlagsrecht traditionell eigentlich der stärksten Fraktion zusteht. Fraktionschef Michael Stieber warb, der bisherige 2. Stellvertreter des Stadtpräsidenten sei nicht nur ein „sehr guter Kandidat für das Amt, sondern auch genau der richtige“. Die Stadtvertretung brauche jetzt zuallererst einen „integrierenden Präsidenten, der zuhören und verstehen, vermitteln und entscheiden kann“.
Bisher kein zweiter Kandidat
Die übrigen Fraktionen wurden von dem Vorstoß etwas überrascht und wollen sich jetzt zunächst beraten, CDU/FDP, Bündnis 90/Die Grünen sowie AfD haben Roman Oppermann eingeladen, wie deren Fraktionschefs auf Anfrage mitteilten. Ein zweiter Kandidat ist bislang nicht in Sicht. Diana Kuhk, Vorsitzende der achtköpfigen neuen Fraktion „Bürger für Neubrandenburg“ geht aber davon aus, dass ihre Fraktion „mindestens“ einen Stellvertreter des Präsidenten stellen wird. Ursprünglich hat sich die neue Fraktion CDU/Freie Wähler genannt, der verbliebene Teil heißt CDU/FDP-Fraktion. Die Umbenennung war laut Diana Kuhk notwendig geworden, nachdem der Kreisverband „Probleme mit dem CDU im Namen der neuen Fraktion signalisiert hatte“.
Auf der Tagesordnung steht rein formal noch die Beschlussvorlage des zurückgetretenen Stadtpräsidenten zur Hauptsatzung, an der sich der Streit entzündet und gegen die OB Witt Widerspruch eingelegt hat. Das Rathaus lässt die Vorgänge aus der Stadtvertretersitzung vom 28. April durch eine unabhängige Kanzlei rechtlich prüfen. Das Ergebnis steht noch aus.