Spuk auf dem Kirchhof

Gruseliges aus der Gruft von Trollenhagen

Trollenhagen / Lesedauer: 4 min

Gänsehaut dürften die Dorfbewohner einst bei den Erzählungen über dunkle Mächte und eine uralte Gruft bekommen haben. Vor gut 20 Jahren gab es wieder ein großes Erschrecken.
Veröffentlicht:25.07.2022, 06:18
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Von dunklen Mächten war die Rede, spuken sollte es angeblich auf dem Kirchhof von Trollenhagen. Diese Gerüchte verbreiteten sich unter den Landarbeitern bereits vor gut 300 Jahren in dem Ort nördlich von Neubrandenburg. Es ging dabei auch um einen verborgenen Teil der Kirche, versteckt unter dem Boden des Kirchenschiffs: eine Gruft. Es soll einen unterirdischen Gang vom Gutshaus bis dorthin gegeben haben. Die Geister der Ahnen der Gutsbesitzer-Familie hätten des Nachts ihr Unwesen getrieben – so haben es Einheimische von Generation zu Generation überliefert bekommen.

Dass es eine Gruft gibt, wussten schon damals viele in Trollenhagen. Nur gesehen hatten sie die Wenigsten. Denn es war nur den Privilegierten gestattet, die Gruft zu betreten.

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Die ehemals turmlose, wahrscheinlich strohgedeckte, rechteckige Feldsteinkirche stammt aus der Mitte des 14. Jahrhunderts. Ursprünglich besaß sie keine Gruft. Erst durch den 1712 erfolgten Umbau unter dem Gutsherren und Kirchenpatron Adam Friedrich von Jasmund (1671-1734) kam sie hinzu. Der alte Kirchenbau erhielt zudem zwei schmalere Seitenschiffe in Richtung Norden und Süden. Ein weiterer nordseitiger Anbau, den es heute nicht mehr gibt, muss eine Doppelfunktion gehabt haben: Der kleine Raum beherbergte eine Sakristei und war zugleich der separate Eingang zur noch heute bestehenden, unter der Kirche liegenden Gruft.

1901, im Zuge des Kirchturmneubaus durch den Gutsherren Otto Siemerling, soll der Grufteingang verschlossen worden sein. Es gab danach nur noch einen versteckten Einstieg in der Kirche in der Mitte des Laufganges. Er ist heute von einem roten Teppich verdeckt.

Soldaten suchten nach wertvollen Grabbeigaben

Bei der Kirchenrestaurierung von 1999 bis 2001 öffnete man die Gruft, der Fußboden hatte sich in diesem Bereich abgesenkt. Es kam Erschreckendes zum Vorschein! Die unter dem Kirchenboden eingebauten Hölzer sowie die Holz-Treppenstufen waren von Schwamm und Fäulnis zerstört und verrottet. Der Treppengang war eingestürzt. In diesem Schutthaufen befanden sich Holzreste, Sand, Erdboden sowie Gebeinreste – mit vier Schädeln.

Es waren auch Zeugnisse der Kirchenplünderung durch Soldaten der Roten Armee 1945 auf der Suche nach brauchbaren, gewinnbringenden Grabbeigaben. Hilflos mussten damals die Bewohner dem Treiben zusehen. So jedenfalls wurde es von Einheimischen erzählt.

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Nach Freilegung des Treppengangs kamen Feldstein-Umfassungsmauern zum Vorschein. An der Nordseite der Gruft waren Stufenansätze aus Ziegelmauerwerk erkennbar, die den früheren Zugang bestätigten. In der Nordwand fand man ebenfalls einen schräg nach oben zur Außenseite führenden gemauerten Kanal, der als Lüftungsöffnung diente. Dieser aber war zugemauert.

Die massive Gruft selbst wies einen guten Erhaltungszustand auf. In ihr befanden sich sechs Erwachsenen- und zwei Kindersärge, wobei der kleinste Kindersarg bereits zerfallen war. Holzschäden und Pilzbefall waren erkennbar. In den teilweise mit formenreichen, vergoldeten Zierbeschlägen versehenen Särgen befanden sich vereinzelt Gebeinreste.

Drei große Schmucksärge blieben in der Gruft

Auf Schrifttafeln konnten Familienangehörige früherer Gutsbesitzer ermittelt werden. Dazu gehörten Friedrich Johann von Bothmer (1727-1785), Andreas David von Röpert (1710-1768) und dessen Frau sowie die erste Frau von Georg Christoph von Röpert, Johanna Albertine Krüger (1749-1776).

Die Restaurierung beinhaltete das Freilegen des Belüftungskanals zur Nordwand. Die Gewölbeflächen erhielten letztendlich Schlämmputz und einen Kalkanstrich. Nur drei große Schmucksärge blieben in der Gruft. Sie wurden gesäubert, mit einem Schutzmittel behandelt und auf ein Stahlgestell gesetzt. Damit war die Boden-, Gewölbe- und Wandberührung unterbrochen und eine Luftumspülung gewährleistet, um den Verrottungsprozess aufzuhalten.

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Die Gebeine und Schädel legte man in die verbliebenen Särge. Sie wurden auf den Friedhof der Kirche umgebettet. Mit einer Andacht bestattete man sie ehrenvoll. Es gibt keine Hinweise auf den genauen Bestattungsort.

Im Dezember 2001 wurde die restaurierte Kirche mit einem Gottesdienst wieder eingeweiht. Heutzutage wäre es möglich, über eine begehbare Fußbodenöffnung und eine Leiter in die Gruft hinabzusteigen. Doch vonseiten des Gemeindekirchen- und Oberkirchenrates wurde beschlossen, dass ein Zugang zur Gruft Unbefugten nicht gewährt wird. Auch eine museale Nutzung ist nicht vorgesehen. Von Spuk auf dem Kirchhof hat schon lange niemand mehr berichtet.

Von Roland Pöschel