Neue Satzung

Heftige Debatte um mehr Fahrrad-Parkplätze in Neubrandenburg

Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

Neubrandenburg will fahrradfreundlicher werden und hat ein Radverkehrskonzept ins Leben gerufen. Doch die ersten Ideen stoßen auf massive Kritik.
Veröffentlicht:21.01.2022, 08:44
Aktualisiert:21.01.2022, 08:54

Von:
  • Author ImagePaulina Jasmer
Artikel teilen:

Die beiden Großvermieter Neubrandenburgs – die Neubrandenburger Wohnungsgesellschaft (Neuwoges) und die Neubrandenburger Wohnungsbaugenossenschaft (Neuwoba) – sind mit der Stadtverwaltung hart ins Gericht gegangen. Während der Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Ordnung und Sicherheit sparten sie nicht mit Kritik an der sogenannten Fahrradabstellanlagensatzung, die bereits in zweiter Lesung durch die Ausschüsse geht.

Mehr lesen:Radfahren auf der Busspur? Neubrandenburg denkt darüber nach

Verwaltung argumentiert mit Nachhaltigkeit

Die wohl am umständlichsten formulierte Satzung, die es seit langer Zeit in der Stadt gegeben haben dürfte, sieht unter anderem vor, dass in Zukunft jeder Neubau für Wohnen in Neubrandenburg über eine Fahrradabstellanlage verfügen muss. Modernisierungen sollen dabei explizit ausgenommen sein. Diese erarbeitete Satzung entstammt dem Radverkehrskonzept, dass die Stadtvertreter 2021 beschlossen hatten. Darin war es insbesondere um die Fahrradfreundlichkeit Neubrandenburgs und die dafür nötigen Verbesserungen gegangen.

Laut Viola Brentführer, Beauftragte für Stadtplanung und Stadtentwicklung in der Verwaltung, müsse überlegt werden, wohin sich die Stadt entwickeln wolle. Es sollte um Nachhaltigkeit, Wertigkeit und Zukunftsorientiertheit gehen. Neben einem gut ausgebauten Radverkehrsnetz spiele auch das sogenannte Fahrradparken eine Rolle, im öffentlichen Raum beispielsweise am Bahnhof oder eben wie nun ausgiebig diskutiert an Wohnhäusern. Doch das ist bei Neuwoges und Neuwoba offenbar auf wenig Gegenliebe gestoßen.

Wohnungsgesellschaften kritisieren Weltfremdheit

So beklagte Neuwoges-Geschäftsführer Frank Benischke, dass dieser Satzungsentwurf ohne Beteiligung der Betroffenen erarbeitet worden sei. Er bescheinigte der Verwaltung eine „gewisse Weltfremdheit“. Denn bei den Mietern würden seiner Meinung nach solche Anlagen „ganzen hinten anstehen“. Darüber hinaus würden es zahlreiche Mieter viel lieber haben, wenn sie zu ihrer Wohnung einen privaten abschließbaren Abstellraum hätten. Er schlug daher vor, dass das Thema Wohnen entweder komplett aus der Satzung gestrichen wird oder aber zahlreiche Nachbesserungen folgen müssten.

„Es gibt also kein Problem”

Auch René Gansewig, Neuwoba-Vorstandssprecher, machte aus seinem Unbehagen keinen Hehl. Pro Haushalt würden statistisch 1,77 Fahrräder berechnet. Das heißt, in der kürzlich fertig gewordenen Wohnanlage mit 138 Wohneinheiten wären – mit einer neuen Satzung – 270 Fahrradstellplätze gefordert. Derzeit gebe es 68 Stellplätze für 249 Bewohner. Völlig ausreichend, wie René Gansewig befand. „Es gibt also kein Problem“, mahnte er. Es gehe außerdem um Kosten und Refinanzierung. Das könnte im sozialen Wohnungsbau tatsächlich zu Schwierigkeiten führen. „Wie sollen wir das den Leuten beibringen, dass sie dafür bezahlen sollen?“, fragte er, denn für solche Anlagen gebe es keine Fördermittel. Und eine Quersubventionierung durch die Unternehmen selbst für ein Problem, was es nicht gebe, könne doch auch keine Lösung sein.

Als eine „geballten Ladung Kritik“, bezeichnete Hans-Jürgen Schwanke die Einschätzungen der beiden Vermieter und stellte die Frage „nach der Sinnhaftigkeit der Satzung“. Vize-Oberbürgermeister Peter Modenmann fasste zusammen: „Ist das die richtige Satzung für den gut gemeinten Zweck?“ Er bezweifelte, dass die Satzung schon so weit sei, um eine Entscheidung herbeizuführen. Dass die Einschätzungen der Vermieter – obwohl sie vorlegen hatten – bisher keine Beachtung gefunden hätten, sei der Urlaubszeit über den Jahreswechsel geschuldet gewesen, lautete die Erklärung auf einen der größten Kritikpunkte. Die Mitglieder des Hauptausschusses haben die Satzung wieder zurück in die Ausschüsse verwiesen. Vize-OB Peter Modemann kündigte an, dass die Verwaltung am 2. Februar einen Termin mit den beiden Wohnungsunternehmen habe, um über das Thema zu reden.