Dietrich–Bonhoeffer–Klinikum
Hoffnungsschimmer für Frühchen in Neubrandenburg
Neubrandenburg/Berlin / Lesedauer: 2 min

Andreas Becker
Eine Veranstaltung – zwei komplett verschiedene Meinungen und Interpretationen. Einmal der SPD–Bundestagsabgeordnete Erik von Malottki aus Greifswald, der die bisher geringen Chancen, auch weiterhin Extrem–Frühchen in der Kinderklinik des Dietrich–Bonhoeffer–Krankenhauses Neubrandenburg zu behandeln, im Anschluss an eine Anhörung im Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages als „nun gestiegen“ bezeichnete.
Dagegen beharrte der Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit, Edgar Franke (SPD), darauf, dass es für Patienten sicherer sei, wenn jährlich eine gewisse Mindestzahl an ähnlichen Fällen behandelt werde — und versuchte damit quasi das Aus für den Standort Neubrandenburg zu manifestieren.
90 Minuten Anhörung
Fachlichen Gegenwind erhielt Franke von Sven Armbrust, Chef der Kinderklinik. Armbrust untermauerte mit seiner Expertise, dass die Sterblichkeit bei Frühchen mit weniger als 1250 Gramm Geburtsgewicht auch in der jetzigen Klinikstruktur im Nordosten gesunken sei. „Wir sind besser als Kanada oder Schweden, wo die Zentralisierung noch weiter vorangeschritten ist“, sagte Armbrust. Rund 90 Minuten dauerte die Anhörung. Sie war möglich geworden , weil die Neubrandenburger mehr als 100.000 Unterschriften gegen die Schließung ihres "Perinatalzentrums Level 1“ und für den Erhalt der gesamten Frühgeborenenversorgung gesammelt hatten.
Die Krankenkassen hatten dem Klinikum ein Behandlungsverbot für Extrem–Frühgeborene ab Januar 2023 ausgesprochen. Die Klinik erreiche nicht die vorgegebenen 20 Fälle pro Jahr. Laut Armbrust hatte Neubrandenburg im Durchschnitt der letzten 10 Jahre vor der Corona–Pandemie 16 bis 20 solcher Fälle.
Von Malottki machte deutlich, dass ein Verbot kein Neubrandenburger, sondern grundsätzlich ein Thema des ländlichen Raumes sei. Im dünn besiedelten Mecklenburg–Vorpommern hatte das Land Klinik–Maximalversorger in Schwerin, Rostock, Greifswald und Neubrandenburg bestimmt. Ohne die Extrem–Frühchenversorgung in Neubrandenburg, wo auch Eltern aus Vorpommern und dem Norden Brandenburgs betreut werden, müssen Eltern und Patienten nun viel weitere Wege in Kauf nehmen, etwa nach Berlin, Rostock, Schwerin und Greifswald.
In der Anhörung sei auch darauf verwiesen worden, dass der Weg für werdende Eltern in die nächste Klinik nicht länger als 75 Minuten sein solle. „Wer aber beispielsweise in Neustrelitz wohnt, könnte bei einem Aus für Neubrandenburg wesentlich länger unterwegs sein müssen“, sagte von Malottki.
Empfehlung in den nächsten zwei Monaten
Und wie geht es jetzt nach der Anhörung weiter? „Der Petitionsausschuss wird in ein bis zwei Monaten eine Empfehlung abgeben. Aus meiner Sicht müsste das nun maßgebende Gesetz geändert und die Macht der Krankenkassen bei der Entscheidung über Klinik–Standorte beschnitten werden. Man könnte die Mindestmenge neu justieren oder im Zuge der anstehenden Krankenhausreform einen Weg finden, um das Behandlungsverbot in Neubrandenburg zu kippen“, hoffte der SPD–Politiker.