Bildung

Interessiert das Thema Lehrermangel wirklich nur so wenige?

Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

In Neubrandenburg wurde hitzig diskutiert – allerdings hatte die Einladung des Kreiselternrates nur knapp 20 Gäste gelockt. Die Anwesenden hielten sich mit ihrer Kritik nicht zurück.
Veröffentlicht:25.01.2023, 12:19
Aktualisiert:07.02.2023, 16:17

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Wegen des Lehrermangels an Schulen der Region hatte der Kreiselternrat Mecklenburgische Seenplatte in dieser Woche zum Krisengipfel und Ideensammeln nach Neubrandenburg geladen. Doch die Aula des Albert-Einstein-Gymnasiums blieb enttäuschend leer. Nur knapp 20 Gäste verfolgten die Runde – obwohl Elternvertreter aus rund100 Schulen im Landkreis hätten mitdiskutieren sein können.

Keine Vertreter aus dem Schulamt anwesend

„Der Leidensdruck ist offenbar nicht groß genug“, sagte Kay Czerwinski vom Landeselternrat Mecklenburg-Vorpommern. Elternvertreter Frank Dade (Freie Wähler) aus Friedland stellte die Frage in den Raum, warum keine Massen für eine bessere Bildungspolitik mobilisiert werden, wenn doch Tausende gegen Masken auf die Straße gehen. „Wir haben erwartet, dass es voll ist“, sagte auch Thomas Pfitzner vom Kreiselternrat. Wesentlich mehr Eltern hätten sich angekündigt. Vertreter aus dem Staatlichen Schulamt waren ebenfalls nicht mit dabei.

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Die wenigen Gäste, die gekommen waren, machten ihrem Ärger teils emotional Luft. Die Kritik: Im Studium müssten angehende Lehrer zu viel unnötigen Stoff lernen. Das vertreibe sie teilweise schon vor dem Abschluss. Eine Entschlackung sei zwingend nötig. Auch über die ausreichende Qualifizierung von Quereinsteigern wurde gestritten. Einige Eltern würden ihre Kinder nur mit Sorge in deren Obhut geben. Andersherum müssten einige Eltern stärker mit Lehrern zusammenarbeiten. Ansonsten bringe die beste technische Ausstattung nichts. Selbst über die Sinnhaftigkeit der Rückkehr zu einzelnen Bildungsstrukturen der DDR wurde diskutiert.

Seiteneinsteiger dringend gebraucht

„Es ist dramatisch“, beschrieb Sandra Stolzenburg vom Grundschulverband Mecklenburg-Vorpommern die aktuelle Lehrsituation. In der Vergangenheit seien viele Fehler gemacht worden. Allerdings arbeite man derzeit auch in der Regierung an Besserungen. „Ich bin positiv gestimmt. Da wird sich einiges tun.“ Die Lehrerin brach wiederum eine Lanze für Seiteneinsteiger: „Wir brauchen sie dringend.“ In der Seenplatte sei der Mangel schließlich besonders groß.

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Frank Nieswandt (Die Linke), Bürgermeister von Friedland und ehemaliger Lehrer, kritisierte, dass Bildung nie ganz oben auf der politischen Agenda gestanden habe. „Bildung ist mit Abstand die lohnendste Investition, die wir tätigen können.“ Dennoch werde dafür noch immer zu wenig Geld bereitgestellt. Dafür könne man Mittel in anderen Posten streichen. „Das muss man nur wollen.“ Deshalb müsse die Forderung laut artikuliert werden.

„Es wird Politik für alte Menschen gemacht“

„Es deprimiert mich“, sagte Andreas Rösler (AfD), Kreistagsmitglied und Stadtvertreter in Burg Stargard. Es handele sich um ein gesamtgesellschaftliches Problem. „Mir fehlt das Wachrütteln.“ Nach Frank Dades Beobachtungen sitzen in politischen Gremien wie dem Kreistag zu viele Ältere, die mit Schule kaum mehr Berührungspunkte hätten. „Es wird Politik für alte Menschen gemacht.“ Er verstehe nicht, warum immer wieder aus „Parteizwang“ geschlossen über Kontroversen befunden werde. „Jeder muss doch auch seine persönliche Sicht vertreten.“

Schließlich bemühte man sich selbstkritisch, die geringe Gästezahl an diesem Abend zu ergründen. Erreichte die Einladung zu wenig Elternvertreter oder war sie missverständlich? Der Vorstand des Kreiselternrates will demnächst über Veranstaltungen in Mittelzentren des Landkreises versuchen, seine Reichweite zu vergrößern. Wie der stellvertretende Vorsitzende Torsten Zarnikow erklärte, falle es dem Gremium immer noch schwer, zu Eltern aller Schulen Kontakt aufzubauen. Aus datenschutzrechtlichen Gründen würden vorhandene Kontaktlisten nicht einfach an den Kreiselternrat weitergereicht.