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Brandbrief

Jetzt holt Silvio Witt zum Gegenschlag aus

Neubrandenburg / Lesedauer: 4 min

Manch einem falle es wohl immer noch schwer, ihn als Oberbürgermeister zu akzeptieren, so die Kernaussage eines Brandbriefs von Silvio Witt. Das Schreiben hat es in sich.
Veröffentlicht:07.06.2022, 05:31

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Nach der Eklat-Sitzung in der Neubrandenburger Stadtvertretung hat sich Oberbürgermeister Silvio Witt (parteilos) in einem geharnischten Schreiben an die Stadtvertretung gewandt. In der E-Mail, welche dem Nordkurier vorliegt, weist der OB die Vorwürfe gegen ihn zurück und dringt auf die Beantwortung „vieler offener Fragen“. Bei der Sitzung der Stadtvertretung am 28. April hatte die stellvertretende Stadtpräsidentin Renate Klopsch (Linke) in der Begründung einer Hauptsatzungsänderung zur Implementierung eines 2. Beigeordneten Mobbing-Vorwürfe in Richtung der Verwaltungsspitze erhoben, ohne Namen oder Beweise zu nennen.

Mehr zu den Hintergründen:Woher kommen die Mobbing-Vorwürfe gegen Silvio Witt?

„Landesweit negative Aufmerksamkeit” für Neubrandenburg

Die vergangenen Wochen kämen einem „kommunalpolitischen Erdbeben“ gleich, eröffnet Witt sein Schreiben. Dieses habe neben dem Rücktritt des Stadtpräsidenten Dieter Stegemann (CDU), einer abgespaltenen Fraktion sowie einer „landesweit negative Aufmerksamkeit“ für Neubrandenburg zu einem schwerwiegenden Vertrauensverlust geführt. Damit die Stadt wieder „in ruhiges und konstruktives kommunalpolitisches Fahrwasser“ zurückfinde, müssten Fragen „laut und deutlich gestellt und beantwortet“ werden.

Nach Darstellung des 44-Jährigen war in der Vergangenheit bereits die Übereinkunft getroffen worden, die Satzungsänderung für die Implementierung eines 2. Beigeordneten auf 2024, das Jahr der nächsten Kommunalwahl, zu vertagen. Er fragt: „Warum gab es plötzlich die Eile?“

Was war der Zweck – abgesehen von übler Nachrede?

Für Witt ist auch offen, warum bei der geplanten Änderung des „wichtigsten Regelwerkes einer Kommune“ sowohl die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen als auch die Verwaltung nicht miteinbezogen worden seien. Die dritte Frage sei, warum in der Begründung „schwere Vorwürfe gegen mich“ erhoben wurden.

Für den OB lautet nach eigener Darstellung die Kernfrage: Wenn die drei übrigen Fraktionen, die an der Erarbeitung der Vorlage durch den Stadtpräsidenten beteiligt gewesen seien, und der Stadtpräsident sowie dessen Stellvertreterin den Anfangsverdacht gehabt hätten, dass der Oberbürgermeister angeblich Mitarbeitende mobbe, warum hätten sie den Weg der Hauptsatzungsänderung gewählt, um das vermeintliche Problem „zu lösen“? Witt: „Dies entbehrt jedweder Logik.“

Affäre könnte ein Fall für die Staatsanwaltschaft werden

Witt zufolge ist es den Handelnden nicht um einen 2. Beigeordneten oder den Schutz vermeintlich Betroffener gegangen. „Um gegen mich Aufmerksamkeit und Stimmung zu erzeugen, scheut man selbst vor dem Straftatbestand der üblen Nachrede oder der Verleumdung nicht zurück.“ Für den OB liegt die Zäsur im Januar 2021. Mit seinem Vorschlag zu einem möglichen OB-Wahltermin habe ein „ewig gleicher Kanon“ von Vorwürfen begonnen, der sich bis zum heutigen Tag ziehe.

Im Grunde sei die Ursache für die Vorwürfe immer dieselbe, führte der Verwaltungschef weiter aus: „Manch einem fällt es schwer, meine Person im Amt des Oberbürgermeisters zu akzeptieren.“ Mit diesen „demokratischen Realitäten“ müssten sich die Handelnden aber abfinden, betonte Witt und verweist darauf, dass kein Mitglied der Stadtvertretung zur OB-Wahl 2022 angetreten sei, die er mit 87,5 Prozent der Stimmen gewonnen habe.

„Tiefpunkt einer Kette von mangelndem Respekt”

Für den an diesem Tag vereidigten Amtsinhaber sind die Ereignisse vom 28.  April der „Tiefpunkt einer Kette von mangelndem Respekt gegenüber dem Amt des Oberbürgermeisters“. Die stellvertretende Stadtpräsidentin habe die Sachlage gekannt und könne sich nicht auf die Rolle der „Vorleserin“ zurückziehen. Die Autoren der schweren Vorwürfe seien Teil der Stadtvertretung. „Solange diese sich nicht dazu bekennen und dabei unterstützen, die Vorwürfe aufklären zu lassen, ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht möglich.“ Witt kündigte an, die Angelegenheit nun den Ermittlungsbehörden zu übergeben.

Der OB hofft nach eigenen Worten sehr, dass sich der Sachverhalt „durch Eigeninitiative schnell aufklärt und wir gemeinsam Politik wieder eine Sach- und Werteorientierung verleihen – und ein freundliches Gesicht“. Die Bürger hätten für politische Ränkespiele „wenig bis kein Verständnis“.

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