Noch Hoffnung?
Menschen kämpfen für Frühchen vor dem Bundestag
Berlin / Lesedauer: 3 min

Mit eindringlichen Worten hat die Einreicherin der Frühchen–Petition vor dem Bundestag vor einer Gefährdung der flächendeckenden Versorgung von sogenannten Extremfrühchen im ländlichen Raum gewarnt. Die Vorsitzende der Mitarbeitervertretung des Dietrich–Bonhoeffer–Klinikums, Renate Krajewski, sagte am Montag vor dem Petitionsausschuss des Bundestages: „Wir sind nur die Spitze des Eisberges und stehen stellvertretend für ein bundesweites Problem“. Zahlreihe Level–1-Perinatalzentren in vielen Bundesländern erreichten die geforderten Mindestmengen nicht und dürften nur aufgrund einer positiven Prognose weiterarbeiten.
Seit Jahresbeginn gilt Behandlungsverbot
Nach den Worten der Einreicherin einer Petition mit 110 000 Unterschriften droht 31 Perinatalzentren Level 1 ab 2024 "das gleiche Schicksal" wie in Neubrandenburg. Am Krankenhaus in der drittgrößten Stadt in MV gilt seit Jahresbeginn ein Behandlungsverbot für sogenannte Extremfrühchen mit einem Geburtsgewicht von unter 1250 Gramm, weil die notwendige Mindestzahl von aktuell 20 Behandlungen im Jahr nicht erreicht wurden, ab 2024 hat der Gemeinsame Bundesausschuss eine jährliche Mindestmenge von 25 Fällen festgelegt, um die Behandlungsqualität zu sichern. Unter Berufung auf einen Professor warnte Krajewski, dass viele Kliniken, die ihren Level 1 Status verlieren, auch ihren Level 2 Status zur Versorgung reif Frühgeborener aufgeben werden. Die gesetzlichen Anforderungen sein fast identisch, die Vergütung bei Level 2 aber viel höher.
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Die langjährige Krankenschwester gab überdies zu bedenken, dass die Frühchen nur der Anfang seien. Der Gemeinsame Bundesausschuss, das höchste Beschlusswesen des deutschen Gesundheitswesens, lege für immer mehr Leistungen Mindestmengen fest. Jetzt sei es die Behandlung von Frühstgeborenen, es gehe weiter mit Speiseröhren– und Lungenkrebs und könne - so sei es im Gespräch - bei Mindestgeburtenzahlen enden, sodass Entbindungsstationen mit weniger als 500 Geburten im Jahr schließen müssten.

Für Renate Krajewski ist klar, dass Mindestfallzahlen "keine ideale Lösung" für Qualitätssicherung von Frühgeburten sind. Stattdessen müssten die Strukturvoraussetzungen gegeben sein, die bereits geregelt seien, und die Ergebnisqualität sollte an vergleichbaren Parametern wie Überleben und Überleben ohne schwere Erkrankung gemessen werden. Die Vorsitzende der Mitarbeitervertretung appellierte an die Mitglieder des Bundestags auf, "für die Allerkleinsten und Schwächsten" ihr Statement abzugeben.
TV–Star Carsten Stahl war auch dabei
Unterstützung bekam Krajewski von rund hundert Menschen, die unter der Organisation der Biker Friends MV mit drei Bussen aus Neubrandenburg anreisten und vor dem Reichstagsgebäude demonstrierten. „Dass wir es geschafft haben, angehört zu werden, hätte keiner zu glauben gewagt“, sagte Armbrust stolz. Mit dabei war unter anderem TV–Star Carsten Stahl.

„Es gibt nichts wichtigeres, als für unsere Kinder anzuecken“, sagte Stahl. Wenn für Krieg Geld da sei, müsse es auch Mittel für Frühchen geben. Der stellvertretende Bürgermeister Neubrandenburgs, Peter Modemann (CDU), betonte, wie wichtig der Schritt vor dem Petitionsausschuss für die Entwicklung von ganz Mecklenburg–Vorpommern sei. „Oft wird Politik nur aus dem Blickwinkel großer Städte gemacht“, sagte der Bundestagsabgeordnete Johannes Arlt (SPD). Deshalb müsse man sich für den ländlichen Raum stark machen.
Amthor forderte mehr Druck
Wie Philipp Amthor (CDU) hervorhob, sei es keine Selbstverständlichkeit, es vor den Petitionsausschuss zu schaffen. „Der dicke Hammer kommt aber erst noch“, so der Bundestagsabgeordnete. Angesichts der geplanten Krankenhausreform müsse mehr Druck ausgeübt werden. "Es ist wichtig, der Regierung kritische Fragen zu stellen“, sagte Ina Latendorf (Die Linke) aus dem Petitionsausschuss. Enrico Komning (AfD) mahnte wiederum, nicht auf die Reform zu warten. Das Bundestagsmitglied warb für eine parteiübergreifende Abänderung des entsprechenden Paragraphen. „Es geht um Leben und Tod. Das muss den Leuten endlich klar werden."