Wegen Maskenpflicht
Nach Corona-Pandemie massive Probleme bei Schulanfängern in MV
Seenplatte / Lesedauer: 3 min

Robin Peters
Mit dem kommenden Schuljahr wachsen nicht nur die Schülerzahlen, sondern auch Probleme unter Schulanfängern. Darauf weisen erste Erkenntnisse der Einschulungsuntersuchungen hin, die im Nordosten aktuell vor dem Abschluss stehen. Im Landkreises Mecklenburgische Seenplatte wurden nach Angaben der Verwaltung schon Anfang Juni über 90 Prozent der Untersuchungen abgeschlossen. Eine statistische Auswertung erfolge aber erst zum Ende September. Im Landkreis Vorpommern–Greifswald hat man dagegen fast alle Kinder untersucht — und erste bedenkliche Entwicklungen beobachtet.
Weniger Sport durch Corona–Pandemie
So wurden bereits Auffälligkeiten wie eine eingeschränkte Motorik, verzögerte Sprachentwicklung oder erhöhtes Körpergewicht festgestellt. „Vieles kann auf Einschränkungen während der Corona–Pandemie zurückgeführt werden“, sagt Steffen Büchner, stellvertretender Vorsitzender des MV–Landesverbandes der Kinder– und Jugendärzte e.V. Durch den vorübergehenden Wegfall des Breitensports hätten sich Kinder beispielsweise weniger bewegt. Einige seien nach der Pandemie nicht wieder zum Sport zurückgekehrt. Was Kinder in der Kita lernen, könne zudem nicht immer zu hundert Prozent durch die Eltern vermittelt werden. „Kinder lernen viel von Gleichaltrigen“, sagt der Kinderarzt aus Güstrow. Das dürfe man nicht unterschätzen.
Allerdings seien die Einschränkungen der Pandemie längst nicht der einzige Grund für Auffälligkeiten. Dass Kindern heute zum Beispiel schwerer fällt, einen Stift zu halten, zu schreiben oder etwas zu basteln, hänge unter anderem mit der heutigen Mediennutzung und Betreuung der Kinder zusammen. Schon kleine Kinder werden laut Büchner zu oft mit dem Smartphone oder Tablet allein gelassen. Auf dem Spielplatz würden Eltern immer häufiger mit dem Smartphone an der Seite stehen, anstatt sich aktiv mit dem Kind zu beschäftigen. Sogar die steigenden Lebensmittelpreise hätten Folgen für die kindliche Entwicklung. Insbesondere sozial schwache Familien würden noch öfter zu günstigen, fleisch– und fetthaltigen Produkten greifen. Die Zahl dicker Kinder nehme zu. Das Gewicht von dicken Kindern sei zudem oft höher als früher.
Gestörte Sprachentwicklung durch das Maske–Tragen
Sven Armbrust, Chefarzt der Klinik für Kinder– und Jugendmedizin im Dietrich–Bonhoeffer–Klinikum in Neubrandenburg, beobachtet darüber hinaus eine Zunahme von Essstörungen unter Kindern. Für manche Kinder seien Bildungseinrichtungen die einzigen Orte, wo ein Gefühl der Geborgenheit vermittelt wird. Dass diese wochenlang geschlossen waren, habe Spuren hinterlassen. Besonders Kinder, die wenig Unterstützung von ihren Eltern erfahren, seien weiter zurückgefallen.
Durch das Maske–Tragen würden zudem viele Kinder nuscheln. Denn zur Sprachentwicklung gehöre auch die Beobachtung von Lippenbewegungen. „Die ganze Gesellschaft ist offenbar vulnerabler als gedacht“, sagt Armbrust. Der Vielzahl an Problemen könne man kaum effektiv entgegenwirken. Es gebe viel zu wenig Angebote für den enormen Förderbedarf.
Mehr neue Schüler als im Vorjahr
Im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte werden im kommenden Schuljahr mehr Kinder eingeschult als im Vorjahr. Bislang seien 2335 Schüler gemeldet worden, 2022 waren es 2242. Dennoch will man von dort von keinem erheblichen Anstieg sprechen. „Die Anzahl der Schulanfänger hält sich nach wie vor stabil“, heißt es aus der Verwaltung. Auch in Vorpommern–Greifswald starten nach aktueller Kenntnis des Staatlichen Schulamtes Greifswald mit 1746 Schülern mehr in den Schulalltag als im vergangenen Jahr — allein schon wegen der großen Zahl Geflüchteter.