Integration

Nach Flucht aus Syrien den Neustart in Neubrandenburg

Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

Eine syrische Familie verlässt ihre Heimat und findet 3000 Kilometer weiter in Neubrandenburg ein Zuhause. Inzwischen fühlen sie sich hier wohl.
Veröffentlicht:15.04.2021, 11:27
Aktualisiert:06.01.2022, 21:44

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Suhir Aizouki hatte es nicht einfach in den letzten Jahren. Doch nun scheint die syrische Frau endlich angekommen zu sein. Suhir Aizouki kommt gebürtig aus Syrien, genauer aus der Hauptstadt Damaskus. Dort lebte sie zufrieden mit ihrem Mann Emad Taher und ihren vier Kindern. Doch dann brach 2011 der Krieg aus und ihre Welt stellte sich von jetzt auf gleich auf den Kopf. Oppositionelle, kurdische Milizen, islamistische Terroristen und Regierungstruppen liefern sich seit dieser Zeit erbitterte Kämpfe. Der größte Verlierer dabei ist wie immer die Zivilbevölkerung.

„Es war furchtbar“, erinnert sich Suhir Aizouki, „Ständig machten wir uns Sorgen um Essen und um die Bomben, die auf uns fielen.“ 2015 entschloss sich die Familie dann zu einem radikalen Schritt: Sie verkauften die gemeinsame Wohnung und planten die Flucht nach Europa. Ihr Mann sollte vorausgehen und den Rest der Familie dann nachholen. 17 Tage brauchte er, bis er in Deutschland ankam. Mit dem Boot fuhr er von der Türkei nach Griechenland. Auf dem Mittelmeer wäre er fast gekentert, doch ein Rettungsschiff nahmen ihn und die anderen Flüchtlinge an Bord. „Das war sehr gefährlich, doch besser als Krieg“, blickt Emad Taher auf die Strapazen seiner Flucht zurück.

„Sprache ist der Schlüssel für Arbeit und Leben hier“

Suhir Aizouki blieb mit ihren vier Kinder in Syrien zurück und fand bei ihrer Mutter einen Unterschlupf. Das war die wohl schwerste Phase in ihrem Leben. Getrennt von ihrem Mann musste sie die Familie versorgen und hoffen, dass die bald nachkommen kann.

Nach ihrem Abitur fing sie sofort an zu jobben. Erst als Sekretärin in verschiedenen Unternehmen in Damaskus, später als Tagesmutter, um einen Zuverdienst zu haben. Anders als in Deutschland gibt es in Syrien keine Sozialleistungen und oft reicht der Lohn nicht zum Leben.

2017 wurde die Familie endlich wieder zusammengeführt. Ihr Mann hatte in Neubrandenburg Arbeit gefunden und arbeitet inzwischen als Finanzbuchhalter. Seiner Frau und den gemeinsamen Kindern ermöglichte er so eine sichere Reise nach Deutschland. Doch damit hörten die Probleme nicht auf. Suhir Aizouki sprach kein Wort Deutsch, der Kulturschock war groß und dennoch waren sie wieder vereint und in Sicherheit. Sie durchlief Integrationskurse und Bewerbungstrainings und machte ein Praktikum in einer Kindertagesstätte. Dabei merkte sie, dass bei der Arbeit mit deutschen Kindergruppen die Sprachprobleme doch noch zu groß waren. Richtig Deutsch lernte sie dann in Gesprächen mit ihrer Nachbarin. „Sie hat mir damals beim Erlernen der Sprache sehr geholfen und unterstützt immer noch viele ausländische Frauen, denn die Sprache ist der Schlüssel für die Arbeit und das Leben in Deutschland“, bedankt sich Suhir Aizouki für die Hilfe. Nachdem sie zunächst als Küchenhilfe jobbte, hat sie nun eine feste Anstellung gefunden beim Deutschen Roten Kreuz. Dort arbeitet sie als Altenpflegehelferin im Pflegeheim in der Robert-Blum-Straße und fühlt sich sehr wohl in ihrem neuen Job.

„Neubrandenburg ist jetzt meine Heimat“

Die Kinder fühlen sich in Deutschland wohl. Die Tochter studiert im 3. Semester Psychologie, der große Sohn macht gerade sein Abitur und die neunjährigen Zwillinge gehen hier in Neubrandenburg in die Grundschule.

Das Jobcenter unterstützt sie noch für die Dauer von sechs Monaten finanziell mit dem Einstiegsgeld, doch inzwischen hat sich die Situation der Familie stabilisiert und sie zahlen selbst ihre Miete. „Es ist schön und wunderbar hier in Neubrandenburg“, findet Frau Aizouki. „Ab und zu habe ich Heimweh, aber wir hatten hier die Möglichkeit für einen neuen Anfang und konnten uns selbst verwirklichen.“ Ihr Mann geht sogar noch weiter: „Ich kann ganz ehrlich aus tiefstem Herzen sagen, dass Neubrandenburg jetzt meine Heimat ist.“