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Ausstellung und mehr

Neubrandenburg will sich mit DDR-Kunst auseinandersetzen

Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

Über 30 Jahre nach der Wiedervereinigung tun sich einige immer noch schwer mit dem künstlerischen Erbe der DDR. In der Vier-Tore-Stadt ist das zum Beispiel am Rathaus-Fresko festzumachen.
Veröffentlicht:13.02.2022, 06:28

Von:
  • Mirko Hertrich
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Begleitet von einer Ausstellung, will sich die ehemalige DDR-Bezirksstadt Neubrandenburg bei einem Projekt mit dem Titel „Drinnen und draußen. Kunst und Kultur im Norden der DDR“ mit DDR-Kunst auseinandersetzen. Das Projekt setze sich aus drei Themenschwerpunkten zusammen und werde im September umgesetzt, wie Rathaussprecherin Anett Seidel dem Nordkurier auf Nachfrage mitteilte. Zum 40. Geburtstag der Kunstsammlung werde es unter anderem eine Ausstellung mit Werken der Kunst aus der DDR-Zeit aus dem eigenen Bestand geben.

Tagung geplant

Außerdem sei eine Tagung geplant, die sich inhaltlich mit dieser Kunst auseinandersetze und sich ergänzend der Auftragskunst der DDR in den drei Nordbezirken widme. Dazu habe sich Elke Pretzel von der Kunstsammlung im Beeskower Kunstarchiv umgeschaut und bereits eine Auswahl vorgenommen. 16 Kunstwerke und zwei Plastiken sollen im Haus der Kultur und Bildung (HKB) zu sehen sein.

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Die Ostdeutsche Sparkassenstiftung und das Landesamt für Kultur- und Denkmalpflege unterstützten das Vorhaben, hieß es. Kirsten Cummerow von der Stiftung der Neubrandenburger Sparkasse hat jetzt im Namen der Ostdeutschen Sparkassenstiftung eine Fördermittelzusage an Oberbürgermeister Silvio Witt (parteilos) und Elke Pretzel übergeben.

Fresko-Freilegung soll zur Diskussion gestellt werden

Nicht ohne Grund widme sich die Vier-Tore-Stadt diesem Thema, unterstrich Anett Seidel. Neubrandenburg habe durch seine Geschichte vielfältige Anknüpfungspunkte an Kunst aus dieser Epoche, mit denen man sich – auch kontrovers – auseinandersetzen könne, die aber nicht vergessen werden sollten. Die mögliche Freilegung oder der Umgang mit dem Fresko „Kampf und Sieg der Arbeiterklasse“ im Rathaus solle damit ebenfalls noch einmal zur Diskussion gestellt werden, führte die Sprecherin an. „Eine Entscheidung ist damit nicht getroffen und auch nicht Bestandteil des Projektes.“

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Das zwölf Meter lange Fresko war 1969 als Auftragswerk entstanden. Wolfram Schubert gestaltete es für das Foyer des neu gebauten Hauses am Friedrich-Engels-Ring, in das die SED-Bezirksleitung und der Rat des Bezirkes einzogen. Von 1965 bis 1988 war Schubert Vorsitzender des Bezirksverbandes der Bildenden Künstler. Nach der Friedlichen Revolution wurde das Bild 1990 überklebt. Heute hat in dem Gebäude das Neubrandenburger Rathaus seinen Sitz, das derzeit energetisch saniert wird.

Gegenstimmen zur Freilegung

Oberbürgermeister Silvio Witt hatte vorgeschlagen, einen Teil des 30-Quadratmeter-Bildes als Zeitdokument freilegen und begutachten zu lassen. Später wurde dann an einem kleinen Stück des Freskos die Tapete entfernt, im Beisein des heute 95-jährigen Wolfram Schubert.

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Einige Neubrandenburger sind allerdings gegen eine Freilegung, zum Beispiel Autor Hans-Joachim Nehring. Er fordert, die Stadt Neubrandenburg solle im Eingangsbereich des Rathauses die Bürgerinnen und Bürger ehren, „welche im Herbst 1989 auf den Barrikaden der Friedlichen Revolution standen und unsere heutigen Freiheitsrechte erkämpft haben“. Der historische Stellenwert der DDR-Geschichte solle nicht negiert werden, „allein es geht darum, eine Diktatur nicht nachträglich aufzuwerten und andererseits eine schwer erkämpfte Demokratie abzuwerten“.