Kriminalität

Neubrandenburgs Problem mit seinen Kinderbanden

Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

Die Stadt zeigt sich entsetzt, wie aggressiv bereits Neun- und Zehnjährige teilweise agieren. Mehr Sozialarbeiter könnten helfen – doch wer soll die bezahlen?
Veröffentlicht:27.05.2023, 07:38

Von:
  • Author ImageMirko Hertrich
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Beleidigung, Brandstiftung, Körperverletzung, Sachbeschädigungen, Schulhoferpressung – zwischen Reitbahn- und Vogelviertel sowie in der Oststadt treiben Gruppen junger Menschen ihr Unwesen, die schon einiges auf dem Kerbholz haben. Die Polizei kann ihrer zwar habhaft werden, sie aber nicht verfolgen. Denn viele der Übeltäter sind zwischen neun und zwölf Jahre alt und somit als Kinder nicht strafmündig, wie Neubrandenburgs Vize–Bürgermeister Peter Modemann (CDU) jüngst berichtete. Das seien „keine Lausbuben, sondern Kinder, die an der Schule stehlen und erpressen‟.

Mitarbeiterinnen bedroht und beleidigt

Bei den Tätern handele es sich um Deutsche und Ausländer, hieß es. Die Stadt will jetzt reagieren und zur Stärkung der Prävention Jugendsozialarbeiter bereitstellen. Eine Aufgabe, die eigentlich dem Kreis obliegt.

Besonders ausfällig sei eine Gruppe von Kindern und Jugendlichen, die sich an der Traberallee auf dem Platz vor und in der „Oase“ aufhält. Dabei handelt es um eine Kirchengemeinde, die auch Angebote für Kinder und Jugendliche macht. Wie Peter Modemann sagte und auch der Nordkurier erfuhr, wurden die Mitarbeiterinnen derart bedroht und beleidigt, dass sie vorerst die Öffnungszeiten am Freitag eingestellt haben. Auch der Verein Kinderschutz Neubrandenburg berichtet regelmäßig von Übergriffen, die dort aus der Gruppe heraus begangen werden – wohl aufgestachelt von einem älteren Rädelsführer.

Zuständig sind eigentlich Polizei und Landkreis

Peter Modemann berichtete im Ausschuss für Umwelt, Ordnung und Sicherheit, es gebe in den Stadtteilen Jugendgruppen, die eigentlich schon Jugendbanden seien mit „erheblichen kriminellen Energien“, allerdings strafunmündig. Zuständig dafür seien Polizei und Jugenddienst des Kreises. Die Stadt habe eigentlich nicht die Zuständigkeit und Kompetenz, wolle jetzt aber als Konsequenz gemeinsam die Prävention „anfassen“.

„Wir müssen uns Gedanken machen, dass nicht noch mehr Jugendliche abrutschen“, warnte der Vize-OB. Dafür sollten den Kindern und Jugendlichen Angebote gemacht werden. „Wir müssen uns vermehrt wieder um niedrigschwellige Jugendarbeit kümmern.“ 

Mit Blick auf die vielen seit Verlust der Kreisunabhängigkeit geschlossenen Jugendeinrichtungen bemängelte der Ausschussvorsitzende Hans-Jürgen Schwanke (Bürger für Neubrandenburg), die Jugendarbeit in Neubrandenburg sei eine „Katastrophe“. Hier müsse die Stadt mehr Druck ausüben auf den Kreis.

Kunze: Stadt braucht Prävention und Restriktion

Die Stadt will neben bestehenden Präventionsangebote auf „Intensivjugendarbeit“ setzen. „Wo und wie wir das finanzieren, ist das Problem“, räumte Peter Modemann ein. Bei der Stadt sei anerkannt worden, dass dies nicht mehr unbedingt eine freiwillige Leistung sei, sondern „quasi schon in Richtung Pflichtigkeit geht, ansonsten werden wir der Sache nicht Herr“.


Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Rainer Kirchhefer erinnerte daran, dass sich vor einigen Jahren die Mehrheit in der Stadtvertretung für eine personelle Stärkung des Ordnungsamts ausgesprochen hatte und gegen mehr Prävention. Er kritisierte: „Das rein restriktive Vorgehen hat vorhersehbar nicht geholfen.“ Ordnungsamtsleiterin Konstanze Kunze warnte dagegen davor, Restriktion und Prävention in Neubrandenburg gegeneinander auszuspielen. „Wir brauchen beides.“