Rechtsextemismus

Regenbogenflagge in Neubrandenburg gestohlen und Hakenkreuzflagge gehisst

Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

Nach dem Hissen der Nazifahne ist die Bestürzung groß. Der betroffene Verein sieht eine neue Qualität - und zieht eine Verbindung zur AfD und den "Bürgern für Neubrandenburg".
Veröffentlicht:29.07.2023, 09:27
Aktualisiert:30.07.2023, 20:38

Von:
  • Nordkurier
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Am Samstagmorgen wurde die Polizei gegen 6.30 Uhr über eine politisch motivierte Straftat am Bahnhof in Neubrandenburg informiert.

Wie die Polizei mitteilte, hatten unbekannte Tatverdächtige in der Nacht auf dem Bahnhofsvorplatz die gehisste Regenbogenflagge entwendet und durch eine Hakenkreuzflagge ersetzt.

Die Flagge wurde durch die eingesetzten Polizeibeamten vom Fahnenmast entfernt und sichergestellt. Ein entsprechendes Ermittlungsverfahren wurde eingeleitet.

Innenminister reagiert - und der betroffene Verein

SPD-Innenminister Christian Pegel verurteilte die Tat scharf: "Das Hakenkreuz steht für die schlimmsten Verbrechen an der Menschlichkeit, die je von deutschem Boden ausgegangen sind - sie zu hissen ist nicht nur eine Straftat, sondern menschenverachtend und klar verfassungsfeindlich."

„Mit großer Bestürzung haben wir heute Morgen vom erneuten Diebstahl der Regenbogenflagge vor dem Neubrandenburger Bahnhof erfahren", sagt  Nils Berghof, stellvertretender Vereinsvorsitzender von queerNB.  Dass statt derer nun eine Hakenkreuzflagge gehisst wurde, habe allerdings im Vergleich zu den Diebstählen in der Vergangenheit eine ganz neue Qualität. "Es macht eben deutlich, dass es nicht ein Dummer-Jungen-Streich ist, sondern eine politische Agenda von rechts außen hinter dem gezielten Diebstahl der Regenbogenflagge steckt", so Berghof.

Und Marcel Spittel, Vorsitzender des Vereins, ergänzt, dass in der zurückliegenden Woche bereits Diskussionen auf Facebook die Stimmung angeheizt hätten. „So schrieb der Neubrandenburger AfD-Bundestagsabgeordnete Enrico Komning von „,woken‘ Regenbogen-Unsinn, der Minderheiten-Interessen unverhältnismäßig überhöht“, so Spittel. Und Tim Großmüller, Mitglied der Fraktion Bürger für Neu-brandenburg in der Neubrandenburger Stadtvertretung habe ins gleiche Horn geblasen. Er schrieb laut Spittel: „ICH BIN GEGEN DIE POLITISCHE AGENDA DER ALTPARTEIEN, DIE DIESE NUNMEHR SYMBOLISIERT.“ Flankiert werde dies laut Queer NB von einer Kampagne auch der AfD unter dem Slogan „Stolz-Monat“, was eine Gegenaktion zum sogenannten Pride Month im Juni sei.

Die Polizei bittet die Bevölkerung um Mithilfe. Wer das Tatgeschehen beobachtet hat oder Hinweise zu den Tatverdächtigen geben kann, wird gebeten, sich bei der Polizei in Neubrandenburg, Telefon 0395 55825224, jeder anderen Polizeidienststelle oder über die Onlinewache der Landespolizei MV zu melden.

Auch die Stadtverwaltung verurteilt diese Straftat auf das Schärfste. „Mit der öffentlichen Inszenierung von rechtsextremen Symbolen und Zeichen ist eine neue Dimension der Verherrlichung der menschenverachtenden Ideologie des Nationalsozialismus in der Vier-Tore-Stadt Neubrandenburg erreicht. Dies ist kein Kavaliersdelikt oder Jugendstreich. Es ist eine Straftat, deren Verursacher mit aller gebotenen Härte des Gesetzes durch die Behörden zu ermitteln und zu bestrafen sind“, heißt es in einer Mitteilung. „Neubrandenburg lebt und fördert die Vielfalt der Kulturen. Dieser Angriff auf die Menschenwürde, Freiheit und Demokratie macht die Notwendigkeit der dauerhaften Präsenz der Regenbogenflagge nur umso deutlicher.“

Update Sonntag, 30. Juli, 20:00 Uhr: Stellungnahme Enrico Komning

Der AfD-Abgeordnete Enrico Komning hat sich auf Nordkurier-Anfrage zu den indirekt gegen ihn erhobenen Vorwürfen geäußert. Er stellte klar, dass er den Vorfall am Bahnhof verurteile: „Wer so etwas macht, begeht eine strafbare Handlung. Ich sage nicht nur als Anwalt, sondern auch als Bürger: Diese Tat ist zu verurteilen und muss bestraft werden.“ Zu den Vorwürfen von „QueerNB“ sagte er: „Nur weil ich diesen ganzen queeren Unsinn ablehne – und dabei bleibe ich auch – jetzt irgendwie zu konstatieren, dass ich so etwas gutheiße oder begünstigen würde, ist vollkommen abwegig.“