Brandstiftung
▶ Schandfleck Neubrandenburgs ist nur noch Asche
Neubrandenburg / Lesedauer: 4 min

Mirko Hertrich
Von dem alten Holzhaus sind nur ein paar angekohlte Überreste geblieben. An einer Stelle steigt am Dienstag noch etwas Rauch auf aus dem Schutt, den ein Feuer vom Montagnachmittag auf dem verwilderten Grundstück mitten in der Neubrandenburger Südstadt hinterlassen hat. Innerhalb kürzester Zeit wurde das verfallende Holzhaus auf der Brache zwischen Neustrelitzer Straße und Nonnenhofer Straße Raub der Flammen.
Die Flammen griffen auch auf die Vegetation des seit Jahrzehnten verlassenen Geländes über, wovon zahlreiche Stümpfe komplett niedergebrannter Bäume und angebrannte Blätter zeugen. Dank des schnellen Einsatzes die Kameraden der Berufsfeuerwehr und der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Neubrandenburg konnte das Feuer unter Kontrolle gebracht und gelöscht werden. Verletzte gab es keine.
Schwarze Rauchsäule über Neubrandenburg
Nach gegenwärtiger Einschätzung wird laut Polizei als Ursache von Brandstiftung ausgegangen. Die ersten Spuren am Tatort wurden durch Beamte des Kriminaldauerdienstes Neubrandenburg gesichert, teilte Polizeisprecherin Susann Ossenschmidt mit. Über den Einsatz eines Brandursachenermittlers wollte die Staatsanwaltschaft Neubrandenburg am Dienstag entscheiden.
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Den Verdacht auf Brandstiftung hatten Augenzeugen bereits im Gespräch mit dem Nordkurier geäußert. Steffen Renninger, Chef der angrenzenden Fahrzeug-Komplettreinigung Neubrandenburg, und Thomas Ladendorff, Filialleiter des benachbarten Volvo-Autohauses, berichteten bei einem Vorort-Termin von einer schwarzen Rauchsäule, die schnell aufgestiegen sei. Kurz darauf hätten bereits die Kronen von Bäumen gebrannt. Es sei der vierte größere Brand, der sich auf dem Grundstück in den vergangenen Jahren zugetragen hat.
Immerhin der Waschbär hat überlebt
In den Jahren des Leerstandes hat sich das Grundstück auch in ein Naturparadies mitten in der Stadt verwandelt, auf dem sich allerdings auch der Müll stapelt. Thomas Ladendorff hat einen Tag nach dem Brand noch einen Waschbären, den er „Marvel“ getauft hat, „mit Frau“ wohlauf angetroffen. Sein Nachbar Steffen Renninger fürchtet allerdings, dass viele Fledermäuse verbrannt sind. „Und das kurz vor einer geplanten Biotop-Begehung“, argwöhnt der Unternehmer.
Das insgesamt 6000 Quadratmeter große Brandgrundstück gilt angesichts seiner prominenten Lage an der Neustrelitzer Straße als einer der größten Schandflecke der Vier-Tore-Stadt (der Nordkurier berichtete). Neben dem abgebrannten Gebäude befinden sich auf dem Gelände weitere Baracken sowie zwei villenähnliche Häuser.
Leerstand hat eine lange Geschichte
Der Leerstand hat eine lange Geschichte. Schon bis 1999 reichen die Pläne des privaten Investors zurück, auf dem ehemaligen RWN-Gelände einen Discount-Markt zu errichten. Der Bebauungsplan sieht allerdings nur gewerbliche Flächen vor, jedoch keinen Einzelhandel. Der Eigentümer prozessiert seit Jahren mit der Stadt um die Wirksamkeit und Rechtmäßigkeit von Bebauungsplänen. 2009 erzielte er einen Vergleich über 950 000 Euro aus der Kommunalen Schadensausgleichskasse.
Jetzt kommt Bewegung in die verfahrene Geschichte. Die Stadt bestätigte dem Nordkurier, dass es Pläne eines Bremer Investors gibt, das Privatgrundstück zu kaufen. Dabei handelt es sich dem Vernehmen nach um den Betreiber einer Waschstraßen-Kette. Steffen Renninger fürchtet angesichts der Ansiedlung um seinen Betrieb mit fünf Angestellten, in den er erst kürzlich viel Geld für eine neue Abwasseranlage investiert hat. „Die schaffen 120 Fahrzeuge in der Stunde, wir 6“, gibt er zu bedenken. Auch gebe es allein in der Neustrelitzer Straße bereits sieben Waschanlagen. „Wozu brauchen wir eine achte?“
Stadt hat keine Handhabe gegen Investor
Rathaussprecherin Anett Seidel sagte dem Nordkurier, der B-Plan mache eine gewerbliche Nutzung in dem Bereich möglich. Somit habe die Verwaltung keine Handhabe, dagegen vorzugehen, was die Bremer Firma dort plane. Die Stadt dürfe nicht „unzulänglich“ in den Markt eingreifen. „Wir haben freie Marktwirtschaft.“ Die Stadt habe aber mit den Investoren und den umliegenden Firmen Gespräche geführt, sagte Anett Seidel.
Die Polizei warnte am Dienstag „eindringlich“ vor dem Betreten des Geländes, bei dem die Nachbarn monieren, dass es nicht ausreichend gesichert ist. Ein Anwohner, der auf einem Fahrrad vorbeikam, berichtete dem Nordkurier, dass sich auf dem Gelände regelmäßig Jugendliche treffen, um laut Musik zu hören, zu rauchen und Alkohol zu trinken. Sie kämen aber meist abends und nicht am Nachmittag.
Der Brand war gegen 16 Uhr ausgebrochen. Die Polizei sucht jetzt Zeugen. Personen, die Hinweise auf einen möglichen Brandverursacher geben können, werden gebeten, sich bei der Polizei zu melden unter 0395 5582224 oder der Internetwache unter www.polizei.mvnet.de.