Sexismus

Skandal-Song – auch Neubrandenburg will „Layla” verhindern

Neubrandenburg / Lesedauer: 4 min

Der Party-Hit „Layla” ist wegen des Sexismus-Vorwurfes in aller Munde. Auch die Stadt Neubrandenburg appelliert an Schausteller beim Vier-Tore-Fest, das Lied nicht zu spielen.
Veröffentlicht:20.07.2022, 18:52
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  • Author ImageTim Prahle
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Die Stadt Neubrandenburg empfiehlt den Schaustellern den Party-Song „Layla” auf dem Vier-Tore-Fest nicht zu spielen – will aber kein explizites Verbot aussprechen. Das sei trotz des diskriminierenden Inhaltes kontraproduktiv, meinen die Verantwortlichen im Rathaus.

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Sexismus, Puffmütter und Gerichtsverfahren

Seit Wochen macht der Ballermann-Hit bundesweit Schlagzeilen, die besungene „Puffmama” der Künstler DJ Robin & Schürze hat es zu landesweitem Ruhm gebracht. Beständig hält sich der Titel auf Platz eins der Charts. Nicht zur Freude aller.

Die Stadt Würzburg reagierte als erste und sprach ein Verbot für das Lied auf dem Kiliani-Volksfest aus. Die Begründung: Das Lied sei zu sexistisch. Immer mehr Städte folgten, die „Layla” aus ihren Bierzelten verbannen wollten. Die Düsseldorfer Kirmes mit ihren vier Millionen Besuchern war der bisherige Höhepunkt der Debatte. In Neubrandenburg will man diesen drastischen Schritt noch nicht gehen, auch wenn die Stadtverwaltung das wenig tiefgründige Lied durchaus für bedenklich hält, wie sie auf Nordkurier-Anfrage mitteilte.

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Lied verstoße gegen Werte der Stadt

„Das Lied ist unbestritten sexistisch und steht zurecht öffentlich in der Kritik”, heißt es dazu aus dem Neubrandenburger Rathaus. Das Lied stehe dem entgegen, wofür sich die Vier-Tore-Stadt seit Jahren einsetze, nämlich Gleichberechtigung. Mehr noch: Der „frauenfeindliche und verunglimpfende Text” spiegele in keiner Weise die progressive Gesellschaft wider, die Menschen aller Geschlechter in gleichem Maße respektiert, führt die Stadt mit viel Pathos aus.

Aus diesen Gründen würden die Stadt mit Blick auf das Vier-Tore-Fest auch an die Schausteller appellieren, „von der Wiedergabe und Verbreitung von diskriminierenden, sexistischen und entwürdigenden Inhalten aus Vernunft und Respekt vor der Menschenwürde jedes Einzelnen abzusehen.”

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Darf Kunst geschmacklos sein?

Ein Verbot sei dennoch falsch. „Kunst kann auch geschmacklos und provokant sein”, so die Antwort aus dem Neubrandenburger Rathaus. Kunst schützt auch niveaulose Werke, wie die Vergangenheit zeige, heißt es von der Stadt, ohne dass konkrete Beispiele genannt werden. Erst wegen eines behördlichen Verbotes gebe es die bundesweite Debatte, die Aufmerksamkeitsspirale werde weiter angeheizt, da die Menschen immer animiert seien, gegen Verbote zu verstoßen.

Die Debatte um den Hit, zu dem normalerweise gedankenlos mitgegrölt wird, hatte teilweise obskure Züge angenommen, Musikwissenschaftler bemühten sich, den Sexismus aus den Zeilen herauszukristallisieren, Liebhaber der Zeilen sahen die Kunstfreiheit bedroht – und verweisen seither darauf, dass es noch eine ganze Reihe weiterer frauenfeindlicher Lieder aller Genres gibt, um die es keine derartigen Diskussionen gibt.

Bei den Dorffesten sieht es anders aus

Außerhalb von den offiziellen Antworten der Neubrandenburger Stadtverwaltung können sich manche Verantwortliche ein Schmunzeln bei der Nordkurier-Anfrage dann aber nicht verkneifen und nehmen die Thematik etwas lockerer. Die Gemeinde Neverin etwa veranstaltet am 13. August das Wasserturmfest. Unklar, ob „Layla” dann aus den Boxen ertönt. „Ich habe mich damit noch gar nicht befasst”, sagt Bürgermeister Nico Klose, der einräumte, vor der großen Debatte, nicht einmal das Lied gekannt zu haben. Beim Fest ab 14 Uhr werde die Gruppe „Ragadingdong” für Stimmung sorgen, „ich kriege die Liste mit den Liedern für die GEMA-Abrechnung eh immer erst hinterher”, sagt Klose. Er werde das Lied weder verbieten noch explizit fordern.

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In der Gemeinde Galenbeck bei Friedland ist ähnlich wenig Hybris zu vernehmen. Im September wird im Dorf wieder das Kartoffelfest veranstaltet, das vor Corona tausende Besucher lockte. Der Kulturausschuss werde sich kommende Woche bestimmt mit der „Layla”-Thematik befassen, meinte Galenbecks Bürgermeister Jörn Steike verschmitzt. Schon aufgrund der Nordkurier-Anfrage.

Es gilt jedoch als wahrscheinlich, dass der Ballermann-Hit den Musikgeschmack der meisten Besucher ohnehin verfehlen würde. Ob sich der Bürgermeister, der lange in Bayern lebte, stattdessen für den Achtziger-Jahre-Hit „Skandal im Sperrbezirk” einsetzt, ließ Jörn Steike unbeantwortet.