Gerichtsbericht

Skurriler Prozess um Goldbarren-Klau endet mit Freispruch

Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

Eine irre Geschichte landete vor Gericht: Ein 81-Jähriger vermisst Gold und Geld, das ein Außendienstmitarbeiter gestohlen haben soll. Doch stimmt das wirklich?
Veröffentlicht:22.03.2023, 06:35

Von:
  • Thomas Beigang
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Dieser Prozess hat es in sich! Eine Schusswaffe spielt eine (bisher ungeklärte) Rolle, dazu Goldbarren mit sechsstelligem Euro-Wert, schwarz gebrannter Schnaps und vielleicht sogar K.o.-Tropfen. Und: ein Holzpflock, der möglicherweise als Knüppel missbraucht wurde.

Vor dem Landgericht Neubrandenburg muss sich der 43-jährige Außendienstmitarbeiter einer Bremer Dachdeckerfirma verantworten, dem die Staatsanwaltschaft vorwirft, einen potenziellen Kunden bestohlen zu haben. Goldbarren, insgesamt zweieinhalb Kilogramm, und 1500 Euro Bargeld soll der Mann eingesteckt haben, als man einen Vertrag über ein neues Dach für 19.000 Euro ausgehandelt hat.

War da was im Selbstgebrannten?

Sein Kunde ist ein 81-jähriger und allein lebender Hausbesitzer. Jahrzehntelang als Jäger in den Wäldern zwischen Demmin und Gnoien unterwegs, soll er dem Vertreter sogar eine Pistole aus dem Waffenschrank übergeben haben. Den Grund dafür erfährt man nicht. Der Vertreter sagt, er habe die Waffe gar nicht haben wollen und sie über Nacht auf dem Friedhof im Dorf versteckt. Dann sei er zurück nach Bremen gefahren, aber schon am nächsten Tag wieder nach Mecklenburg zurückgekehrt.

Der Vertreter will die Pistole dem Jäger wieder zurückgegeben haben, und weil man doch so gut miteinander konnte, brachte er gleich noch Kuchen und Schnaps mit. „Selbstgebrannter“ sei das gewesen, sagt der 81-Jährige, und als die Flasche leer war, habe er sich so schlecht gefühlt wie noch nie: „Da muss irgendwas drin gewesen sein!“ Er wisse gar nichts mehr, seine Erinnerung sei erst wieder zurückgekommen, als er in Demmin im Krankenhaus war. Wegen der Kopfwunde, weil er torkelnd auf dem Hof gestürzt war. Vielleicht, sagte er damals den Polizisten, war es auch ein Schlag auf den Kopf.

Unklar, wann Gold und Geld verschwanden

Zuvor jedenfalls, so erzählt es der Vertreter, will der ältere Herr ihm zwei je ein Kilogramm schwere Goldbarren geschenkt haben. Die lagerte der Besitzer, wie zwei kleinere je 250 Gramm leichte Barren auch, ebenfalls im Waffenschrank. Den unverhofft zu Gold gekommenen Angeklagten schlug einen Tag später jedenfalls das Gewissen, ("Wie kann denn jemand sowas verschenken?"), er fuhr wieder retour und gab dem frisch aus der Klinik entlassenen Mann das Gold zurück. Dem aber fehlen immer noch die beiden kleinen Barren sowie 1500 Euro, und alles müsse der Vertreter gestohlen haben, Punkt. Deshalb habe er den auch bei der Polizei angezeigt.

Das Gericht unter dem Vorsitz der Richterin Tanja Krüske spricht den Angeklagten frei, das hatten zuvor schon die Staatsanwältin und der Verteidiger gefordert. Die Tat könne nicht bewiesen werden, gut möglich, dass Gold und Geld schon zuvor verschwanden oder abhanden kamen, als der Besitzer im Krankenhaus lag. Der musste nämlich zugeben, dass der Waffenschrank, wo alles lagerte, tagelang offen stand. „Wir wissen nicht, was passiert ist“, so die Richterin. Und zitiert einen Hauptkommissar, der den Fall seinerzeit untersuchte und nur lapidar sagte, das sei alles sehr merkwürdig gewesen.