Bundeswehr-Übung
▶ So lief die Geiselbefreiung über der Seenplatte ab
Trollenhagen / Lesedauer: 4 min

Tim Prahle
In einer komplexen Übung trainiert das Kommando Spezialkräfte (KSK) aktuell die Geiselbefreiung deutscher Staatsbürger im Ausland. „Black Star” nennt sich diese Übung, die aus insgesamt drei Szenarien besteht, bei denen die Bundeswehr seit Wochen vom Fliegerhorst Trollenhagen aus den Ernstfall probt. Am Sonntag startete das dritte, wohl schwierigste Szenario.
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Die Übung erfordert nicht nur das gesamte Können der gut ausgebildeten Spezialkräfte, sondern auch einen gehörigen Organisationsaufwand, wie der Chef des Stabes, ein Oberstleutnant erklärte. Aus Sicherheitsgründen nennt das KSK keine Namen, achtet bei öffentlichen Terminen darauf, dass die Soldaten nur maskiert gefilmt oder fotografiert werden.
200 Tonnen Material und 2,5 Tonnen Munition geliefert
Die große Herausforderung bei der Geiselbefreiung sei die ressortübergreifende Organisation aller möglichen Sicherheitsbehörden, wie etwa dem Bundeskriminalamt, zuvorderst aber die Zusammenarbeit der einzelnen Verbände, die das KSK unterstützen. Etwa Fallschirmjäger, Sanitäter und Unterstützungskräfte, um nur einige wenige zu nennen.
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Beim Fliegerhorst steht das Herzstück der Übung, die „Forward Operation Base” (FOS). Hier laufen die Planungen, Strategien und Erkenntnisse zusammen, von hier aus startet der mögliche Einsatz zu Geiselbefreiung. Die gesamte Woche waren die Hauptkräfte aus dem baden-württembergischen Calw, wo die Spezialeinheit stationiert ist, in den Nordosten geflogen worden. Bereits vorher kamen etwa 200 Tonnen Material und 2,5 Tonnen Munition.
Flugzeuge kreisen seit Tagen über der Seenplatte
„Um 9 Uhr kam die Weisung des Krisenstabs”, erläuterte der Chef des Stabes den Medienvertretern am Sonntag den Beginn des dritten Szenarios. In ruhiger Eile seien die Übungsteilnehmer seither dabei, etwa über Aufklärungsflüge, Informationen zu sammeln, um innerhalb weniger Tage die Geisel zu befreien. In den zwei vorangegangenen Szenarien waren die Geiseln in der Nähe von Burg (Brandenburg) und Altengrabow (Sachsen-Anhalt) befreit worden.Die Übung und der zunehmende Verkehr am Himmel hatte in der Neubrandenburger Region die vergangenen Tage ordentlich Aufmerksamkeit erregt. Die eingesetzten Maschinen wie der Mehrzweckhubschrauber NH 90 sowie die Transportermaschinen vom Typ Transall C-160 und Airbus A400M gaben den Menschen nicht nur Gründe zum Staunen und Rätselraten, sondern auch tolle Fotomotive.
KSK ging durch schwierige Zeit
Das KSK selbst hat unruhige Zeiten hinter sich. Rechtswidrige Vergabeverfahren, die Munitionsaffäre, bei der Soldaten Munition nach Übungen behaltene Munition straffrei zurückgeben konnten und Rechtsextremismusvorfälle zogen unter anderem Ermittlungen des Verteidigungsausschuss nach sich. Die 2. Kompanie wurde 2020 aufgelöst, Mitte Juni sprach sich Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer” öffentlich für den Erhalt des Verbandes aus. Zu dringend würden die einzigartigen militärischen Fähigkeiten der Spezialeinheit gebraucht.
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"Wir haben Fehler erkannt und abgestellt. Jetzt wollen und müssen wir den Blick nach vorn richten. Wir haben Aufträge, die wir zu erfüllen haben”, sagte der Chef des Stabes am Rande der Übung.
So wurde Trollenhagen als Standort ausgewählt
Und nach all den Vorwürfen der Vergangenheit waren die Verantwortlichen besonders bemüht am extra eingerichtete Medientag transparent durch die Übung zu führen. Detailgetreu wurden etwa die elf an der Übung beteiligten Kommandokräfte vorgestellt. Denn die Übung, ausgehend vom Fliegerhorst Trollenhagen, solle nach einem anstrengenden Jahr auch einen Startpunkt zurück in die Normalität setzen, ließ der Chef des Stabes wissen.
Für den Standort Trollenhagen sprachen dafür neben der Verfügbarkeit auch die Kapazitäten und die guten Rahmenbedingungen. Generell hat es die Region einigen Soldaten wohl angetan. „Einige überlegen schon, hier künftig Urlaub zu machen”, sagte der Chef des Stabes dem Nordkurier. Auch darüber hinaus seien die Menschen in Neubrandenburg und der Region den Soldaten sehr freundlich und offen begegnet, hob er lobend hervor.
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Im Rahmen des nationalen Risiko-und Krisenmanagements muss sich das KSK ständig zur Befreiung deutscher Staatsbürger im Ausland bereithalten. Die insgesamt vierwöchige Übung, die kommende Woche abgeschlossen wird, ist als Abschluss der Ausbildung des eingesetzten Einheitsverbandes mit einer Zertifizierung verbunden.
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