So wird ein Neubrandenburger Fußball–Besessener zum 80. überrascht
Neubrandenburg / Lesedauer: 4 min

Roland Gutsch
Was seine Kumpel veranstalten, um ihn zu ehren – davon hatte Winfried Schories, in hiesigen Kicker-Kreisen als „Winni“ bekannt, lange Zeit nicht die leiseste Ahnung. „Das ist ’ne Überraschung“, erzählt Thomas Lüth, der die Sache gemeinsam mit der Traditionsgruppe vom 1. FC Neubrandenburg 04 um Manfred Riebe ausgeheckt hat und dem Jubilar erst dieser Tage verklickert. Am kommenden Samstag wird der „Fußball-Verrückte“ Schories 80 Jahre alt, im Restaurant „Augusta’s“ am Tollensesee gibt es um 15 Uhr für ihn ein Treffen mit Weggefährten und Freunden.
„Winni sorgte dafür, dass ich zu Post Neubrandenburg kam“
„Obwohl Pfingsten ist, also gerade Familien-Zeit, wollen viele dabei sein und mit Winni feiern“, sagt Thomas Lüth und zählt Namen von ehemaligen Fußballern auf, die die Fans der Region zum Zungeschnalzen bringen sollten: Rosemann, Metelmann, Tempel, Zühlke, Ruthenberg, Fuchs, Lewerenz, Szangolies ... „25, 30 Leute haben zugesagt. Wer sich kurzfristig entschließt, ist natürlich sehr gern gesehen“, so der 63-jährige Lüth.

Dessen Fußballer-Karriere stellt selbst das beste Beispiel für die Verdienste von Winfried Schories dar: „Ich stamme aus Jördenstorf und spielte in den 70ern im Nachwuchs von Einheit Teterow. Winni sorgte dafür, dass ich zu Post Neubrandenburg kam.“ Die positive Folge: Insgesamt 410 Mal war Lüth im Herren-Bereich für die Vier-Tore-Städter im Einsatz, ein Dauerbrenner in der zweithöchsten Spielklasse des Fußball-Ostens. Manfred Riebe aus Salow, seinerzeit Junior in Fußball-Friedland, wurde „wie auch Torwart Jürgen Störr von Winni 1971 zu Post geholt. Damals war ich 17.“
Auf der Suche nach Talenten
Horst Behrens aus Waren, Karl-Heinz „Charly“ Lüdtke aus Anklam, der Spantekower Jürgen Rosemann und, und, und – die Liste derer, denen Schories den Weg ebnete, ist nicht kurz. „Ich habe insgesamt 51 Spieler zur BSG Post geholt, davon waren dann 47 in der DDR-Liga am Ball – also kaum Nieten dabei“, sagte er einmal.
1965 war es, er hatte nach einem Fachschulstudium das Erzieher-Zeugnis in der Tasche, da kam Winfried Schories in Neubrandenburg an. Vier Jahre darauf gewann ihn der legendäre Bezirkstrainer Herbert Reif für die BSG Post. Als Übungsleiter der Junioren, der 2. Mannschaft und der Bezirksauswahl sah Schories seine Aufgabe auch darin, Talente in der Region zu entdecken und in die Vier-Tore-Stadt zu lotsen.
Spielberichte zur TSG Neustrelitz
Der Mann hat was vorzuweisen: Als Trainer, Scout, Fußball-Förderer. Aber auch in der Rolle des Stadionsprechers am „Liga-Platz“, heute Neu-SW-Stadion, und als „Mann am Mikro“ beim Knabenturnier unserer Zeitung. Eines der Highlights: Sein Sprecher-Einsatz beim Gastspiel von Bayern München gegen eine MV–Auswahl in Neubrandenburg. Ab 1997 richtete Schories das Augenmerk auf die TSG Neustrelitz. Spielberichte von ihm waren in den Fachzeitschriften Kicker und Fußball–Woche sowie im Nordkurier zu lesen.
Eine Menge Wissen über seinen Lieblingssport hat sich angesammelt: Statistiken, Geburtsdaten und Karriere-Abläufe von hiesigen Fußballern, deren Stärken und Schwächen – all das hat Winfried Schories gespeichert in seinem Archiv: dem Gedächtnis. Wie gut das intakt ist, bewies er im vorigen Sommer als Überraschungsgast der großen Fete ehemaliger Akteure von Post und Vorwärts Neubrandenburg beim Anschauen alter Fußball-Fotos.
Hochzeit der Schwester verpasst
Seit einigen Jahren lebt Winfried Schories in einem Pflegeheim, nahe den Neubrandenburger Sportstätten, auf denen er so viel Lebenszeit verbrachte. Auf Kumpel-Hilfe kann sich der Senior verlassen. Thomas Lüth: „Ich regele die Dinge, die zu regeln sind.“ Bisweilen stellt sich weiterer Besuch ein, so von Manfred Riebe und Lutz Bruhn, sportlicher Leiter des Post-Nachfolgers 1. FC Neubrandenburg 04.
Bei diesen Gelegenheiten wird auch die eine oder andere Story zum Thema Fußball-Besessenheit zum Besten gegeben. Die war bei Winfried Schories schon früh ausgeprägt und ging so weit, dass er die Hochzeit seiner Schwester verpasste. „Es war ja gerade ein Spiel.“ Bruder Winni erschien dann eben einen Tag später.